Mittwoch, 26. März 2025

Aus der Praxis: Angst ändert rein gar nichts



Es sind häufig nicht die Dinge und Situationen selbst, die uns Probleme bereiten, Stress machen oder Angst, sondern die viel zu große Bedeutung, die wir ihnen geben. Dann neigen wir dazu sofort negative Schlüsse zu ziehen, zu verallgemeinern und die Situation auf ähnliche Situationen, die wir erlebt haben, zu übertragen. Manche Menschen neigen auch zur Katastrophisierung. Es geschieht etwas Beunruhigendes und prompt reagieren sie mit einer übertriebenen Angst, dass ein Unglück drohen könnte.
 
Reaktionen auf Reize werden erlernt und werden dann zu Denkmustern, die wir automatisch abzuspulen, ohne uns dessen bewusst zu sein. Festsitzende Denkmuster neigen zu Verallgemeinerungen und zu Schwarz-Weiss-Denken. Wir haben z.B. Angst vorm Zahnarzt, weil es, als wir Kind waren, eine schmerzhafte Erfahrung gab. Diese schmerzhafte Erfahrung haben wir abgespeichert. Jedes Mal, wenn wir zum Zahnarzt müssen, löst allein der Gedanke daran – der Reiz – unsere Angstreaktion aus. Wenn wir denken, niemand mag uns und Angst vor Zurückweisung haben, verhalten wir uns ablehnend und machen emotional dicht. Wir wundern uns dann, dass andere nicht offen und freundlich auf uns zu gehen. Dabei löst unser eigenes Verhalten aus, dass sie es nicht tun. 
 
Angst ist eine Reaktion auf einen Reiz.
Das Risiko, im Laufe des Lebens an einer Angststörung zu erkranken, liegt nach internationalen Studien zwischen 14 und 29 Prozent. Damit sind Angststörungen die häufigste psychische Erkrankung, gefolgt von Depressionen und sie nehmen zu.
Angststörungen sind schwerwiegende psychische Erkrankungen, die einen hohen Leidensdruck erzeugen. Angst – und Zwangsstörungen hängen mit negativen, unlogischen, realitätsfremden und verzerrten Denkmustern zusammen, die nur schwer zu verändern sind. Betroffene wissen zwar, dass ihre Gedanken mit der Realität nichts zu tun haben, können sich aber nicht davon distanzieren. Die Gefühle sind so überwältigend, dass sie ihren eigenen Gedanken gegenüber hilflos sind – trotz besseren Wissens. Im Laufe einer Therapie dürfen sie lernen sich selbst zu beobachten, Reize zu erkennen, ihre Gedanken zu identifizieren, ihre inneren Blockaden zu erkennen, die auftretenden Gefühle (in Expositionsübungen) auszuhalten, Alternativen zu entwickeln und diese auszuprobieren und anzuwenden. Dazu gehört auch die eigenen verzerrten Denk-und Verhaltensmuster neu zu bewerten.
 
Bisher ging man bei der Erforschung und Behandlung von Angst davon aus, dass sie ganze Gehirnschaltkreise, wie jene im Limbischen System, überaktiviert. Neueste Erkenntnisse jedoch belegen, dass Angst einen äußerst selektiven Effekt auf die neuronale Aktivität hat, die die Entscheidungsfindung unterstützt. Studien haben gezeigt, dass Angst Gehirnzellen deaktiviert. Wir können nicht mehr klar denken. Können wir nicht mehr klar denken, treffen wir schlechte oder keine Entscheidungen. Das wiederum verstärkt die Angst, führt zu weiteren Fehlentscheidungen löst schließlich eine Abwärtsspirale aus.
 
Auch wenn wir keine Angst-oder Zwangsstörung haben können wir mit unserer „normalen Angst“ arbeiten um besser mit ihr umgehen zu lernen. Auch hier beginnen wir damit uns selbst zu beobachten, den Grund für die Angst zu identifizieren und Alternativen zu entwickeln, um sie neu zu bewerten und angemessen mit ihr umzugehen. Wir distanzieren uns bewusst von der Angst und sehen sie mehr als Herausforderung, denn als Problem. Wir gehen auf Augenhöhe mit der Angst. 
 
Ein Problem bei Ängsten ist, dass viele Menschen eher in Möglichkeiten als in Wahrscheinlichkeiten denken. Und das kann sie verrückt machen.
Es ist möglich, dass das Flugzeug abstürzt, dieser Gedanke ist für manche Menschen so angsteinflößend, dass sie nicht fliegen.
Sie fragen sich aber nicht: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es abstürzt?
Natürlich kann ein Flugzeug abstürzen, aber es ist wenig wahrscheinlich, dass es abstürzt.
Das Unterscheiden zwischen Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit kann also sehr hilfreich sein um Angstgedanken zu reduzieren.
 
