Samstag, 29. November 2014

Warum es so schwer fällt um Hilfe zu bitten


Schon Wilhelm Busch wusste darum. Mancher ertrinkt lieber, als dass er um Hilfe ruft", lautet ein Zitat des klugen Dichters. 

In der Tat, den meisten von uns fällt es schwer andere um Hilfe zu bitten. Die einfache Frage zu stellen: “Können Sie mir bitte dabei helfen?”, kostet Überwindung. Da kommen sofort Gedanken hoch wie: Bin ich unfähig, bin ich schwach, weil ich es nicht alleine schaffe, darf ich jemanden belästigen mit meiner Bitte belästigen oder, was muss ich denn dann als Gegenleistung anbieten? Das sind alles Gedanken, die ungute Gefühle machen und letztlich nur dazu führen, dass wir hilflos da stecken bleiben, wo wir gerade feststecken. Wir halten uns lieber den Mund zu, als auszusprechen, dass wir es alleine nicht schaffen.

Ich selbst bin auch eine von denen die immer meinte, sie müsste alles alleine schaffen. Eine meiner Ängste ist es in irgendeine Form von Abhängigkeit zu geraten. Das ist Schwäche, da ist es dann Schluss mit der Autonomie, du gehst damit eine Verpflichtung ein, dachte ich lange Zeit, und ein Mensch, dem Selbstständigkeit und Freiheit so viel bedeuten wir mir, hat mit all diesen Konstruktionen im Kopf, die als Folge einer Bitte Wirklichkeit werden könnten, ein Problem. Ja, ich bin ehrlich, es gab eine Zeit, da wäre ich lieber ertrunken, als um Hilfe zu rufen.

Wer Hilfe braucht kommt alleine nicht weiter. Er hat nicht versagt und er ist auch nicht unfähig. Wer alleine nicht weiter kommt, hat entweder die Kraft an diesem Punkt seines Lebens nicht mehr, es alleine zu schaffen oder es fehlen ihm schlicht und einfach die nötigen Informationen um eine Lösung für sein Probem zu finden. Was bitte ist daran schlimm? Nichts. Aber in den Köpfen vieler Menschen ist das noch nicht angekommen. In meinem mittlerweile schon. Ich bin lernfähig. 

Um Hilfe bitten ist eine Kunst

Wer um Hilfe bittet zeigt sich verletzlich und macht sich verletzbar. Er legt den Riss in der Rüstung blos. Er zeigt anderen seine verwundbare Stelle und weil die anderen nicht immer die Guten sind, begibt er sich in Gefahr genau dort getroffen zu werden, sei es auch nur mit einer blöden Bemerkung. Meine jüngste Erfahrung hat das gerade bestätigt. Der blöde Spruch: "Wenn das einfach wäre, könnte es jeder", auf einen Hilferuf meinerseits, spricht für sich, bzw. für den, der ihn abgelassen hat. Nun lasse ich mich aber von blöden Sprüchen nicht ins Boxhorn jagen, geschweige denn, treffen. Andere schon. Die Angst verletzt zu werden ist groß. Und begründet, siehe oben. Also schweigt man und steht weiter hilflos da, wo man eigentlich genau weiß - es gäbe Hilfe, wenn man sie sich nur suchen würde, wenn man den Mut hätte, nach ihr zu rufen.

Die Angst als Versager zu gelten,  ist stärker als den Mut auszupacken und zu bitten.

Wer nach Hilfe ruft zeigt anderen: Ich schaffe es nicht. Und damit gehört er in deren Augen im Zweifel zu den Loosern. Das fühlt sich mies an. Und mies wollen wir uns alle nicht fühlen, schon gar nicht, weil wir etwas nicht können oder schaffen. In einer auf Leistung gepolten Gesellschaft ist das ein No Go. 

In Wahrheit aber kann keiner alles alleine schaffen. Wir brauchen einander, wir brauchen das Wissen aller um weiter zu kommen, für uns selbst und das Ganze. 

