Freitag, 31. Dezember 2010

Wieder ein Jahr ...

Wieder ein Jahr vergangen.
Ein Jahr in das mehrere Jahre gepasst hätten.
Zu viel von Allem und doch zu wenig.

Ein Jahr in dem ich verloren und gewonnen habe.
Kleine Siege und große Niederlagen und all die Kämpfe mit mir selbst.

Ein Jahr in dem ich geweint habe und gelacht ... auch das.
Ein Jahr der müden Langeweile inmitten von Unruhe, Chaos und Umbruch. Brüche, Scheitern, Verluste, ein weiterer Knacks.

Ein Jahr der Ohmacht und der Hoffnung. Die für Pessimisten ist. Zuversicht klingt besser.

Ein Jahr des Trennens von Altem, Überholtem und der Einsicht, dass ich mit dem Wort "Freund" noch vorsichtiger umgehe.

Ein Jahr des Rückzugs und des Nachdenkens. Nähe zu mir selbst lernen und mich lieben üben mit allem was mich ausmacht.

Wieder ein Jahr vergangen.
Ein Jahr das mit Vorsätzen begann, in einer Silvesternacht, mit Wünschen und Träumen und kleinen Visionen, wie all die Jahre zuvor.

Ein Jahr, das bei allem, was es mir nicht schenkte, bei allem, was es mir nahm, bei allem, was es mir gab, ein Jahr Leben war.

Ein gutes Jahr also ...



Donnerstag, 30. Dezember 2010

Das kleine große Glück

Es ist die Tragik der Wissenden, wenn sie das strahlende große Glück, die tiefe Liebe, das absolute Einverständnis mit dem was ist, einmal besessen haben und es dann doch wieder vergagangen, dass sie ein vergleichsweise kleines Glück nicht groß glücklich machen kann.

Das ist das eine ...

Das große Glück dankbar in der Schachtel der Lebenserinnerungen aufzubewahren und es von Zeit zu Zeit in Demut für das Erhaltene herauszuholen und seinem Glanz noch einmal nachzuspüren, ist Augenblicksglück in Zeiten der Dunkelheit der Seele.

Das ist das andere...

Mittwoch, 29. Dezember 2010

ENT -TÄUSCHUNGEN

Es gibt keine Sicherheit, keine Verlässlichkeit im Leben.

Uns begegnet immer wieder, bei allem Schönen und Erfüllenden, die Beimischung des Unerwartbaren, die Unberechenbarkeit, der Irrtum.

Aus diesem Blickwinkel gestaltet sich als finale Gesetzlichkeit das Leben als ein Weg voller Enttäuschungen.

Aber sie sind genau betrachtet, Ent - Täuschungen.

Was wir als schmerzlich erleben, will eigentlich nur heilen.


Niemand und nichts kann uns enttäuschen. Wir selbst sind es, die sich getäuscht haben.

Sonntag, 26. Dezember 2010

Rosa

Rosa
den weiblichen Säuglingen zugedacht,
Zartheit und Heckenrosenduft ...

Grau

Grau,
wie dichter Nebel, der alles überdeckt,
grau wie das Blei, das schwer macht und vergiftet,
grau wie die Tage,
die in der Abwesenheit von Liebe vergehen ...

Lila

Lila,
der letzte Versuch,
nicht Blau, nicht Rot
ein Niemandsland ...

Türkis

Türkis,
wie der meeresblaue Streifen des Regenbogens,
wo kein Raum ist für schwarz und grau,
wo die Hoffnung sich über den Regen erhebt.

Blau

Blau,
die Farbe des Meeres,
Himmel, der sich darüber breitet,
Sehnsucht, die tief ist,
tief und blau wie das Meer
unbewegt
dem Ertrinkenden gegenüber ...

