Nach den neuesten Angaben
der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), leben derzeit 1,3 Millionen
alkoholabhängige Menschen in Deutschland. Doch nicht nur die Alkoholabhängigen
selbst, auch Angehörige sind von deren Suchterkrankung unmittelbar betroffen.
Kaum eine Krankheit hat derart große Auswirkungen auf das persönliche Umfeld
der Betroffenen und kaum eine Krankheit beeinflusst auf derart destruktive
Weise andere mit. Alkoholismus verändert das Verhalten, die Persönlichkeit und
die Gesundheit des Menschen massiv je länger die Sucht besteht.
Alkohol vergiftet im
wahrsten Sinne des Wortes Körper, Geist und Seele gleichermaßen.
Jeder, der es mit einem
Alkoholiker emotional oder sozial zu tun hat, bekommt dies zu spüren. Ist in
der Familie ein Alkoholkranker, ist das ganze System erkrankt. Ist in der
Beziehung einer Alkoholiker, krankt die ganze Beziehung. Angehörige von
Alkoholikern leiden unter den Auswirkungen des Trinkens ebenso wie der Trinker
selbst, nur anders. Sie wollen helfen, ihn retten, ihn beschützen, in um-und
versorgen und geraten dabei in einen Kreislauf von Hilflosigkeit, Ohnmacht, Wut
und Verzweiflung bis hin zur Selbstaufgabe. Die Suchtkrankheit und ihr stetiges
Fortschreiten führen schleichend und in mehreren Phasen zu einem co-abhängigen
Rollenverhalten bei den Angehörigen, die ihr Leben immer mehr auf das Verhalten
des Suchtkranken ausrichten. Ein Teufelskreis, denn genau das co-abhängige
Verhalten erhält die Sucht mit aufrecht, nur dass es nun zwei oder mehrere
sind, die unter ihr leiden.
Sucht ist Siechtum -
alle die betroffen sind oder mitbetroffen sind, gehen an ihr auf lange Sicht
zugrunde, gelingt es nicht die Reißleine zu ziehen.
Man kann sich das Leben mit
einem Alkoholiker wie eine Fahrt in einem sinkenden Boot vorstellen - es wird
untergehen, samt aller Insassen. Alkoholismus mündet in psychische, physische
und soziale Beeinträchtigungen, Störungen und Schädigungen. Der Alkoholiker
kann seine Rolle als Teil der Gemeinschaft nicht mehr wahrnehmen. Darüber
hinaus verändern sich auch die Psyche und die Gefühlswelt des
Alkoholabhängigen. Seine emotionale Gestimmtheit und sein emotionales Erleben
fahren Achterbahn, von euphorisch über unruhig, gereizt, aggressiv bis hin zu
selbstmitleidig, ängstlich und depressiv. Ist die Alkoholkrankheit erst einmal
fortgeschritten, kann der Alkoholiker sie nicht mehr stoppen, er bleibt ohne
professionelle Hilfe lebenslang ein Alkoholiker.
Beide, der Alkoholiker
und der Co-abhängige sind sich dessen oft nicht bewusst und das ist das Fatale
an der Konstellation – der Alkoholiker leugnet seinen Zustand und glaubt lange
Zeit er hat es „im Griff“, der Co-abhängige glaubt das selbe. Der einzige aber
der es im Griff hat, ist der Alkohol und zwar Beide.
Co-abhängigkeit ist ein
sensibles Thema. Meist sind es Frauen, die Symptome von co-abhängigem Verhalten
zeigen. Dies wird von den Betroffenen meist nicht wahrgenommen und wird es
wahrgenommen, wird es nicht selten ebenso verschwiegen wie die Alkoholsucht des
Partners. Für die Betroffenen ist es beschämend zuzugeben, dass sie ihr Leben
mit einem Alkoholiker teilen, ein Leben das für Menschen, die das nicht erlebt
haben, unvorstellbar destruktiv und kräftezehrend ist.
Der Begriff der
Co-Abhängigkeit kam erstmals in den 70er Jahren in Amerika auf. Geprägt wurde
er von den Betroffenen selbst.
Was ist typisch für
co-abhängiges Verhalten?