Wir brauchen Austausch und Ergänzung. Und manchmal brauchen wir einfach nur die Ideen oder die Inspiration anderer, um unsere Blockaden zu lösen oder um unsere Ängste zu überwinden. Um Hilfe bitten und sich helfen lassen gehört zum Menschsein. Es bedeutet in Kontakt zu treten, sich zu öffnen und gemeinsam etwas zu meistern, es bedeutet menschlich zu sein. Das sind wertvolle Momente. Momente, denen Dankbarkeit folgt. Dankbarkeit wenn man die Hilfe bekommen hat. Auch das scheint für viele Überwindung zu kosten: Danke sagen.

Ich erinnere mich gern an das warme Gefühl von Dankbarkeit, wenn mir jemand geholfen hat. Umgekehrt, wenn ich helfen kann, nehme ich dieses Glücksgefühl dankbar in mich auf und zehre eine ganze Weile davon.
Kleine Kinder können das noch. Sie fragen, wenn sie nicht weiter wissen. Große Menschen haben es meist verlernt. Aber nur durch Fragen und Bitten geschieht Entwicklung. Das zu erkennen ist Größe, zu tun als habe man für alles die Lösung in der Tasche, ist weder groß noch klug, es ist schlicht und einfach kontraproduktiv. Wie Busch postulierte: Mancher ertrinkt lieber, als dass er um Hilfe ruft". Ich lebe lieber.

Freitag, 28. November 2014

Gedankensplitter



wahrheit finden wir nicht durch das denken, 
wir finden sie in der bereitschaft, nicht zu wissen. 
wir finden sie, 
wenn wir mitfühlen, mit uns selbst und anderen 
und wenn wir offen sind für den moment.

Donnerstag, 27. November 2014

Aus der Praxis – Geteiltes Leid ist doppeltes Leid




Geteiltes Leid ist halbes Leid, sagt der Volksmund und irrt sich damit gewaltig. Die Wahrheit ist: Geteiltes Leid verdoppelt sich.

In guten und in schlechten Tagen, heißt es, wenn wir uns entscheiden mit einem Menschen unser Leben zu verbringen (man beachte ich sage: verbringen und nicht teilen) und wir meinen das auch so, denn auch ohne Trauschein ist es für die meisten Menschen selbstverständlich, dass in einer Beziehung nicht nur das Gute, sondern auch die schlechten Dinge geteilt werden.

Fakt ist, sobald wir eine Beziehung eingehen bringt jeder eine Menge Kram mit, abgesehen von seiner eigenen Geschichte und seinen Altlasten, wie man so schön sagt, auch neue Lasten, nämlich die Probleme des Alltags. Menschen haben Sorgen, die meisten jedenfalls. Das Leben ist kein Ponyhof, um wieder den Volksmund zu zitieren, und damit hat er Recht.

Aber ist es wirklich selbstverständlich, dass wir all unsere Sorgen mit dem anderen teilen müssen? Die Erfahrung sagt, wir alle machen das, wir müllen den Partner zu, wir kotzen uns bei ihm aus, wenn der Job uns ankotzt, wenn der Auftraggeber uns nervt, wenn es anders läuft, als wir es uns wünschen, wenn es uns seelisch schlecht geht. Immer muss der Partner herhalten und sich unser Gejammer anhören und damit kippen wir ihm vor die Füße, was wir alleine nicht auszuhalten glauben, im Glauben, wenn wir unser Leid teilen, wird es kleiner.

Aber was machen wir damit eigentlich?

Wir übertragen unseren Frust als negative Energie auf den Anderen. Und damit vergiften wir seine Lebensenergie mit unserem Alltagsmüll. Er hat automatisch die Rolle des guten Zuhörers und mutiert in manchen Fällen sogar zum Therapeuten, allerdings ohne eine Ausbildung gemacht zu haben und damit fehlt ihm auch die Fähigkeit zur Abgrenzung. Er ist zu nah dran und. auch wenn er könnte, es fiele ihm schwer sich abzugrenzen, denn wer will schon, dass der geliebte Mensch leidet, das tut weh. Also setzt er alles daran, damit es dem geliebten Menschen besser geht und lässt seine Kraft in die Nöte des Partners fließen. Dass sie ihm für sein eigenes Leben damit mehr und mehr abhanden kommt ist logisch.  Zuhören, Trost spenden, motivieren und für den anderen nach Lösungen suchen kostet Kraft. Diese Kraft zehrt an der eigenen Lebensenergie. Sich immerzu kümmern müssen, raubt zudem Zeit, die man braucht für das eigene Leben, das ja auch nicht ohne Probleme ist. Irgendwann ist der Tank leer. Man ist vom ewigen Zuhören und Motivieren ausgebrannt, die Lebensenergie ist abgeflossen und man spürt mit der Zeit, dass man sich in Anwesenheit des Jammernden immer müde, erschöpft und energetisch auf dem Nullpunkt fühlt. Die Grenze zwischen Ich und Du ist verwischt oder sie hat sich sogar aufgelöst und keiner spürt mehr was das Seine ist und was nicht. Das Leid hat sich verdoppelt.