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Weihnachtsgedanken


Was ist das, dass ich in der Weihnachtszeit noch nachdenklicher, noch dünnhäutiger und noch melancholischer werde? Was ist das, was mich an all die Menschen denken lässt, die ich liebe, die ich geliebt habe und sie mehr als sonst vermisse? Was ist es, das mich mit Gefühlen der Traurigkeit und der Hilflosigkeit an all die denken lässt, denen es nicht gut geht? Was ist es, was in mir diese sentimentale Stimmung macht?

Ganz gleich wie sehr ich mich dagegen zur Wehr setze, meine Bemühungen mich auf Weihnachten zu freuen sind alle Jahre wieder erfolglos. Es holt mich ein mein trauriges Weihnachtsgefühl, es lässt sich nicht ignorieren. Etwas in mir fühlt so, ob ich will oder nicht. Es ist da, dieses Etwas, das mich noch sehnsüchtiger, noch mitfühlender, noch trauriger macht als in irgendeiner anderen Zeit im Jahr. Es ist da, weil sie in mir ist, die Sehnsucht nach Frieden, weil ich mir, wie viele andere Menschen auch, Frieden und Liebe wünsche unter den Menschen, in meiner kleinen Welt und auf diesem Planeten.

Weihnachten ist die Zeit der Geburt Jesus, der kam und zeigte, wie ein Blitzlicht, für einen Moment in der Zeit, was ein Mensch sein könnte. Es ist dieses Blitzlicht, das an Weihnachten aufleuchtet, heller als im übrigen Jahr. 

Vielleicht geht es anderen auch so, vielleicht wissen sie, es sind nicht die Dinge, die wir kaufen und verschenken, es sind auch nicht der Gänsebraten und der schwere Rotwein, die uns dieses seltsam milde Gefühl verschaffen, das wir teilen möchten. Es sind die Menschen, die wir lieben, mit denen wir diese Zeit verbringen und uns freuen, dass sie da sind, wissend, dass es nicht selbstverständlich ist, dass sie unser Leben begleiten und es reicher machen. Bei aller Schenkerei ist es da, das Wissen, dass diese Menschen das wertvollste Geschenk sind, das wir haben und dass es nicht käuflich ist.

Aber es gibt auch diejenigen unter uns, die niemanden zum Lieben haben, niemandem zum Teilen, nicht in der Vorweihnachtszeit und nicht an diesem 24. Dezember. 

Da ist die alte Frau in der Nachbarschaft, deren Familie irgendwo ist, nur nicht bei ihr. Da sind die Menschen, die verlassen wurden von einer Liebe, da sind Mütter und Väter, die sich ihre Kinder teilen müssen über die Weihnachtstage, zersplitterte Teile eines Ganzen. Da sind Kinder, die sich von ihren Müttern oder ihren Vätern abgewendet haben, das sind die Menschen, die in Kinder- und Jugendheimen sind, in Gefängniszellen und in Krankenhäusern. Da sind die, die Kriege machen und die, die darunter leiden, da sind die, die auf den Tod warten und die, die Hunger haben und keinen Platz, wo es warm ist und feierlich. 

Und ich frage mich, was geht in diesen Menschen vor? Wieviel Einsamkeit müssen sie fühlen, wieviel Schmerz und wieviel Ohnmacht? Und auch wenn ich weiß, dass meine Ohnmacht und mein Schmerz überhaupt nichts an ihrem Leben ändert, mein Schmerz legt sich zu ihrem Schmerz, weil all das auch in mir ist. Ich weiß, dass ich daran nichts, aber auch nichts ändern kann, dass es völlig sinnlos ist mich mit diesem fremden Schmerz zu beschäftigen, weil ich nichts für diese Menschen tun kann. Aber er ist da, in einem Teil von mir. Und wenn ich mich in meiner kleinen Welt umsehe, sehe ich auch da so viel Unfrieden in Beziehungen und Familien, so viel Krieg und Unversöhnlichkeit, so viel was nachgetragen wird und nicht verziehen. Und ich denke, alle schreien nach dem Weltfrieden und nach der Liebe und schaffen es nicht einmal Frieden, Liebe und Güte in ihr eigenes Leben zu bringen. Auch ich schaffe es nicht, denn ich habe keine Macht über andere Menschen. Ich kann nur versuchen den Frieden in mir selbst zu finden. Und für Momente gelingt es mir, denn mitten in all diesen unguten Gefühlen ist auch ein gutes Gefühl von Dankbarkeit, weil ich weiß, dass die Menschen, die ich liebe, auch wenn sie nicht bei mir sind, an diesem 24. Dezember nicht leiden müssen, außer an sich selbst. Tja, und jetzt ist der Moment schon wieder vorbei.