Bei Ängsten ist es wichtig beruhigende Verhaltensweisen zu erlernen. Zum Beispiel kann man die Angst durch bewusstes tiefes Ein- und Ausatmen verringern. So kommt der Körper zur Ruhe und damit auch der Geist. Entscheidend dabei ist, uns bewusst auf die Atmung zu konzentrieren statt auf die Angst. Schon wenige tiefe Atemzüge aktivieren sofort den Parasympathikus und den Vagusnerv. Das verlangsamt den Herzschlag, senkt den Blutdruck und beruhigt. Ein paar Mal tief durchatmen ist absolut hilfreich um uns selbst zu beruhigen und uns nicht in die Angst hineinzusteigern. Wir erleben dabei, dass ängstliche Erregung und körperliche Entspannung nicht gleichzeitig bestehen können. Und wir erfahren, dass wir unserer Angst nicht hilflos ausgeliefert sind, sondern selbst etwas tun können um sie zu reduzieren. Wir sind selbstmächtig, mächtiger als die Angst. Wir gewinnen die Kontrolle zurück. Diese positive Erfahrung kann dann zu häufigerem Durchführen eines gewünschten Verhaltens anregen, das wir bei Angst einsetzen. Übrigens, auch körperliche Aktivitäten wirken angstlösend.
 
Ich kenne Angst gut. Angst war der ständige Begleiter meiner Kindheit und in sehr belastenden Lebenssituationen meldet sie sich bisweilen zurück. Ich kenne ihre Ursachen und die Reize, die sie auslöst. Bei meiner Angst geht es immer um Todesangst, die dann in anderen Ängsten ein Behältnis sucht und Gestalt annimmt. Zu wissen woher die Angst kommt ist gut, aber auch ohne dieses Wissen, können wir mit unserer Angst arbeiten. Der erste Schritt ist: Unsere Angst zu akzeptieren. Nur was ich akzeptiere, kann sich wandeln.
Irgendwann hatte ich genug von meiner Angst. Ich war wütend, dass sie mir immer wieder das Leben schwer macht.
Mir wurde klar: Angst ändert rein gar nichts.
Die Dinge geschehen, mit und ohne Angst.
Und dann fragte ich mich: Willst du dein Jetzt an die Angst vergeuden?
Die Antwort ist ein klares „Nein!“
Ich habe nur dieses eine Leben und keine Ahnung wann und wie es endet.
Und ja, das macht mir Todesangst. Und die darf sein. Ich werde sterben, wie alle Menschen, das ist absolut sicher. Das muss ich akzeptieren und das heißt nicht, ich muss es gut finden, aber meine Angst ändert rein gar nichts daran.
Im Grunde geht es darum unsere Angst in unser Gefühlssystem zu integrieren und nicht mit Macht gegen sie anzukämpfen. Es geht darum die Angst anzunehmen und zu lernen, dass unser Angsterleben in unseren Händen liegt. 
 
 
Angelika Wende
Kontakt: aw@wende-praxis.de

Freitag, 21. März 2025

Damit es Dir besser geht

 


Alle Menschen, die ich im Laufe meiner Arbeit kennenlernen durfte und darf, sehnen sich danach, gesehen, gehört, verstanden, akzeptiert und geliebt zu werden.
Wir alle möchten uns verbunden fühlen mit uns selbst und miteinander. Wir möchten uns in Beziehungen sicher fühlen, geborgen, gehalten und geliebt. Wir möchten ankommen in unserem Körper, in unserem Sein und im gegenwärtigen Moment. Wir möchten im Frieden sein, mit uns selbst, miteinander und der Welt. Wir möchten frei sein von Ängsten und all dem Unheilsamem unserer Vergangenheit. All das beinhaltet die Sehnsucht nach Heilung, dem Zustand in dem wir uns ganz und angekommen fühlen. 
 
Aber nur wenige Menschen können sagen: Ich fühle mich heil, ganz und angekommen.
Die meisten von uns leben in dieser unerfüllten Sehnsucht und irgendwann halten wir das, was unheilsam ist, für normal. Wir leben ein Leben, das von Stress, Problemen, Sorgen, Unzufrieden, Trennung und Ängsten geprägt ist und immer mehr Menschen sind seelisch krank. Immer mehr Menschen sind vereinzelt. Sie leben allein, sind allein, finden keinen Partner, geschweige denn Liebe. Nicht in sich selbst und nicht in Beziehungen. Sie unterdrücken ihre Emotionen, leiden still unter ihren Verletzungen und sind nicht fähig sich ihren Gefühlen zuzuwenden, weil es weh tut, was sie fühlen. Gefühle werden unterdrückt, abgespalten, ignoriert und kompensiert.
Es wird ein Ersatzleben geführt, weil das wahre Leben so unerreichbar scheint. Dieses Ersatzleben ist schal und nicht erfüllend. Da ist eine innere Leere, die mit allem möglichen Kram gefüllt wird, und trotzdem bleibt dieser unstillbare Hunger nach wahrer Fülle. 
 