Manchmal geht das Leid teilen Spiel auch Hin-und Her. Einer leidet, dann wieder der andere, und alles wird geteilt. Am Ende ist nicht nur jeder ausgebrannt sondern auch die Beziehung am Nullpunkt, da nämlich, wo sie keine Leichtigkeit und keine Freude mehr kennt. Das ist dann meist das Ende der zu vielen schlechten Tage, es kommt zur Trennung, weil man das Drama nicht mehr erträgt und wissen will, wer man selbst eigentlich noch ist, ohne den ganzen Giftmüll des anderen in der Seele.

Manch einer mag jetzt den Kopf schütteln und sagen, was will die mir denn da erzählen?
Außer der Erfahrung eines schon recht langen Lebens in diversen Beziehungen, gibt es Belege für diese These. Die Psychologen Erica Boothby, Margaret Clark und John Bargh von der Universität Yale berichteten kürzlich im Fachmagazin Psychological Science, nach umfangreichen Tests, dass Erfahrungen und Erlebnisse intensiver wahrgenommen werden, wenn wir sie mit anderen teilen. Das gilt im positiven wie eben auch im negativen Sinn. Etwas Schönes mit einem anderen Menschen zu teilen, verleiht diesem Erlebnis Intensität. Das Gleiche gilt für ein unschönes Erlebnis – das Teilen steigert das Leid, bei sich selbst und beim erwählten Leidensgenossen.

Soll man also seine Probleme und Sorgen demnach lieber selbst bewältigen, anstatt eine Lebensgemeinschaft zur Leidensgemeinschaft zu machen? Energetisch und psychologisch gesehen: Ja. Immer wenn wir beim Gegenüber Sorgen oder Leid abladen, erhoffen wir uns etwas. Wir wollen getröstet werden, das ist auch völlig in Orndung, aber vor allem wollen wir, dass der andere uns rettet. Das ist eine infantile Haltung. Da ist unser inneres Kind am Ruder, das schreit: Ich will auf den Arm! Dass man dafür allerdings längst zu groß ist, übersieht das innere Kind, ihm geht es einzig um sich selbst, denn diese Kind ist auch ein kleiner Egoist und der schreit nach unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung. 

Wie kann eine erwachsene Lösung aussehen?

Man sollte sich des Energieraubes bewusst werden, den man am anderen begeht und sich erst einmal auf sich selbst besinnen und zwar darauf, dass man keine fünf Jahre mehr alt ist, sondern ein Erwachsener, der in seinem Leben vor der Beziehung sehr wohl in der Lage war seine Probleme zu lösen und mit seinen Sorgen alleine klar zu kommen.

Man sollte sich bewusst machen, dass der Partner nicht Vater oder Mutterersatz ist, sondern, das man selbst der hilfreiche Erwachsene für sich sein kann, den man beim anderen einfordert und dann endlich aufhören die gleichen Sorgen immer und immer wieder dem anderen überzukippen, anstatt selbst nach der Veränderung zu streben, die man vom anderen erwartet. Der kann das auch gar nicht, denn Veränderung beginnt immer innen, bei uns selbst. Man sollte sich bewusst machen, dass die ewige Opfer- und Klagenummer auf Dauer unattraktiv macht und man damit nicht nur den Partner, sondern auch die Beziehung dröge macht und überfordert und dass das, was man ständig mit dem anderen lösen will, im Zweifel zur Auflösung der Beziehung führt. Wie gesagt, das erfordert ein erwachsenes Verhalten und Handeln. Entscheidend dabei ist, den Mut zu haben in die eigenen Tiefen abzusteigen, sich zurückzuziehen und sich zunächst allein dem zu stellen, was leiden macht, denn nur so kann sich etwas verändern, und dann daran zu arbeiten. Wenn das alleine partout nicht geht, es gibt es Menschen, die einen Beruf daraus gemacht haben zu helfen und Lösungen zu finden, damit es anderen besser geht. Bevor wir also unsere Sorgen und Probleme weiter beim Partner abladen, sollten wir uns jedes Mal bewusst machen: Geteiltes Leid ist doppeltes Leid. Keiner sollte die Last des anderen mittragen müssen, denn er hat selbst genug davon.

