Samstag, 18. Juli 2015

Aus der Praxis – Der kindliche Wunsch nach Erlösung




Eine Beziehung, die auf dem unbewussten Wunsch nach gegenseitiger Erlösung basiert ist eine ungeheure Überforderung. Es übersteigt das menschliche Maß, den anderen erlösen zu können.
Der Wunsch nach Erlösung entspringt dem kindlichen Wunsch der Wiedergutmachung von der großen Enttäuschung des ungeliebten Kindes, das wir einst waren. Es ist nicht die Aufgabe des Partners diese Enttäuschung wieder gut zu machen. Er kann es nicht, denn er hat sie uns nicht zugefügt. Aber in unseren kindlichen Augen tut er es wieder, indem er uns nicht erlöst. Das führt zu viel Leid in Beziehungen.

Indem wir vom anderen fordern was uns vorenthalten wurde, verdängen wir den Schmerz über die alte Wunde. Aber wir verhindern so das Schmerzliche endlich zu erkennen. Das Schmerzliche  besteht darin zu begreifen, dass es grundsätzlich unmöglich ist von einem Partner die bedingungslose Liebe zu bekommen, die uns in der Kindheit verweigert wurde. Es tut weh von etwas zu lassen, wonach wir uns so sehr sehnen. Aber wir können die Aufgabe für unser verletztes Inneres Kind zu sorgen keinem anderen übergeben - wir können das nur selbst tun, indem wir die Verantworung für dieses bedürftige Kind übernehmen.

Indem wir den Partner aus dieser kindlichen Forderung entlassen tun wir das, was nötig ist um eine erwachsene Beziehung zu  führen: Wir lassen los und bejahen, dass wir zwei voneinanander getrennte Wesen sind, zwei eigenständige Menschen. Erst wenn der Schleier des kindlichen Blickes sich hebt, nehmen wir den anderen als den Menschen wahr, der er wirklich ist und erst dann lernen wir ihn zu verstehen. Mit anderen Worten: Wir beenden die sinnlose Sehnsucht nach Heilung durch einen anderen.Wir betrachten den anderen nicht mehr mit dem bedürftigen Blick des liebeshungrigen Kindes, das endlich satt werden will, wir betrachten ihn mit den Augen des Erwachsenen in uns und bestätigen ihn so als Mann oder Frau und nicht als den Vater- oder Mutterersatz, zu den wir ihn machen, wenn uns liebevolle Eltern gefehlt haben.

Nur wenn wir getrennt sind, können wir uns begegen. Nur wenn wir uns selbst gehören, können wir uns verschenken. Alles andere schaftt selbstquälerisches Leid. Selbstquälerisch ist Leid, wenn wir glauben etwas festhalten zu müssen, wo Loslassen ansteht. Leid aber, das durch Loslassen entsteht, Leid, das Ja zur Ent-Täuschung sagt, sagt Ja zur Wirklichkeit, wie wir sie nicht gerne hätten, aber dennoch anehmen. Nur so kann Leid heilend wirken. Entwicklung findet nur dort statt, wo eine alte Form zerbricht oder ein Festhalten aufgegeben wird, um auf einer höheren Ebene eine neue Form zu finden, die dem Leben zuträglicher ist. Auch wenn wir es gerne anders hätten – es gibt keine Entwicklung ohne Loslassen, auch wenn es bedeutet unsere tiefste Sehnsucht nach bedingunsgloser Liebe loszulassen.

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