Charakteristisch für das
Verhalten Co-abhängiger ist, dass ihr gesamtes Denken, Fühlen und Handeln sich
auf das Suchtmittel und den Süchtigen fokusiert. Der Co-abhängige versucht die
Sucht des Angehörigen als Geheimnis zu bewahren und tut alles um es nicht nach
außen dringen zu lassen. Er nimmt mehr und mehr dem Suchtkranken die
Verantwortung für sich und sein Verhalten ab. Er entschuldigt oder rechtfertigt
das Verhalten, auch wenn es ihm selbst Schaden zufügt. Er versteckt den Alkohol
oder entsorgt ihn, entschuldigt den Süchtigen beim Arbeitgeber und unterstützt
ihn finanziell. Er übernimmt alle Aufgaben, die der Süchtige nicht mehr
bewältigen kann. Mit anderen Worten – er mutiert zum Überwacher und zum
Versorger des Suchtkranken auf allen Ebenen des Lebens, die dieser nicht mehr
bewältigen kann. Das Leben des Co-Abhängigen mit einem Alkoholiker ist geprägt von Beschuldigungen, bitteren Vorwürfen, heftigen
Auseinandersetzungen, aggressiven Ausbrüchen und tragischen Szenen. Mit der Zeit kommt es zum Vertrauensverlust und zur emotionalen Entfremdung, kurz: Das Leben mit dem Suchtkranken ist eine Belastung
schwerster emotionaler, geistiger und körperlicher Art für alle Beteiligten.
Viele Co-Abhängige fühlen sich nicht selten für den Konsum des Süchtigen verantwortlich. Sie suchen
die Schuld für dessen Trinken bei sich selbst, weil sie nicht fähig sind den
Süchtigen trotz aller Liebe und Fürsorge zu retten. Dabei versucht der Co-abhängige zu
kontrollieren was sich in Wahrheit nicht kontrollieren lässt und ist überzeugt
davon, wenn er sich noch mehr anstrengt, das sinkende Boot doch noch am
Versinken hindern zu können. Haupttriebfeder für das Handeln des Co-Abhängigen
ist die Angst den suchtkranken Menschen zu verlieren. All diese Denk-und
Verhaltensweisen entstehen zu Beginn der Beziehung mit einem Alkoholiker beim
Versuch das Problem zu lösen. Es dauert eine Zeit bis es dann zu dem oben
beschriebenen Verhalten kommt. Dabei spielen sich beide – Süchtiger und
Co-abhängiger aufeinander ein – ihr Verhalten und ihr Interaktionsmuster
ergänzen sich und machen eine Veränderung zum Besseren hin unmöglich.
Es kommt zu einer
gegenseitigen Abhängigkeit – der Alkoholiker ist abhängig vom Alkohol, der
Co-abhängige ist abhängig vom Alkoholiker – aber im Grunde sind beide abhängig
von ein und derselben Substanz: dem Alkohol, der die Macht über das gemeinsame
Leben hat, das mehr und mehr dem Kontrollverlust entgegentreibt und in eine
Achterbahn der Gefühlswelt rast, deren Affekte zwischen Liebe und Hass,
Verständnis und Verachtung, Mitleid und Ohnmacht schwanken.
Was beide am Anfang für
Liebe hielten ist keine Liebe. Ein Alkoholiker kann nicht lieben. Er hat seine
Selbstliebe verloren oder nie gehabt. Was er für "Liebe" hält bezieht
sich lediglich auf die Funktionen, die der andere für ihn erfüllt. Liebe
basiert auf einer repsektvollen, liebevollen, wertschätzenden, fruchtbaren
Interaktion zwischen zwei eigenständigen Persönlichkeiten, die einander achten
und sich gut tun wollen.
In einer co-abhängigen
Beziehung ist aber genau das nicht der Fall: Der Alkoholabhängige achtet und
wertschätzt sich selbst nicht. Er kann keine Liebe für sich fühlen, wie soll er
sie da für andere aufbringen? Der Co-abhängige verlernt im Laufe der Beziehung
sich selbst zu schätzen oder er vermochte es noch nie. Was unter dem
illusionären Deckmantel der Liebe geschieht ist nichts anderes als gegenseitige
Abhängigkeit zweier neurotischer Persönlichkeiten, die sich verzweifelt
aneinanderketten, aus Angst alleine im Leben nicht bestehen zu können. Letztes
ist beim Alkoholiker auch wahr. Er wird, hört er nicht auf zu trinken, alleine
schneller untergehen als mit dem Co-abhängigen an seiner Seite, der ja alles
für ihn regelt, was er nicht mehr schafft. Der Co-abhängige aber kann es
alleine schaffen, denn im Grunde ist er in der Beziehung längst allein. Er
erhält kaum Unterstützung vom Alkoholiker, der sich ja ständig um sich selbst
und sein Suchtmittel dreht.
Was sich nicht ändern
will, lässt sich nicht ändern! Sobald der Co-abhängige dies klar erkannt hat,
ist er bereit dazu sich Hilfe zu suchen und das zu ändern, was in seiner Macht
legt: sich selbst.
Zum Konzept der
Co-abhängigkeit gibt es haufenweise Theorien und Definitionen, die von der
Co-Abhängigkeit als Suchtkrankheit bis hin zur Beziehungsstörung reichen.