Miteinander reden ist gut. Einander unterstützen ist gut. Abladen ist ungut. Es ist immer der mittlere Weg.


Dienstag, 25. November 2014

Über das Unglück

 


an einem tag ist das leben die ansammlung der dinge, die wir tun und plötzlich kommt das unerwartbare - ein unglück. das unglück, das ist der moment der das leben in zwei teile bricht, der moment in dem alles, was es vorher gegeben hat zur erinnerung an eine blasse vergangenheit ohne konturen wird und den gedanken: „ wie weiterleben“?, zur unmöglichkeit macht.

in jedem leben ist immer auch die möglichkeit des unglücks, im leben jedes einzelnen von uns. menschen, die ein unglück trifft, gibt es jeden tag, immer und überall auf der welt. es gibt so viel unglück. das unglück macht fassungslos, es lähmt, es macht wütend und immer hat es die frage nach dem warum zur folge. aber das unglück lässt uns antwortlos zurück mit einem schmerz, der uns unbegreiflich ist und wir wollen nur eins, es ungeschehen machen. aber es ist geschehen und wir müssen damit weiter leben, irgendwie. mancher zerbricht daran, er verzweifelt und wählt den tod.


Sonntag, 23. November 2014

übergang




...und ist nicht alles eine übergangsstation
von erfahrung zu erfahrung
von mensch zu mensch
vom leben zum tod ...


Freitag, 21. November 2014

Weil ich weiß



Weil ich weiß, dass das Selbst eine Paradoxie ist, indem es These und Antithese und zugleich Synthese darstellt. Weil ich weiß, dass nur das Paradoxe es vermag, die Fülle des Lebens annähernd zu fassen. Weil ich weiß, dass die Eindeutigkeit und das Widerspruchslose einseitig sind und ungeeignet, das Unerfassbare auszudrücken. Weil ich weiß, was intensiv ist, leidenschaftlich ist und ich mich nicht fürchte abzutauchen in die Dunkelheit des eigenen Ichs. Weil ich all das weiß, weiß ich, wie schwer er ist, auch nur annähernd ganz der zu werden, der man ist.

Donnerstag, 20. November 2014

Gedankensplitter



Malerei: Ich
 
es ist menschen nicht möglich, die angst sterben zu lassen, sie ist keine idee, sondern ein gefühl. sie gehört zu unserem leben wie jedes andere gefühl. nur wenn die angst krankhaft wird, ist sie ungut und wirkt zerstörerisch. es macht auch keinen sinn, die angst sterben zu lassen, denn sie ist lebensnotwendig um gefahr zu erkennen. was sinn macht ist, unsere ängste anzuschauen, sie zu akzeptieren, als teil unseres menschseins und trotz der angst zu handeln, denn alles, was wir im innen abspalten, holt uns im außen ein. ich werde nie verstehen warum menschen glauben, nur das gute und schöne gehöre zum leben, so zu denken heißt - das leben nicht verstehen.

Dienstag, 18. November 2014

Gedankensplitter

die hoffung aufgeben,
auf die nicht erhaltene liebe der eltern,
die einsicht haben, 
dass du sie niemals bekommen wirst, 
so sehr und so lange du auch hoffst, 
würde bedeuten: du heilst. 
und zwar indem du dir jetzt selbst gibst, was dir mutter und vater nicht geben konnten. 
es würde bedeuten: du übernimmst jetzt die verantwortung für dein leben.  
das ist schwer, denn das bedeutet auch: 
du musst ins gehen kommen, du musst handeln und mit dem klagen aufhören.