Aber wie diesen Hunger stillen?
Wie ein gelingendes Leben führen, geprägt von Verbundenheit, Mitgefühl, Akzeptanz, Respekt, innerer Freiheit, Liebe und Heilung?
Indem wir bei uns selbst anfangen.
Indem wir aufhören uns immer wieder unbewusst die gleiche Geschichte zu erzählen, von der wir glauben, dass sie die unsere ist.
Indem wir unsere Überzeugungen hinterfragen und erforschen woher sie kommen, um diese alte Geschichte loszulassen und eine neue zu schreiben.
Indem wir unsere blinden Flecken und impliziten Erinnerungen verstehen.
Indem wir unsere begrenzten Überzeugungen erforschen und uns selbst mit Neugier und Mitgefühl betrachten.
Indem wir die Anpassungen, die uns als Kind halfen zu überleben, erkennen und begreifen, dass sie uns heute schaden.
Indem wir uns selbst besser kennenlernen um Einblicke und Verständnis für die Zusammenhänge unseres Lebens bekommen, um mit aktuellen und zukünftigen Herausforderungen besser umzugehen.
Indem wir uns von selbstgeschaffenem Leid befreien und Einsicht, Klarheit und Wahlfreiheit in unserem Verhalten gewinnen.
Indem wir uns selbst sehen, hören, verstehen und fühlen.
Indem wir mit der Selbstbe-und Verurteilung aufhören.
Indem wir unsere Verletzlichkeit und unsere Ängste anerkennen und uns für unsere Emotionen öffnen, sie entdecken und sie ausdrücken.
Indem wir unsere unterdrückten Emotionen fühlen, ehren und integrieren.
Indem wir unsere Achtsamkeit stärken und Körperempfindungen und Gefühlen Aufmerksamkeit schenken.
Indem wir dazu fähig werden unseren mentalen Zustand zu verändern und lernen uns selbst zu regulieren.
Indem wir das, wonach wir uns sehnen, für uns selbst tun und es uns selbst geben.
Indem wir uns gut behandeln - mitfühlend, gütig, respektvoll und fürsorglich.
Indem wir uns selbst die liebevolle Zuwendung schenken, die wir uns von anderen wünschen.
Indem wir uns mit uns selbst verbinden und beschließen zu heilen, denn nur auf uns selbst haben wir Einfluss.
 
Das hört sich nach viel Arbeit an. Es ist viel Arbeit, aber für mich ist es eine wunderbare Arbeit. Für mich ist es die wahre Arbeit in diesem einen Leben, das wir haben, damit es ein Leben ist. Ein Leben in dem wir dort ankommen wo wir fühlen: Das bin ich – im hier und jetzt - und ich bin gut mit mir selbst.
Da anzukommen ist ein innerer Prozess. Er erfordert die Bereitschaft uns darauf einzulassen und ihn kontinuierlich zu verfolgen. Es ist ein Prozess, der nicht nur uns selbst dient, sondern uns allen – für eine bessere Welt.
Wo anfangen?
Zum Beispiel mit der Frage: Was kann ich tun, damit es mir besser geht?
 
 
Bist Du bereit für diesen Prozess?
Dann begleite ich Dich gern.
Ich freue mich sehr auf die Reise mit Dir – online oder vor Ort in Wiesbaden.
Mach den ersten Schritt. Kontaktiere mich zu einem kostenfreien Erstgespräch unter:
 
 
Angelika Wende

Donnerstag, 20. März 2025

Resilienz ist nicht unerschöpflich

 