Manche definieren Co-Abhängigkeit als krankes Verhalten, das nur im
Zusammenhang mit Alkoholismus auftritt, andere beschreiben Menschen mit co-abhängigem
Verhalten als Beziehungsabhängige oder lediglich als jemanden, der längere Zeit
mit einem Alkoholiker zusammenlebt. Die meisten Konzepte aber gehen davon aus,
dass ein Mensch mit co-abhängigem Verhalten selbst süchtig ist und zwar danach
das eigene schwache Selbstwertgefühl oder die unbewusst empfundene
Wertlosigkeit durch das Sorgen für einen anderen, schwächeren Menschen zu
kompensieren und eigene Defizite abzuwehren. In manchen Fällen trifft dies zu,
in anderen nicht.
Menschen sind nicht alle
über einen Kamm zu scheren, ebensowenig wie es allgemeingültige Ursachen für
co-abhängiges Verhalten und Abhängigkeit gibt. Neueste Studien ergaben,
dass es für die Entwicklung co-abhängigen Verhaltens genügt, dass Betroffene
mit einem Alkoholiker das Leben teilen. Sie belegen auch, dass es für die
Entwicklung einer Co-abhängigkeit keiner typischen Persönlichkeitsstruktur
bedarf.
Es gibt sie also nicht die
typischen Co-abhängigen, aber es gibt das typisch co-abhängige Verhalten. Jeder
kann da hineinrutschen, auch wenn er keine sogenannten „abhängigen
Persönlichkeitsmerkmale“ aufweist. Denn auch wenn diese Persönlichkeitsmerkmale
zu Beginn einer Beziehung mit einem Alkoholiker anfangs nicht vorhanden sind,
erreichen es viele Süchtige im Laufe der Zeit, den Partner solange unter
emotionalen Druck zu setzen und zu manipulieren, bis sie dazu werden. Ist ein
Mensch in die Co-abhängigkeit hineingerutscht ist es allerdings wichtig und
hilfreich nach den individuellen Gründen zu suchen, die dazu geführt haben, um
nicht wieder und wieder in die gleiche Falle zu tappen.
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Osho über Alkohol: die Kunst, sich selbst zu betrügen
Das ist sehr symbolisch. Wenn du betrunken bist
fällst du zurück, du bildest dich zurück, du wirst wieder zu einem kleinen
Jungen. Doch dieses Zurückfallen ist kein Wachstum.
Du bist damals zu einem kleinen Jungen
geworden, nicht indem du zurückgefallen bist, sondern indem du gewachsen bist,
nach vorne, nach oben. Indem du zurückfällst wirst du kindisch. Indem du
zurückfällst wirst du nichts gewinnen, du wirst verlieren.
Im Zurückfallen wird dein ganzes inneres System
verkrüppelt werden. Dann siehst du außen wie ein Erwachsener aus und innen bist
du nur ein kleiner Junge. Kein Kind, sondern kindisch. Nicht unschuldig,
sondern sehr gerissen und schlau.
Und die Gerissenheit sitzt so tief, dass du
nicht etwa die anderen austrickst, sondern dir selbst, deinem eigenen
Bewusstsein Streiche spielst, deiner eigenen Zukunft.
Mit deinen schlauen Tricks verspielst du deine
eigenen Möglichkeiten.
Du fällst zurück, entwickelst dich zurück.
Drogen machen einen Stein aus dir.
Du kannst völlig bedröhnt sein. Im Westen gibt
es das Wort ’stoned‘ (engl.: bekifft). Das ist sehr gut, du wirst wie ein
Stein. Du bist wie ein Stein und alle Möglichkeiten
sind verloren. Du bist auf der untersten Stufe der Leiter angelangt, direkt am
Boden. Und dann wirst du hilflos, hilflos im negativen Sinn, ein Schwachkopf.
Du benimmst dich wie ein Idiot, und weißt nicht, was du tust.
Du bist nicht, tatsächlich bist du einfach
abwesend, deine Geistesgegenwart ist verloren gegangen. In dir existiert jetzt
kein Zentrum. Du bist – ohne Richtung, ohne innere Ausrichtung. Wenn du in diesem Moment stirbst, wirst du dir
nicht einmal darüber bewusst sein, dass du tot bist. Was immer in diesem Moment
geschieht, du wirst es nicht wissen. Du bist nicht. Das ist ein abwesender
Geisteszustand. Du bist völlig nach unten gefallen, du hast den Boden erreicht.
Nach unten zu sinken ist einfach. Und Seelen
genießen es, denn alles was einfach ist genießt du. Keine Anstrengung wird
gebraucht. Du brauchst keinen Weg zu folgen, von deiner Seite brauchst du
nichts zu tun. Du brauchst dich nicht zu kümmern, du brauchst nichts zu denken
– du fällst einfach. Das ist genau das, was Aussteigen bedeutet.
Du fällst aus der ganzen Anstrengung der
Evolution heraus. Du bist nicht mehr Teil einer wachsenden Existenz, du bist
nicht mehr Teil einer sich ständig entwickelnden Göttlichkeit. Du hast alles
verloren.
Dieser Zustand ist der schlimmste überhaupt.