Vom Schuster mit den schlechtesten Schuhen




ihr alle kennt ihn, diesen spruch vom schuster, der selbst die schlechtesten schuhe trägt. aber, habt ihr euch mal gefragt, warum der schuster selbst die schlechtesten schuhe trägt? die einfachste aller antworten könnte lauten: weil er so sehr damit beschäftigt ist, gute schuhe für andere zu schustern, dass ihm für das fabrizieren der eigenen gar keine zeit bleibt. gut, dann zieht er eben die alten, ausgelatschten an. wenn er in der werkstatt steht ist das auch nicht schlimm, vielleicht sogar sehr bequem, denn, das wissen wir doch, die bequemsten schuhe sind die schön ausgelatschten. damit ist alles erklärt, oder?

vielleicht ist es aber ganz anders. der schuster kümmert sich um die schuhe der anderen und nicht um die seinen, weil er sich so nicht mit den seinen beschäftigen muss. er kann sich wunderbar ablenken von dem, was er für sich selbst nicht machen will, denn, würde er sich gute schuhe machen wollen, müsste er darüber nachdenken, wie die schuhe aussehen sollen, die er für sich haben will. er müsste über die form nachdenken, den stil, die farbe, das leder, die absatzhöhe usw. das heißt, er bräuchte zeit um sich mit seinen eigenen schuhen zu beschäftigen. zeit, die ihm dann fehlen würde für die schuhe anderer. zeit, in der er vielleicht sogar seinen laden vorrübergehend schließen müsste, oder zeit, in der er überstunden machen müsste. egal wie, er müsste zeit für sich selbst einplanen und sie sich nehmen.

na, so schwer ist das doch nicht, könnte man jetzt denken, also warum nimmt der schuster sich diese zeit nicht? nun, vielleicht ist es ihm nicht wichtig, was er an den füßen trägt, vielleicht ist er sich selbst nicht wichtig genug, um sich ein paar schöne schuhe zu schustern, vielleicht aber ist er so sehr getrieben davon die schönsten schuhe für andere menschen zu schustern, dass er sich selbst gar nicht mehr wahrnimmt, sondern nur noch seine arbeit. die bringt ihm ja auch etwas – anerkennung zum beispiel und die freude derer, die seine schuhe mögen und gerne tragen und sein brot verdient er sich damit schließlich auch. also ist doch alles wunderbar, dem schuster geht es doch gut, auch ohne gute schuhe an den eigenen füßen.

geht es ihm wirklich gut? ich tippe mal: nein, es geht dem schuster nicht wirklich gut. denn, wenn es ihm wirklich gut ginge, würde er gut für sich selbst sorgen und sich selbst gute schuhe machen, bevor er sie für andere macht.

kennt ihr das?
ich kenne das. auch ich habe schlechte schuhe an und allmählich stelle ich fest, sie sind dermaßen ausgelatscht, dass sie nicht einmal mehr bequem sind. ich habe das eine lange zeit lang nicht bemerkt, aber plötzlich fing es an, dass ich beim gehen spürte, dass meine schuhe meine füße nicht mehr festen schrittes über den boden tragen. sie haben eine sehr dünne sohle bekommen, so dünn, dass das gehen in ihnen meine füße sogar ein bisschen wund werden lies. höchste zeit dir neue schuhe zu schustern, mahnten mich meine malträtierten füße und ich dachte, kommt zeit, kommen schuhe, ihr haltet das schon noch eine weile aus. pustekuchen, meine füße quälen mich weiter beharrlich mit schmerzen. und mir wurde klar, sie werden das solange tun, bis ich an einem schönen morgen gar nicht mehr gehen kann. dann muss ich endlich auf das hören, was meine füße fühlen: ich mache den laden eine weile dicht und fange an mir gute schuhe zu machen. ich weiß schon jetzt: wenn ich das tue, werde ich mich besser fühlen, viel besser als die ganze zeit davor. was sich besser anfühlten wird sind nicht nur meine füße, die sich endlich ausruhen dürfen, es wird mein herz sein, das sich freut, dass ich mir endlich zeit nehme für den wichtigsten menschen in meinem leben, mich selbst nämlich. 

ich mache das JETZT, weil ich weiß, es geht sich besser in guten schuhen.