                                                                  Foto: pixybay

 
Resilienz ist eine seelische Widerstandskraft, die uns hilft auch in schweren Zeiten Zuversicht zu behalten und auf uns selbst zu vertrauen, dass wir mit allem fertig werden.
Resilienz ist eine große innere Kraftquelle.
Aber auch diese Kraftquelle ist nicht unerschöpflich. Einmal resilient heißt nicht, auf immer und ewig resilient. Die Kraftquelle Resilienz kann versiegen, unter anderem dann, wenn wir zu viele negative Erfahrungen machen.
Negative Erfahrungen schwächen uns.
Je mehr negative Erfahrungen wir machen, desto mehr entzieht es uns Lebensenergie, um weitere negative Erfahrungen zu bewältigen, auch wenn wir wissen, dass wir es doch bisher immer geschafft haben. Die Dinge können sich ändern, auch der resilienteste Mensch kann irgendwann an seine Grenze kommen und zusammenbrechen. Die Quelle Resilienz kann sich im Laufe des Lebens erschöpfen. Schwere Verluste, gesundheitliche Einschränkungen und/ oder altersbedingte Umstände sind u.a. Gründe dafür. Grundsätzlich ist keine Energie der Welt ein Fass, aus dem wir unendlich schöpfen können. Irgendwann ist jedes Fass leer.
 
Aber nicht nur negative äußere Einflüsse und Erlebnisse, auch wir selbst können der Grund dafür sein, dass sich unsere Resilienz erschöpft und zwar indem wir beginnen aufgrund unserer negativen Erfahrungen, Verletzungen und Enttäuschungen, destruktive Glaubenssätze entwickeln.
Einer diese Glaubenssätze könnte sein: Egal, was ich mache, egal wie oft ich wieder aufstehe, das Leben zeigt mir, dass es keinen Sinn macht. Es wird nicht gut.
Ein anderer: Ich wurde zu sehr verletzt. Es reicht. Ich halte das nicht noch einmal aus. Ich lassen niemanden mehr an mich heran.
Solche Glaubensätze führen dazu, dass wir innerlich aufgeben.
Wir verlieren jede Hoffnung und resignieren. Uns erschließt sich kein Sinn mehr, warum wir zum hundertsten Mal kämpfen sollen. 
 
Negative Glaubenssätze schwächen uns von Innen.
Hinterfragen wir sie also.
Wie schwach bin ich wirklich? Wieviel Kraft habe ich wirklich?
Und wieviel Kraft hätte ich, wenn ich die Glaubenssätze, die mich schwächen, nicht unüberprüft glauben würde?
Es kommt bei diesen Glaubenssätzen darauf an, sie in Frage zu stellen. Es sind die richtigen Fragen, die wir uns stellen, die uns dazu verhelfen wieder neue Energie zu schöpfen, um das leere Fass zu füllen.
Nichts glauben.
Alles prüfen.
Nichts unüberprüft übernehmen.
 
 
Angelika Wende
Kontakt: aw@wende-praxis.de

Dienstag, 18. März 2025

„Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl ihm von deinen Plänen."

 
Foto: A.Wende

 
Das war mein Gedanke heute morgen, als ich wach wurde. Keine Ahnung warum, aber er war plötzlich in meinem Kopf. Vielleicht weil ich gestern ein Gespräch mit einem Menschen hatte, der mir von seinen exakt ausgearbeiteten Plänen für sein zukünftiges Leben erzählte.
Dieser Satz des christlichen Philosophen Blaise Pascal, spiegelt eine tiefere psychologische Wahrheit wider: unsere menschliches Bedürfnis, die Kontrolle über das eigene Leben und die Zukunft haben zu wollen. Wir Menschen haben ein starkes Bedürfnis nach Vorhersehbarkeit und Sicherheit. Wir machen Pläne, um Unsicherheiten zu minimieren und ein Gefühl der Kontrolle zu erlangen, was uns wiederum das Gefühl gibt die Dinge berechnen zu können und uns in Sicherheit zu wiegen. Doch das Leben ist unberechenbar, und unsere Pläne können durch äußere Umstände oder innere Veränderungen schnell obsolet werden.
 
Die Diskrepanz zwischen unseren Plänen, Erwartungen und der Realität kann zu enormem Stress führen.
Was, wenn der noch so gut ausgearbeitete Plan scheitert? Was, wenn wir Zeit, Energie und Geld investieren und am Ende doch nichts gewinnen? Was, wenn wir alles uns Mögliche tun um unseren Plan in die Realität umsetzen und er an genau dieser Realität zerschellt?
Dann sind wie enttäuscht und frustriert.
Pläne machen ist gut. Pläne haben ist gut. Sie geben uns eine Richtung, ein Ziel und vielleicht sogar einen Sinn. Aber wenn wir uns zu sehr auf unsere Pläne fixieren, laufen wir Gefahr, die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zu verlieren, die wir brauchen, um mit den Unwägbarkeiten, Brüchen und Herausforderungen des Lebens umzugehen. 
 
Das starre Festhalten an unserem Plänen kann immer auch zu einem Gefühl der Enttäuschung führen, wenn die Realität nicht mit unseren Erwartungen übereinstimmt. Diese Enttäuschung kann sich in Form von Frustration, Wut, Trauer oder sogar Resignation äußern, wenn uns etwas, das uns sehr am Herzen lag, nicht gelingt oder scheitert.
Je älter ich werde, desto weniger Pläne mache ich. Ich mache das, was wesentlich ist, Tag für Tag. Ich denke nicht mehr weit voraus, ich mache kurzfristige Pläne und setze mir kurzfristige Ziele. Ich habe wenig Erwartungen an andere und was die Zukunft angeht, weiß ich, dass ich nichts weiß. 
 
"Que sera, sera
Whatever will be, will be
the future's not ours to see
que sera, sera
what will be, will be ...", heißt es in einem Lied von Doris Day.
 
Wir können die Zukunft nicht sehen.
Wir können nur das Jetzt sehen und im Jetzt denken, fühlen und handeln und was wir im Jetzt tun, beeinflusst die Zukunft. Mehr nicht.  
Was dann in der Zukunft sein wird, darüber haben wir keine Kontrolle. Wir wissen nichts, nicht einmal, ob wir sie überhaupt erleben, wissen wir.
Unvorhersehbarkeit ist ein grundlegender Bestandteil des menschlichen Daseins. Ereignisse wie Naturkatastrophen, Krankheiten oder plötzliche Veränderungen im persönlichen oder beruflichen Umfeld können unsere Pläne und Erwartungen schnell durchkreuzen. Viele Aspekte unseres Lebens werden von Faktoren beeinflusst, die außerhalb unseres Einflussbereichs und unserer Kontrolle liegen, wie z.B. wirtschaftliche und politische Bedingungen, gesellschaftliche Veränderungen und das Verhalten anderer Menschen. Diese externen Einflüsse können unsere Pläne stark einschränken oder zunichte machen.
Auch unsere eigenen Gedanken, Emotionen, Glaubensätze und Überzeugungen können uns daran hindern, die Kontrolle zu haben. Ängste, Selbstzweifel oder destruktive Denkmuster können uns daran hindern, Entscheidungen zu treffen, Veränderungen herbeizuführen oder unsere Pläne umzusetzen. Diese Welt und wir selbst sind ein komplexes System, in dem viele Variablen miteinander interagieren. Diese Komplexität macht es schwierig, alle Faktoren zu berücksichtigen und die Auswirkungen unserer Pläne vollständig vorherzusagen.
 
Ich lebe lang genug um zu wissen, dass das Streben nach Kontrolle eine Illusion ist und dass das Leben in einem ständigen Fluss ist, in dem die Veränderung die einzige Konstante ist.  
Je flexibler wir sind, desto besser gelingt uns die Anpassung an Veränderungen. 
Die Akzeptanz, dass nicht alles planbar und kontrollierbar ist, die Fähigkeit mit Ungewissheit umzugehen, zeugt von Resilienz, Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, Fähigkeiten, die wir alle, gerade in dieser chaotischen Zeit, brauchen. Es befreit zudem ungemein unsere Pläne mit einer gewissen Lockerheit zu betrachten und offen für Möglichkeiten zu sein, das nimmt den Druck raus.
 
Der Satz: „Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähl ihm von deinen Plänen“, kann auch als Bewältigungsmechanismus dienen. Lachen, vor allem über uns selbst lachen zu können, ist ein psychologisches Werkzeug, das uns hilft, uns selbst und unsere Pläne nicht zu ernst zu nehmen und eine gelassenere Perspektive zu entwickeln. 
Wenn wir in der Lage sind über unsere Pläne und die Unvorhersehbarkeit des Lebens zu lachen, können wir eine gelassenere Einstellung zum Leben entwickeln. Wenn wir offen für das Unbekannte bleiben, können wir auch mit dem möglichen Scheitern besser umgehen.
Letztlich geht es darum die Balance zwischen dem Streben nach Planbarkeit und Kontrolle und der Akzeptanz von Ungewissheit zu finden. Indem wir lernen, flexibel zu sein und uns auf das zu fokussieren, was wir im Jetzt beeinflussen können, können wir ein entspannteres Leben führen, auch wenn wir nicht die Kontrolle über alles haben, nicht einmal darüber, ob wir Gott zum Lachen bringen. 
 
„Die ganze Zukunft liegt in der Ungewissheit: Lebe sofort."
 Seneca
 
Angelika Wende
Kontakt: aw@wende-praxis.de

Donnerstag, 13. März 2025

Aus der Praxis: Die Verbindung zwischen Verlassenheit und Todesangst

 



Mein Klient fühlt sich verlassen. Er hat keine Beziehung, keine Freunde und ist kinderlos. Bisher hatte er damit kein Problem, er hatte seine Arbeit, die ihn ausgefüllt hat. Jetzt ist er in Rente gegangen und seither plagt ihn das Gefühl der Verlassenheit. Er verbringt die meiste Zeit mit sich allein. In letzter Zeit überfällt ihn eine große Todesangst, die ihn schwer belastet und lähmt.

