"Die Gefahr liegt nicht darin, dass die Seele bezweifelt, dass sie Brot haben kann, sondern darin, dass sie sich selbst überzeugt, keinen Hunger zu haben", schreibt die Philosophin Simone Weil. Ein wahrer, ein trauriger, ein bitterer, ein alarmierender Satz.
Viele
Menschen reden sich ein, dass sie keinen Hunger haben, dass das Leben
eben ist wie es ist, hart, ein Kampf, lieblos, wenn sie nach all den
Verletzungen der Unliebe ihr Herz verschlossen haben. All die
gescheiterten Beziehungen, die unheilsamen Erfahrungen in der Liebe von
Kindesbeinen an und später im weiteren Leben, führen dazu, dass wir
irgendwann glauben, Liebe nicht verdient zu haben. Eine lange Zeit
bleibt die Sehnsucht danach, aber irgendwann macht die Seele dicht und
wir reden uns ein alleine besser dran zu sein. Wir
wollen nicht mehr scheitern, wir wollen nicht mehr bedürftig sein, denn
damit ist das Scheitern doch vorprogrammiert. Wir wollen nicht mehr an
den Enttäuschungen der Liebe leiden. Wir reden uns ein ohne eine
Liebesbeziehung besser dran zu sein, wenn auch nicht gut. Um uns zu
schützen, kappen wir die Verbindung zum eigenen Herzen und damit kappen
wir die Verbindung zu anderen Herzen. Wir
sind singuläre Menschen, die mehr und mehr beziehungsunwillig werden,
weil wir, wie die Erfahrung zeigt, doch beziehungsunfähig sind. Wir
verlieren den Glauben an die erotische Liebe oder wir werden spirituell
und wenden uns der allumfassenden Liebe zu, Agape, die uneigennützige
Liebe zum All-eins, nur nicht exklusiv zu der oder dem einen. Womit
wir aber auf dem Holzweg sind, denn die allumfassende Liebe schließt
alles ein, auch Liebesbeziehungen.
Ich
kann nicht alles lieben, wenn ich eine Form der Liebe ausschließe. Ich
kann nicht alles lieben, wenn ich die Selbstliebe ausschließe.
Wenn
wir, wie Weil schreibt, unsere Seele davon überzeugen, keinen Hunger
mehr zu haben, verhungern wir. Aber Hunger geht nicht weg, weil wir das
wollen. Hunger ist ein Gefühl im Bauch, das durch Nahrungsentzug
verursacht wird und mit dem starken Verlangen nach etwas zu essen
einhergeht.
Essen wir nicht, verhungern wir.
Lieben wir nicht, verhungert die Seele.
Die
Welt ist voll von nach Liebe hungrigen Seelen, die nebeneinander her
leben und sich gegenseitig nicht nähren können. Nicht einmal uns selbst
können wir nähren, wenn wir die Liebe aus unserem Leben verbannen, weil
wir glauben ihrer nicht würdig zu sein, weil wir Angst davor haben
wieder verletzt zu werden oder weil wir glauben nicht liebenswert zu
sein.
Wir könnten wieder lernen zu lieben und unser
Herz zu öffnen, zunächst für uns selbst. Die Selbstliebe öffnet das Herz
für alle anderen Wesen.
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