Donnerstag, 13. November 2014

Gedankensplitter

wenn du nicht für dich selbst entscheidest
entscheidet es sich für dich.

auch wenn du nicht handelst
handelst du
im zweifel gegen dich.




Mittwoch, 12. November 2014

Fallen



es war als wollte er wollen und dann wieder nicht
immer wieder sprach er vom wollen.
machte versuche, immer neue.
er wollte doch.
immer wieder machte er zusagen an das eigene glück, das er finden wollte.
immer wieder machte er versprechungen, sich selbst und denen, die er liebte und die ihn liebten.
imemr wieder hatte er hoffnung.
dann, für einen moment in der zeit glaubte er an sich selbst und sie glaubten ihm.

und dann, immer wieder, ließ er sich fallen,
zurück ins eigene,
unerreichbar für sich selbst und die, die ihn liebten.
mit ihm fiel das wollen irgendwohin.
die, die ihn lieben fielen mit.


Donnerstag, 6. November 2014

Verzweiflung




Im Zweifel, verzweifelt der Mensch nicht. Verzweifeln kann man erst dann, wenn der letzte Zweifel ausgeräumt ist und sich die Gewissheit des Unabänderlichen zeigt, dann, wenn die Zukunft sich verschließt. Im Zustand der Verzweiflung ist die Zukunft suspendiert. Wenn der Mensch verzweifelt, greift er nach allem und jedem um der Verzweiflung einen Sinn zu geben. Der Sinn, sei er auch konstruiert, wird so zum einzigen Grund die Verzweiflung irgendwie auszuhalten. Darum gehen die, die vorher nicht an einen Gott geglaubt haben in die Kirche wenn sie ein Unglück trifft, oder sie befragen Kartenleger, oder sie werden spirituell. Gegen die Verzweiflung versagt unser Verstand. Er öffnet sich Dingen, die er zuvor für absolut unvorstellbar hielt oder als Schwachsinn verteufelt hat. Verzweiflung ist ein bedrohlicher Affekt. Wenn er lange genug besteht, verliert der Mensch sich selbst. In der Verzweiflung überwältigt uns das Übermächtige. Das nicht mehr Kontrollierbare wird zur abstrakten Totalität. Verzweiflung beraubt uns unserer Möglichkeiten, es gibt keine Alternative mehr, uns wird klar, dass wir keine Wahl mehr haben, dass uns jegliche Freiheit der Entscheidung genommen ist. Verzweiflung macht Todessehnsucht. Wenn nichts mehr geht, der Tod wird es schon richten. Das ist die Verzweiflung, der schlimmste Affekt.

Feststecken




manchmal steckst du fest
zwischen jetzt und nirgendwo
bewegungslos
ratlos
antwortlos

du steckst fest in deinem leben
das dir fremd erscheint
bist dir selbst fremd
was vertraut ist, wird unvertraut

und es gibt nichts, was du dir mehr wünscht als eine lösung von außen
etwas, das alles verändert
zum guten hin

aber es kommt nichts von außen
das weißt du

du bleibst stecken
eine weile
eine lange weile vielleicht
im eigenen

lass es zu
nichts bleibt wie es ist
es wird vorbei gehen.

Mittwoch, 5. November 2014

Liebe

ich bin fest davon überzeugt wir menschen sind liebe
reine liebe
wir sind aus liebe gemacht
aus göttlicher liebe
und diese liebe ist in uns
auch wenn wir sie manchmal nicht spüren können
weil die verletzungen so groß sind.
ich bin mir fast sicher die liebe ist das, was wir als das selbst bezeichnen.
das selbst ist liebe
unzerstörber in jedem menschen
ganz gleich was er ist
was er tut
oder getan hat.


Dienstag, 4. November 2014

Aus der Praxis – Trauma, Posttraumatisches Belastungssyndrom und Retraumatisierung




Unsere Psyche verschafft uns Zugang zum Innen und zum Außen. In ihr enthalten ist wahrnehmen, fühlen, denken, erinnern und das sich selbst bewusst sein. Die Psyche ist in der Lage sich anzupassen, auch an destruktive Bedingungen und Beziehungen. Erleben Menschen allerdings ein Trauma, zerfällt ihre Psyche in Einzelteile.

