Freitag, 19. September 2025

Confirmation Bias oder: was ich glaube, muss so sein und das bestätige ich mir immer wieder

 


Confirmation Bias, zu deutsch: Bestätigungsfehler nennt man in der Psychologie die Tendenz Situationen, Dinge und Informationen so wahrzunehmen, zu deuten und zu interpretieren, dass sie dem, was wir glauben und dem, was wir erwarten, entsprechen.
Alles, was dem widerspricht, schätzen wir als falsch ein oder sehen es erst gar nicht. Bestätigungsfehler sind eine Form der kognitiven Verzerrung und wir alle sind nicht frei davon.
Je öfter unsere Wahrnehmung nach Bestätigung sucht, desto enger wird unser Denkrahmen. Das kann soweit gehen, dass wir einen Tunnelblick entwickeln und nur noch sehen, an was wir glauben, auch wenn uns die Realität immer wieder das Gegenteil beweist. Unsere Wahrnehmung wird selektiv, alles was sie nicht betätigt, blenden wir unbewusst aus oder gegen dem keine Bedeutung, auch wenn es sinnvoll und hilfreich wäre.
 
Ein Beispiel: Eine Frau ist davon überzeugt, dass an ihr nichts liebenswert ist. Sie nimmt nur das wahr, was diese innere Überzeugung bestätigt. Sie fühlt sich nicht gesehen und wenn dann fühlt sie sich zurückgewiesen, abgewertet oder angegriffen. Schon das kleinste unfreundliche Wort, ein neutraler Blick oder eine wohlwollend gemeinte Kritik, deutet sie als Bedrohung, die ihr bestätigt: Du bist nicht liebenswert. Freundliche Zuwendung oder positive Begegnungen, nimmt sie gar nicht wahr. Macht man sie darauf aufmerksam, winkt sie ab, mit einem: Das kann nicht sein.
Ihre innere Überzeugung: „ich bin nicht liebenswert“, muss, aus einem Grund, den es herauszufinden gilt, aufrecht erhalten bleiben. 
 
"Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!“
Dieser Satz aus dem Gedicht „Die unmögliche Tatsache“ des Dichters Christian Morgenstern beschreibt sehr gut, dass Dinge, die unserer Wahrnehmung nicht entsprechen, auch nicht existieren dürfen.
Wenn wir selektiv wahrnehmen sehen wir nur einen Ausschnitt von Welt und zwar genau den, an den wir glauben. Wir bemerken viele Situationen, in denen die Welt anders ist als in unserer Vorstellung, gar nicht. Das bedeutet nicht, dass es diese Situationen nicht gibt, wir nehmen sie einfach nicht wahr, sie fallen uns nicht auf, weil sie unserem Bild von Welt oder unserem Glauben über uns selbst und unseren Ansichten nicht entsprechen. Dafür fallen uns Situationen, die unsere Sicht von Welt bestätigen und untermauern, verstärkt auf. Es gibt nur schwarz oder weiß, die Mitte existiert nicht. Und so leben wir in einer Filterblase, was dazu führt, dass wir nichts dazulernen, unsere Meinung nicht ändern, nichts tief reflektieren, nicht offen für Möglichkeiten sind, geschweige denn fähig auszudifferenzieren oder komplex zu denken. 
 
Wir ordnen die Welt so wie wir sie sehen und so erleben wir sie.
Einerseits ist es wichtig die Welt zu ordnen um ein Gefühl von Sicherheit und Orientierung zu erlangen, um uns im Leben zurechtzufinden. Kommt es aber durch eine verzerrte Wahrnehmung dazu, dass wir nur noch sehen, was wir sehen können, bzw. sehen wollen, ist das nicht hilfreich – es kommt zur Realitätsverzerrung. 
 
Je eingeschränkter unsere Perspektive ist, desto eingeschränkter und enger wird unser Denkrahmen, auch in Bezug auf uns selbst. Wir sind nicht fähig zu einer Veränderung.
Viele Menschen, die zu mir kommen, kommen weil sie sich eine Veränderung wünschen. Aber was ist damit gemeint? In den meisten Fällen geht es dabei um den Wunsch nach Wiederherstellung eines Zustandes in dem sie sich einmal wohl gefühlt haben. Es soll wieder gut werden, so gut wie es war, bevor es ungut wurde. Aber so funktioniert Veränderung nicht. Veränderung ist nicht Wiederherstellung. Veränderung ist vielmehr die Wandlung unserer Wahrnehmung und das bedeutet unter anderem: Wir geben unsere selektive Wahrnehmung auf und öffnen uns für einen neuen Blick auf die innere und äußere Welt. Wir lösen uns vom Automatismus unsere alten Überzeugungen bestätigen zu wollen und öffnen uns für Neues – anstatt unbewusst zuzumachen, machen wir bewusst auf. 
 
Wenn wir lernen uns selbst und die Dinge anders wahrzunehmen, verändert sich unsere innere Struktur und damit unser So-sein und unser In-der-Welt- sein. Wie sehen und erleben andere Dinge und sind in der Lage anders zu reagieren und handeln. Und - wir fühlen uns anders, im besten Falle freier. 
 
 
Angelika Wende
Kontakt: aw@wende-praxis.de

1 Kommentar:

  1. Situationen nicht gibt, wir nehmen sie einfach nicht wahr, sie fallen uns nicht auf, weil sie unserem Bild von Welt oder unserem

    Ποιοι παράγοντες διαμορφώνουν αυτή την ικανότητα;

    AntwortenLöschen