Montag, 10. Dezember 2012

Eine miese Nacht






ich hatte eine miese nacht. mitten drin bin ich aufgewacht. ich fühlte mich unsicher im eigenen bett. das kommt normalerweise nie vor, dass ich mich im eigenen raum nicht sicher fühle. 

ein geräusch riss mich aus dem schlaf. hat sich angehört wie ein lauter knall. noch schlafduselig war mir nicht klar, was genau das für ein knall war und woher er kam. ich sah auf die uhr. es war zwei. normalerweise knallt um diese zeit, da wo ich wohne, keine autotür mehr. ok. also ein einbrecher möglicherweise. 

ich habe schon mal einen einbruch erlebt, da war ich zwanzig und wohnte in einer studentenbude über einem tabakwarenlanden mitten in der mainzer altstadt. unten die einbrecher, die ich rumlaufen hörte, oben ich, allein. mir ging der arsch auf grundeis. ich hatte eine scheiss angst, dass die, nachdem sie den laden ausgeräumt haben, die treppe hochkommen und nachsehen, was es hinter meiner verschlossenen tür noch zu klauen gibt. ich stand da wie gelähmt, das ohr die tür gedrückt, und betete zu gott, er möge mich beschützen. er hats gehört. die kamen nicht nach oben, um mich auszurauben oder mir gar schlimmeres anzutun. am morgen kam dann die polizei und fragte, ob ich was bemerkt hätte. der laden war komplett ausgeräumt worden. ich zog dann da aus, weil ich mich nicht mehr sicher fühlte und weil es sowieso eine miese bude war. aber so was sitzt. das ist erlebte, gefühlte erinnerung und die lässt sich prima abrufen, wenn sie getriggert wird. letzte nacht war das so.

ich saß senkrecht im bett und lauschte auf verdächtige geräusche. da gabs eine menge von. die heizung im bad, die längst entlüftet gehört, gluckste. mein magen grummelte, in meinen därmen  brodelte es und mein herz klopfte bis in die ohren. hoffentlich hört das der einbrecher nicht, dachte ich. gleichzeitig dachte ich, wie blöd ist das denn, der kommt durch die tür, egal, obs bei dir grummelt oder nicht. 

ich suchte mein handy, das ich vorm schlafengehen immer auf das tischchen neben dem bett lege, falls mal was sein sollte. es lag nicht da. ich hatte es in der handtasche gelassen. es lag hinter meiner verschlossenen schlafzimmertür auf dem stuhl im arbeitszimmer. fuck, auch das noch. verdammt, dachte ich, wenn da jetzt wirklich einer in meine bude eingebrochen ist, was auch nicht ganz unwahrscheinlich ist, ich wohne in einer ziemlich einsamen gegend, was mache ich dann ohne handy? ich kann nicht mal die polizei rufen. die angst hatte mittlerweile alle zellen meines körpers überflutet. ich saß wie festgetackert im bett. da saß ich eine verdammt lange weile. und die ganze zeit lauschte ich wie elektrisiert, ob da draussen im anderen zimmer einer meine sachen einsackt. na, auch egal, sind nur sachen, dachte ich, soll er haben, aber mich soll der nicht kriegen. ich hab noch was vor in diesem leben. 

ich lauschte weiter. es war still. unheimlich still nach dem unheimlich lauten knall.

das einzig laute waren die gluckernde heizung und das blubbern im magen, das immer lauter wurde. du hast verdammt schiss, wende, dachte ich, und dass ich das verdammt gut kenne. schiss, vor so manchem hab ich die. mit anderen worten, ich bin eine angstpersönlichkeit, neben allem anderen, was ich sonst noch bin. ich habe es mit der angst und sie hat es mit mir. und machmal frisst sie mir an der seele und am ende wird sie sie auffressen wollen. aber das will ich nicht. das habe ich auch gedacht wie ich da saß, in meinem bett und mir vor angst fast in die hose geschissen habe. irgendwie bin ich dann so richtig sauer geworden auf die scheiss angst und auf mich, die sich von ihr klein machen lässt, immer wieder. ich bin aufgestanden, leise, damit mich der einbrecher, falls da doch einer war, nicht hört. ich bin ins bad, hab die haarschere gegriffen, bin zur schlafzimertür und hab sie aufgeschlossen. 


nichts war da. kein einbrecher. nur ich war da, eine lächerliche figur mit einer schere in der hand, mitten in der nacht, im kampf gegen die eigenen geister.


ich habe mir erst mal ne kippe angezündet und sie genüsslich geraucht. dabei kam mir der gedanke: scheiss drauf, egal wie lächerlich du dir jetzt vorkommst, wenn da wirklich einer gewesen wäre, bist du ganz schön mutig.

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