Ein Trauma ist ein Ereignis das dazu führt, dass sich mentale und körperliche Strukturen in sich trennen. Ein Trauma wird dann erlebt, wenn in einer lebensbedrohlichen Situation alle Stressprogramme versagen, sprich, wenn kämpfen oder fliehen nichts helfen und der totale Verlust der Kontrolle über das eigene Sein stattfindet. Der Traumatisierte erfährt: Alles was normalerweise hilft, hilft nichts, die Situation ist ausweglos. Also muss etwas im Gehirn die Stressprogramme ausschalten, was zur Folge hat, dass die Psyche ihre Ganzheit aufgibt, das Ich fragmentiert sich und spaltet sich auf. Die lebensbedrohliche Situation, die Ohnmacht, die Angst, das Ausgeliefertsein werden im Gehirn gespeichert. Wird der Traumatisierte später mit einem Reiz, der nur irgendeinem Reiz aus der traumatischen Situation ähnelt, konfrontiert, löst dieser sofort die in der Erinnerung gespeicherten Gefühle aus. Es kommt zu verschiedenen körperlichen Symptomen wie Atemnot, Schweißausbruch, Übelkeit oder Herzrasen, im schlimmsten Fall zu Panikattacken. Hier kann die bewusste Wahrnehmung oft keinen Zusammenhang herstellen, der Traumatisierte versteht sich selbst nicht mehr, er ist allein mit seiner Angst und seiner Ohnmacht, die er immer wieder erlebt, ohne zu wissen wann und wo sie ihn treffen werden.

Manche Menschen erleben ein so schweres Trauma, dass sich nach einem diesem Ereignis eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickelt, eine psychische Störung, die auftreten kann, nachdem ein Mensch etwas Außergewöhnliches erlebt hat, etwas, was mit drohendem Tod oder der ernsthafter Verletzung der eigenen oder einer anderen Person einher ging. Die PTBS zeigt sich meistens ca innerhalb von einem halben Jahr nach dem traumatischen Ereignis, sie kann aber auch mit einer Verzögerung von vielen Jahren oder Jahrzehnten auftreten und geht mit unterschiedlichen psychischen und psychosomatischen Symptomen einher. Häufig kommt es zu einem grundlegenden Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmachtsgefühlen durch die traumabedingte Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses sowie einem Gefühl der Losgelöstheit oder Entfremdung von anderen Menschen. Man könnte sagen, der Traumatisierte hat den Kontakt verloren zum Boden der Realtität und allem was sich darauf bewegt. Die Welt erscheint ihm unberechenbar und feindselig. Der Glaube, das auch nur etwas in der Welt verlässlich ist, geht verloren.

Wenn das Ereignis als sehr belastend erlebt wird oder zur Folge hat, dass der Betroffene danach ein völlig anderes Leben als vorher führen muss, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eine PTBS zu entwickeln, das heißt - der Mensch bleibt mit seinen Gedanken in dem belastenden Ereignis "stecken". 

Gemäß der Definition der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschafte)  ist die „Posttraumatische Belastungsstörung "eine mögliche Folgereaktion eines oder mehrerer traumatischer Ereignisse, wie z. B. das Erleben von körperlicher und sexualisierter Gewalt, auch in der Kindheit, Vergewaltigung, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Krieg, Kriegsgefangenschaft, politische Haft, Folterung, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, Unfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit, die an der eigenen Person, aber auch an fremden Personen erlebt werden können."

Bei Menschen, die eine PTBS haben, sind die Antennen für Gefahr immerzu weit ausgefahren. Alles Laute, alles Aggressive, jeder Reiz, jede Begebenheit, alles was nur im entferntesten Gefahr bedeuten kann, wird zum potentieller Trigger, zum Auslöser für den Beginn einer erneuten Traumatisierung. Besonders Bilder, Geräusche, Gerüche und Ereignisse, die der Traumatisierte mit dem Erlebten verbindet, können dazu führen, dass es zu einer Retraumatiserung kommt. Eine Retraumatisierung benötigt also keine tatsächliche Wiederholung des Ereignisses, sie kann schon durch die Konfrontation mit einer abstrakten Gefahr oder der Vorstellung einer Gefahr ausgelöst werden, mit anderen Worten: Das Trauma verzerrt die Realität der Gegenwart, weil es nicht auszuhalten war, was in der Vergangenheit erlebt wurde.

