Freitag, 19. Dezember 2025

Aus der Praxis: Da wo die Angst ist, da musst Du hin!

 


 

"Ein Leben ohne Angst ist letztlich kein erfülltes Leben. Der Weg ins Unverwundbare führt mitten durch die Angst hindurch, nicht an ihr vorbei“, schreibt die Autorin und Sterbebegleiterin Lisa Freund. Ein Leben mit zu viel Angst ist letztlich kein erfülltes Leben, möchte ich hinzufügen.

 

Ganz gleich ob Angst sich auf materielle oder existenzielle Dinge bezieht, alle Ängste entstehen auf der emotionalen Ebene und sie entsprechen nicht notwendig der materiellen Realität. Die Angst färbt sie um, die Angst wandelt sie in etwas, was sie nicht ist. Die Angst wirkt von innen nach außen und bewirkt ein Außen, was mehr Angst macht, als es uns in Wahrheit machen müsste. Am stärksten wirkt die Angst die unseren Unbewussten entspringt, die Angst für die wir keinen Namen haben, der wir kein Gesicht geben, weil wir uns davor fürchten ihr eins zu geben, auf dass es uns bloß nicht ins Gesicht springt.

Aber genau das ist es, was wir tun müssen - wir müssen die Angst erforschen, ihr ein Gesicht geben, sie benennen, sie fühlen. „Der Weg ins Unverwundbare führt mitten durch die Angst hindurch, nicht an ihr vorbei.“ Mitten hinein, mitten durch, ist die Vorrausetzung um unsere Angst in ihrem Wesen zu erkennen, um zu wissen womit wir es zu tun haben. Wir müssen erkennen wo der Urgrund der Angst liegt, die Quelle finden, um ihre Macht zu bezwingen.

 

Da wo die Angst ist, da musst Du hin!

Solange wir nicht auf die Angst zugehen, entwickeln wir Abwehrmechanismen, die auf Verleugnung gründen, die zu klinischen Syndromen führen. Der Versuch der Angst zu entkommen indem wir sie verdrängen, liegt im Kern des Neurotizismus. Abwehr und Verdrängung ist ein zweischneidiges Schwert, zum einen entlasten uns Abwehr und Verdrängung indem sie uns Sicherheit vorgaukeln, zum anderen erzeugen sie Lebenseinschränkungen und Lebensverneinung, indem alles vermieden wird, was Angst macht. 

 

Alles was wir verdrängen kostest Lebensenergie, darum ist es so wichtig es ins Bewusstsein zu bringen.

Angst will uns etwas sagen. Immer will sie das. Sie schiebt uns in unser Innerstes, an den Kern unserer Urangst. Angst will, dass wir unsere innere Stimme hören. Sie macht uns klein und dünnhäutig und durchlässig für das,was wir vielleicht ein Leben lang verdrängen. Sie tut das, damit wir die Abwehr endlich lockern und die Maske ablegen, die wir uns selbst und anderen vorhalten, weil wir uns schuldig fühlen und schämen, weil wir glauben wir dürfen so nicht sein - so klein, so verwundbar, so ein jammerndes Häufchen Elend, so ohnmächtig, so voller Angst. Diese Gefühle gilt es zu fühlen und auszuhalten in der Dunkelheit der Angst, solange bis wir Licht hineingebracht haben, das Licht, das uns die Zuversicht gibt weiterzugehen und uns die Kraft schenkt die Angstwand aus Stahl in einen Vorhang zu verwandeln, den wir dann sanft und mutig zur Seite schieben, um zu erkennen, was unsere Angst uns sagen will. Wir müssen die Angst zunächst zulassen und erfahren, bevor wir sie transzendieren können.

 

 

 

 

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