Dienstag, 28. April 2015

Wo kein klares Ziel, da kein Weg

 
Zu sich selbst finden ist ein Prozess. Es ist wie beim Schälen einer Zwiebel: Schale für Schale, die man abschält, Schicht für Schicht, kommt die nächste Schale zum Vorschein, und wieder die nächste, solange, bis man irgendwann an den Kern kommt. Wie viele Schichten abgeschält werden müssen, dafür gibt es keine Regel und keinen Zeitrahmen. Jeder Mensch hat seine eigene Gangart. 

Jeder Selbstfindungsprozess beginnt mit der Bewusstmachung der eigenen Überzeugungen, Glaubenssätze und Programmierungen.
Was denke ich über mich, wie fühle ich mich, welche Gedanken laufen unbewusst ab und welchen Mustern folge, weil ich das seit einer Ewigkeit so mache?

All das sind langjährige Programme, die unser Gehirn gespeichert hat und in den verschiedenen Lebenssituationen automatisch abspult. Wir nehmen uns selbst und Welt durch den Filter dieser Programmierungen wahr, solange bis wir sie erkennen, als das was sie sind – gelernte Überzeugungen, die nicht wahr sein müssen und es in den meisten Fällen auch nicht sind.

Bewusstmachung ist aber nur der erste Schritt. Auch wenn wir uns unsere Überzeugungen bewusst machen, die alten Gedanken, die wir über uns haben, sind noch immer da. Sie laufen weiter und zwar ohne, dass wir Einfluss darauf haben. Sie bestimmen immer noch unser Denken, Fühlen und Handeln. Aber das Bewusstmachen hilft dabei, Abstand zu den alten Mustern zu bekommen. Die gewohnte Lebensrealität, unsere Sicht von uns selbst und Welt bekommt Risse, sie wird hinterfragt und damit neu gesehen.

Mit jedem Hinterfragen der alten Überzeugungen verlieren diese an Macht. Zugleich aber sind wir unsicher, weil wir noch keine neuen Überzeugungen haben, die alten ersetzen können. Wir brauchen neue Gedanken, hilfreichere.

Ein Beispiel: Es genügt nicht zu wissen: wenn ich mich klein denke, wenn ich mich ständig selbst klein mache, mir nichts zutraue, ist das nicht hilfreich. Man muss auch wissen wie man sich größer denkt um sich größer zu fühlen und zu handeln.

Mit anderen Worten – wenn ich zwar weiß, dass ich ein geringes Selbstwertgefühl habe und, dass mir das in meinem Lebensalltag schadet, aber nicht weiß, was ich brauche, um mich wertvoller zu fühlen, bleibt eine wirkliche Veränderung im Denken, Fühlen und Handeln aus.

Aus unseren Mustern und Prägungen herauszufinden bedeutet also nicht nur sie zu erkennen, indem wir unsere Gedanken über uns selbst identifizieren, hinterfragen und überprüfen, ob sie für uns hilfreich oder nicht hilfreich sind -  es bedeutet neue Muster zu erlernen. Dazu gehört auch eine Vorstellung dafür zu bekommen, wer wir überhaupt im Tiefsten sein wollen, um zu der werden, der wir sind.

Das heißt: Wir brauchen ein klares Bild von dem Menschen, der wir sein wollen. Es ist wie mit jedem Ziel, das Menschen erreichen wollen – kennen wir es nicht, haben wir keine vollständige, klare, bildhafte Vorstellung von unserem Ziel - wandern wir im Nebel. Wir finden den Weg nicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen