Donnerstag, 26. Dezember 2019

Mein Platz



Es gab eine sehr lange Zeit, in der ich Heimweh hatte. Heimweh nach der heilen Familie, die es für mich nicht gab. Heimweh nach einer dauertüchtigen Liebesbeziehung, die es für mich nicht gab. Heimweh nach einem Platz in der Welt. Immer dachte ich, irgendwo in der Welt muss es doch einen Platz für dich geben, wo es sich anfühlt wie angekommen sein.
Heute Morgen stehe ich auf und mache, was ich jeden Morgen mache. Ich mache mir einen Milchkaffee, esse mein Brot mit Honig, setze mich an meinen Schreibtisch und schreibe. Während ich schreibe, habe ich das Gefühl, etwas ist anders an diesem Weihnachtsmorgen. Ich kann es eine Weile nicht benennen. Es fühlt sich an, als sei etwas nicht mehr da, was immer da war. Und dann weiß ich, was da nicht mehr ist: Das Heimweh fehlt. Ich fühle: Angelika, du bist längst angekommen. du sitzt hier und schreibst. Das ist dein Platz.

8 Kommentare:

  1. Liebe Angelika...
    ich bin so berührt von deinen Worten.....ich wünsche es dir von Herzen das dieses Gefühl für dich anhält...
    Von Herzen ... eine treue Leserin deines Blogs
    Ulrike Steiner-Bühler

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  2. Liebe Frau Wende,
    das freut mich zu lesen, dass Sie Ihren Platz gefunden haben und Sie Ihre Leser daran teilhaben lassen.
    Dieses Gefühl kenne ich nur "zu gut", es treibt mich auch seit langer Zeit um. Auch wenn "objektiv" und "sachlich" (und im Kopf) ganz viele materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, das Gefühl bleibt, oder ist vom Verhalten anderer Menschen abhängig.
    Und das von Ihnen zu lesen, wie viele andere Texte (besonders in der letzten Zeit wie genau für mich geschrieben scheinen), gibt mir wieder (mal) ein Stück Hoffnung.
    Vielen Dank dafür und Ihnen ein gutes neues Jahr.

    Liebe Grüße
    DiPi

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  3. Sagt einfach alles.
    Empfinde ich genauso.
    Früher diese quälenden Fragen.
    Und jetzt ich mit mir selbst einem guten Buch, guter Lyrik, einem schönen Bildband, einem Brief oder Mail an einem Menschen auf Augenhoehe... Ich bin angekommen - bei mir -
    Grüße
    Heike

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  4. Ok, vor 25 Jahren verstarb meine Mutter leider viel zu früh, ich war jung - der Vater hatte sich lange aus dem Staub gemacht. Ich trauerte, instensiv. Meine Freundin machte Schluss. Dann: Selbstnähe. Habe es geschafft. War mir danach sehr nahe. Abi nachgemacht - ging studieren, war beliebt - ich war mitten im Leben und gut in allem was ich tat. Mein Leben war sehr leicht, ich war mir sehr nah. Es gab kein Heimweh. Es gab wirkliche Nähe zu mir.

    Nach 7 Jahren gebe ich mich wieder auf, mit o.g. Freundin entsteht eine Familie mit mehreren kleinen Jungs. Die Ehe zerbricht - ich habe Heimweh. Nun muss ich wieder zurück zu mir. Warum habe ich das weggegeben, das bei mir sein? Ich werde es hoffentlich herausfinden und besser nicht mehr zulassen.

    Ich habe einige Texte von Ihnen gelesen, es hilft - beim Bewusstwerden. Danke.

    Bernd

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  5. Möge es Ihnen gelingen, sich wieder zu finden.

    Namaste

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