 

Das Gefühl der Verlassenheit hat viele Ursachen und ist mit unseren emotionalen und psychologischen Erfahrungen verbunden.  

Trennungen, der Verlust eines geliebten Menschen oder das Fehlen von sozialen Kontakten, können starke Gefühle der Einsamkeit und Verlassenheit hervorrufen. Physische oder emotionale Isolation, sei es durch Umzüge, Veränderungen im sozialen Umfeld oder persönliche Umstände, können dazu führen, dass wir uns verlassen fühlen. Manchmal kann das Gefühl der Verlassenheit auch aus inneren Konflikten oder einem Mangel an Selbstwertgefühl resultieren. Menschen, die sich selbst als wertlos, anders oder unzulänglich empfinden, glauben, dass andere sie nicht brauchen oder schätzen. Besonders frühe Erfahrungen von Verlust, Missbrauch und Traumata können tiefe emotionale Narben hinterlassen und das Gefühl der Verlassenheit bewirken. Manchmal kann das Gefühl der Verlassenheit auch aus tiefergehenden existenziellen Überlegungen resultieren, etwa der Frage nach dem Sinn des Lebens, der eigenen Identität oder des Gewahrseins des Sterbens und des Todes.

 

Es gibt eine Verbindung zwischen Verlassenheit und Todesangst

Das Gefühl der Verlassenheit kann dazu führen, dass wir verstärkt über das Leben, den Tod und den Sinn unseres Daseins nachdenken. Diese Gedanken können Ängste auslösen, besonders wenn wir allein sind und keinen Halt in anderen haben. Der Tod ist für viele Menschen ein angstbesetztes Thema, das die meisten Menschen verdrängen. Wenn wir uns verlassen fühlen, kann sich die Angst vor dem letzten großen Unbekannten verstärken. Wir begreifen, dass wir am Ende allein sind. Verlassen, niemand auf den wir zählen können, niemand, der uns zur Seite steht. Dieses Erkennen führt zu Angst vor dem Verlust von Kontrolle und Sicherheit. Wenn wir in der Vergangenheit traumatische Erlebnisse hatten, die mit Verlust oder Verlassenheit verbunden sind, können diese Erinnerungen in schwierigen Zeiten wieder hochkommen und die Angst verstärken. Wir stehen der Erfahrung der existenziellen Isolation gegenüber, wie mein Klient. 

 Er fühlt sich in einem derart bedrohlichen Ausmaß allein und verlassen, dass er Todesängste entwickelt. Der Tod als letzte Verlassenheit – verlassen vom Leben. Niemand, der ihn auf seiner letzten Reise begleiten wird, niemand, der ihm die Hände hält, niemand, der ihn vermisst und betrauert. Diese Gedanken überfallen ihn mit ganzer Wucht. Er fühlt sich machtlos ihnen gegenüber und die tiefe Einsamkeit, die ihn befallen hat, verstärkt das Gefühl. Er fühlt sich abgetrennt von den Menschen und der Welt und kann an nichts anderes mehr denken als an seine Auslöschung. „Es ist unheimlich, so als löse sich alles um mich herum auf und ich mich mit“, sagt er.  

 

Je mehr er daran denkt, desto größer wird die Angst und er wird immer handlungsunfähiger. Seine Wahrnehmung richtet sich nur noch auf das Dunkel und verdunkelt sein Leben. Nichts macht ihm mehr Freude, an nichts hat er mehr Interesse, die Angst blockiert jedes helle Gefühl, wird zum Herrscher seiner Tage. Er lebt in der Isolation und sieht keinen existenziellen Sinn mehr. „Die Welt hat mir nichts mehr zu bieten“, sagt er. 

 

Die Angst, die Ohnmacht und die Isolation, die Einsamkeit, die Leere und die Hilflosigkeit, geboren aus der Annahme – die Welt habe ihm nichts mehr zu bieten - verstärken sein Dilemma. Es ist seine emotionale Antwort auf die existenzielle Verlassenheit, die uns alle irgendwann erfassen kann. Sie basiert auf dem Wissen unserer Endlichkeit. Wir stehen radikal uns selbst gegenüber. Wir begreifen, dass wir auf dem den letzten unserer Wege allein sind. Aber bis dahin müssen wir es nicht sein.