Nicht aufgelöste Traumata fressen unendlich viel psychische Energie, auch wenn ihre Folgen sich bei jedem Menschen anders zeigen und sie machen auf Dauer krank. So kommt es laut einer Studie der Universität Kalifornien aus dem Jahr 2011 bei Frauen, die von PTBS betroffen sind, häufiger chronische Entzündungen auf, die zu Herzerkrankungen und anderen chronischen, das Leben verkürzenden Krankheiten führen können.

Grundsätzlich ist der traumatisierte Mensch nicht sein Trauma, aber die Psyche jedes traumatisierten Menschen ist gespalten in gesunde Anteile, traumatisierte Anteile und Überlebensanteile. Das Leben mit PTBS ist extrem anstrengend, denn die Innenwelt der Betroffenen hat permanent mit diesen verschieden Teilen zu tun, die gegeneinander ankämpfen. Für Menschen, die das nicht erlebt haben ist das schwer oder gar nicht nachzuvollziehen, daher fühlen sich Menschen mit PTBS oftmals innerlich sehr einsam und vom Leben ausgeschlossen.

Die Symptome einer PTBS werden in der Traumapsycholgie in drei Cluster unterteilt:
Der erste Cluster ist das sogenannte Wiedererleben, der zweite Cluster ist die Vermeidung und der dritte Cluster ist die körperliche Übererregung, die Hypervigilanz.

Wiedererleben
Wiedererleben bedeutet, dass der Betroffene nach dem traumatischen Ereignis nicht aufhören kann, das Ereignis oder Teile des Ereignisses immer wieder zu erleben. Diese Nachhallerinnerungen führen in Situationen, die der erlebten Belastung ähneln, zur inneren Bedrängnis und lösen u. U. sogenannte Flashbacks aus, wie zum Beispiel nach einem Autounfall. In der Erinnerung sieht der Betroffene den ganzen Unfallhergang oder Szenen des Unfalls vor seinem inneren Auge wie einen Film ablaufen. Er träumt nachts davon, oder die Gedanken daran schieben sich in den Alltag und laufen wie ein Subtext mit. Er muss immer wieder daran denken. Wohlgemerkt: Er „muss“ immer wieder daran denken, nicht "er will daran denken“. Das Ereignis ist in den Traumaanteilen der Psyche einprogrammiert und viel stärker als die gesunden Anteile, so dass diese keine Chance haben, dieses "müssen" zu blocken oder erst gar nicht entstehen zu lassen.

Vermeidung
Vermeidung bedeutet, dass der betroffene Mensch nach dem traumatischen Ereignis entweder das ganze Ereignis oder Teile, die er damit verbindet, vermeidet. Das klassische Beispiel nach einem Autounfall: Der Traumatisierte vermeidet das Autofahren, weil das Auto selbst ein Trigger ist.

Hypervigilianz
Diese erhöhte Wachsamkeit führt zu körperliche Erregung und zeigt sich in Symptome wie Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit und ständiger innere Unruhe. Hypervigilanz bedeutet auch, dass die Person zum Beispiel Geräusche generell lauter wahrnimmt, als sie tatsächlich sind.

Das sind nur einige Parameter, die das Störungsbild der so genannten "Posttraumatischen Belastungsstörung" ausmachen. Grundsätlich aber hat ein Mensch, der schwer traumatisiert ist und unter einer PTBS leidet, hat das Vertrauen in das Leben selbst verloren, er hat wenig Energie für ein normales Leben oder für andere, denn er verbraucht sie um psychisch zu überleben. 

Erst wenn es gelingt das Trauma zu er-lösen wird Energie frei. Dann erst haben diese Menschen Kraft für die Gegenwart. Was sie brauchen ist neben einer sinnvollen Therapie viel Ruhe, Akzeptanz und das Verständnis und die Geduld derer, mit denen sie ihr Leben teilen.





Dilemma




keine idee
kein ziel
keine aufgabe
keine klarheit
kein weg
keine leidenschaft
kein antrieb

kein sinn.