Samstag, 19. August 2023

Unbewusste Vereinbarungen

                                                                 Foto: A.Wende
 
 
Im Außen begegnet mir meine Umwelt. Es ist meine Umwelt, die mir begegnet und umgekehrt begegne ich meiner Umwelt. Der Ort an dem ich wohne, die Plätze die ich besuche, die Läden in die ich gehe, der Kreis in dem ich mich bewege, Menschen mit denen ich verbunden bin, meine Beziehungen, meine Bezugspersonen - all das formiert meine Umwelt.
Ich bin ein Teil dieser Welt, ich bin eng mit ihr verbunden.
Und ich definiere mich über diese Verbindungen.
Sie beeinflussen meine innere Gestimmtheit. Sie beeinflussen mein Bild von Welt und die Brille durch die ich die Welt wahrnehme.
Das diese Welt nur ein Mikrokosmos ist, übersehe ich, je enger ich mit meiner Umwelt verbunden mit und je mehr ich mit ihr identifiziert bin. Ganz offenbar haben meine Umwelt und die Menschen darin, etwas mit mir zu tun. Ich gehe mit ihnen in Resonanz und sie mit mir. Die Erfahrungen, die ich mache, sind resonante Erfahrungen. 
Es kann geschehen, dass ich so in meiner Umwelt verhaftet bin, dass ich mir der Grenze nicht mehr bewusst bin, die zwischen mir und ihr verläuft, die Grenze, an der die Ansprüche und Erwartungen meiner Umwelt an mich enden. Über eine lange Zeit sind unbewusste Vereinbarungen und Verpflichtungen entstanden, denen ich wie ein Automat folge. Ich spule die immer gleichen Programme ab. Und vielleicht wundere mich, dass die Dinge sich hartnäckig weigern, sich so zu entwickeln, wie ich mir das wünsche und ein Leben, wie ich es mir wünsche, einfach nicht stattfindet.
 
Unsere unbewussten Vereinbarungen haben etwas damit zu tun, dass wir nicht erfahren haben, wie man anders lebt als der Rest. Wir leben unreflektiert all die Muster weiter, die uns unsere Eltern und unser soziales Umfeld vorgelebt haben und Tag für Tag vorleben. Unser Lebenspanorama ist eng, sehr eng.
Und irgendwann können wir es nicht mehr spüren, dieses Ich, das wir sind. Wir sind so sehr identifiziert mit unserer Umwelt, dass wir unsere Ich-Grenze nicht definieren können. 
 
Ein Ich, das seine Grenze nicht definieren kann, lebt auf der Oberfläche. Alles was darunter liegt, wird nicht mehr oder kaum noch wahrgenommen. Alles was die Welt an einem Meer von Möglichkeiten bietet liegt in weiter Ferne, es wird nicht mehr als greifbar erlebt. Wir bewegen uns in unserem begrenzten Mikrokosmos und bleiben darin stecken. Unsere Träume verblassen und wir im Zweifel mit ihnen. Wir verkümmern wie eine Blume, die keine gesunde Nahrung bekommt in einer grenzenlosen Wüste.
Ich allein bin es, der diese Grenze definiert.
Und definieren kann ich meine Grenze nur, wenn ich das Ich, das ich bin, spüren kann.
Erst wenn ich mir klar darüber werde, was ich bisher unbewusst getan habe und es verstehe, habe ich auch die Wahl zu entscheiden, wo ich meine Grenzen setze, wo ich eine neue bewusste Vereinbarung für mich selbst, meine Umwelt und meine Beziehungen treffe.

 
 
“When a flower doesn't bloom, you fix the environment in which it grows, not the flower.”
- Alexander Den Heijer

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