 

„Die Welt hat mir nichts mehr zu bieten“. 

Hier ist ein möglicher Ansatz, indem wir diesen Satz umformulieren: 

„Was habe ich der Welt noch zu bieten?“

 

 

„Wenn man in seine eigenen leeren Räume hineinfällt, wird die Welt plötzlich unvertraut.“

Yrwin D. Yalom

 

 

Montag, 10. März 2025

Nichts bringt uns auf unserem Weg besser voran als eine Pause

 


Der Verlust der Lebenskraft ist ein tiefgreifendes Erleben, das sich wie ein schwarzes Tuch über die Seele legt. Die Farben des Lebens verblassen, wir sind müde und kraftlos, wir fühlen uns schwer und zugleich leer - eine Leere, die der Verlust hinterlässt. 
Es ist der Verlust von Energie und Motivation, es ist das Gefühl, dass ein Teil von uns selbst auf dem Weg verloren gegangen ist. Unsere Träume sind nur noch blasse Erinnerungen. Die Dinge, die uns einmal Freude bereitet haben, fühlen sich fremd an und unerreichbar, und wir fragen uns, ob wir jemals wieder die Kraft finden werden ein erfülltes Leben zu leben.
Wir leben, wir atmen ein und aus, aber auch die Luft scheint schwer und leer. Jeder Schritt ist eine Herausforderung und das Lächeln, das wir aufsetzen, wird zur Maske. Wir funktionieren, machen, was zu tun ist wie ein Automat. Die innere Leere wird von einem tiefen Schmerz begleitet, der uns daran erinnert, was wir verloren haben – die Unbeschwertheit, die Leichtigkeit, die Zuversicht, den Sinn und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Wir sind müde, vielleicht sogar menschenmüde, müde von den anderen und müde von uns selbst und den ewigen Anstrengungen und Kämpfen – innen und außen.
Wenn wir uns so fühlen, ist es Zeit innezuhalten und zu reflektieren. Zeit, uns nicht weiter anzutreiben, nicht noch mehr Lebenskraft zu vergeuden, sondern eine Pause zu machen.
 
„Nichts bringt uns auf unserem Weg besser voran als eine Pause“, schreibt die Dichterin Elizabeth Barrett Browning.
 
Wir machen eine Pause, um uns auszuruhen, um uns mit uns selbst zu befassen, um herauszufinden was uns die Lebenskraft raubt, wo wir sie sinnlos hineingießen und kostbare Lebenstropfen für etwas opfern, was es nicht wert oder vergeblich ist. Eine Pause um Unverarbeitetes zu verarbeiten, um unsere wahren Bedürfnisse und Ziele zu erkennen und sie endlich ernst zu nehmen. Eine Pause, um in die Stille zu gehen, um in der Stille die leise Stimme unserer Sehnsüchte und Träume hören zu können. Eine Pause um die einfachen kleinen Dinge zu entdecken und ihren Wert wieder schätzen zu lernen, den Duft von frischem Kaffee am Morgen, das Lachen eines geliebten Menschen, die Schönheit der Natur. Und vielleicht entdecken wir sie wieder - die Schönheit des Lebens, unsere Leidenschaften und unsere Kreativität und wir kommen in wieder in Bewegung. 
 
Der Verlust der Lebenskraft ist niederdrückend, doch dieses tiefgreifende Erleben kann auch der Beginn einer heilsamen Transformation sein. Wenn wir bereit sind, uns uns selbst radikal ehrlich zu stellen und uns selbst zugestehen, was wir wirklich wollen, wenn wir den den Mut finden wieder zu leben, kann die Lebenskraft, die wir glaubten verloren zu haben, auf eine neue, tiefere Weise in uns zurückkehren. In diesem Prozess können wir lernen, dass das Leben, trotz aller Herausforderungen und Krisen, immer noch ein kostbares Geschenk ist.
 
„Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“
Theodor W. Adorno 
 
Angelika Wende
Kontakt: aw@wende-praxis.de

Sonntag, 9. März 2025

Hilfreiches um mit den dynamischen Energien dieser Zeit besser umzugehen

 



Bleib geerdet: Wenn im Außen das Chaos herrscht, ist es wichtig, geerdet zu bleiben. 
Finde heraus, was dich erdet.
 
Bleib in der hellen Energie: "Die Weisheit lebt im Licht", schrieb Rudolf Steiner. Lass dich nicht von den dunklen Energien dieser Zeit manipulieren, verängstigen und runterziehen. Lerne zu unterscheiden, wer oder was dir schadet, wer es gut mit dir meint und was heilsam ist. Vertraue deiner Intuition. Umgib dich mit Menschen, die dich lieben und wertschätzen. Übe dich in Selbstfürsorge und tu Dinge, die heilsam sind und dir gute Energie schenken.
Bleib im Vertrauen auf die Kraft des Guten. 
 
Sei achtsam, zentriert, klar und fokussiert: Veränderungen können beängstigend und überwältigend sein. Um achtsam und klar zu bleiben helfen Atem-und Achtsamkeitsübungen, Meditation, Journaling und alles, was emotionalen Stress reduziert.
 
Sprich über deine Ängste und Gefühle: Das hilft dich emotional zu entlasten und dich besser zu fühlen, wenn du traurig, wütend oder ängstlich bist. Wenn wir über unsere Gefühle sprechen, kann das nicht nur helfen, uns selbst und die Situation besser zu verstehen, es verbessert auch unsere Beziehungen. Einem vertrauten Menschen zu erlauben an unseren Gefühlen teilzuhaben, zeigt unsere Wertschätzung und unsere Zuneigung. 
Mach dir bewusst: Alles was sich nicht ausdrückt, drückt sich ein.
 
Zuversicht und Gleichgewicht: Es ist gut, zuversichtlich zu sein, aber es ist ebenso wichtig, den Bezug zur Realität nicht zu verlieren. Stell sicher, dass deine Pläne und Ziele auf einer soliden umsetzbaren Grundlage basieren.
 
Sei offen: Sei offen und empfänglich für neue Gedanken, Ideen, Erfahrungen und Menschen. Hab den Mut über den Tellerrand hinauszublicken, unkonventionelle Ideen und Möglichkeiten in Betracht zu ziehen und Neues auszuprobieren.
 
Sammle Wissen: Vermeide einseitige Informationen und Informationen, die nur eins wollen: Dir Angst machen. Mach dir ein Bild vom Ganzen. Übe komplexes Denken. Kontinuierliches Lernen und Wissen helfen dabei Herausforderungen als Chancen zu betrachten. Das kann helfen, auch in Zeiten der Unsicherheit Ruhe zu bewahren und zu wachsen.
 
Erlange Selbstkenntnis: Strebe nach Selbstkenntnis. Kümmere dich um deine emotionalen und seelischen Baustellen und sei offen für deine innere Wahrheit. Je besser du dich selbst kennst und je klarer du in deiner Wahrheit bist, desto selbstsicherer und selbstbewusster bist du. Je selbstbewusster du bist, desto freier bist du innerlich und desto weniger manipulierbar bist du.
 
Digital Detox: Die Informationsflut, der hohe Medienkonsum und das Gefühl, immer erreichbar sein zu müssen, machen Stress. Digitaler Dauerkonsum von Bildern, Videos und Texten führt dazu, dass das Gehirn keine Ruhephasen mehr hat.
Die Folge dieser Reizüberflutung: die Konzentrationsfähigkeit lässt mehr und mehr nach und es wird immer schwieriger uns auf bestimmte Aufgaben zu konzentrieren.
Eine digitale Entgiftung hilft unserem Gehirn und unserer Seele, auch wenn sie nur kurzzeitig ist, wieder zur Ruhe zu kommen.
Geh so oft du kannst, bewusst offline.
Lies wieder mal ein Buch und triff dich öfter mit Menschen. Wende deine Aufmerksamkeit vermehrt der realen Welt zu. 
Mach dir bewusst: Das Internet ist nicht das wahre Leben!
 
Unterstütze andere und tu Gutes: Anderen Menschen zu unterstützen ist Sinngebung und Selbsttranszendenz. Wer anderen hilft, tut nicht nur seinen Nächsten etwas Gutes, sondern fördert sein emotionales und geistiges Wohlbefinden. Wenn wir etwas Gutes tun, um anderen Menschen zu helfen, schüttet der Körper Glückshormone aus, die positive Emotionen hervorrufen. Außerdem hilft es, unsere eigenen Probleme einmal zu vergessen, wenn wir andere unterstützen. 
 
Such dir selbst Unterstützung, wenn es dir nicht gut geht: Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke, dir Hilfe zu holen, wenn du alleine nicht weiterkommst.
 
Bleib in deinem Einflussbereich. Kümmere dich um das, was du beeinflussen kannst und verschwende keine kostbare Energie auf das, was du nicht beieinflussen kannst. 
 
Würdige deine Fortschritte: Jeder Fortschritt, den du würdigst, stärkt deine Motivation, dein Selbstbewusstsein und deine innere Stärke. 
 
"Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt."
Mahatma Gandhi 
 
Namasté Ihr Lieben.
 
Angelika Wende
Kontakt: aw@wende-praxis.de