Mittwoch, 22. Dezember 2010

Loslassen

Immer wieder beschäftigt mich der Gedanke was bedeutet es nicht loslassen zu können und wie lerne ich loslassen.


Loslassen ist das Gegenteil von Festhalten.


Was bedeutet Festhalten?

Es bedeutet:

Festhalten an Dingen und Menschen, die waren. Festhalten an der Vergangenheit. Festhalten an Überzeugungen, Festhalten an Zielen. Festhalten an Enttäuschungen. Festhalten an dem, was nicht mehr zu ändern ist. So in etwa ist Festhalten.


Was bedeutet dann Loslassen?

Vielleicht bedeutet es einfach im Hier und Jetzt zu leben. Einverstanden sein mit dem, was Jetzt ist. Egal wie es jetzt gerade ist.


Ich lebe jetzt in diesem Moment. Die Vergangenheit ist unveränderbar, die Zukunft eine unbekannte Größe. "Der Mensch denkt und Gott lenkt", oder das, was größer ist als wir.


Wir planen und haben Ziele und dann kommt alles anders als gedacht. Nur was jetzt ist, kenne ich. Nicht fähig zu sein im Hier und Jetzt zu leben, heißt den Ist -Zustand nicht akzeptieren zu können. Es bedeutet immer in der Zukunft zu leben oder in der Vergangenheit.


Aber das Leben findet nicht in der Vergangenheit statt und es findet auch nicht in der Zukunft statt.


Das Leben findet jetzt statt, genau in diesem Moment.

Das Leben ausserhalb des Hier und Jetzt ist nämlich total unsicher. In jedem Augenblick kann alles anders sein. Ausserhalb des Hier und Jetzt gibt es keine Sicherheit.


Vielleicht bedeutet Loslassen nichts anderes als zu erkennen: Es genügt zu leben, jeden Augenblick und sich keine Fragen zu stellen was morgen ist.

Denn wer weiß das schon ...


Dienstag, 21. Dezember 2010

Eier abschneiden, oder über die Natur des Bösen

Vom Bösen sprechen bedeutet von der Gefährlichkeit des Menschen für den Menschen sprechen. Wenn wir verstehen wollen, warum Menschen anderen Menschen "Böses" antun, müssen wir uns mit dem auseinandersetzen, was wir in uns selbst verabscheuen. Diesen Teil von uns wollen wir nicht sehen. Wir neigen dazu ihn zum Schweigen zu bringen, indem wir den bösen Fremdem "vernichten", weil er uns ähnlich ist.

Doch die Neigung zum Bösen entspricht der Natur des Menschen. Es ist eine Empfindung wie das Gute. Das Böse ist das, was uns nicht lieb ist. Wir spalten es ab.

Ob Völkermorde, Gewaltverbrechen, die alltägliche Demütigung von Kindern durch ihre Eltern, von Frauen durch Männer - und das sind nur Beispiele für Hass und Gewalt - alle haben eine Gemeinsamkeit: das Gefühl, das sie erzeugen: das Gefühl der Abscheu vor dem anderen, dem Fremdem, der Böses tut.

Die mit dem Finger auf das Böse zeigen, sehen sich selbst als "gute" Menschen. Das böse Gegenüber verdient ihres Erachtens diese Bezeichnung nicht. Der andere wird zum Unmenschen degradiert, zum wertlosen, schlechten Subjekt, das nichts Gutes mehr verdient, nicht einmal eine Chance es zu versuchen. Es ist als würde man sich durch diese Anklage selbst reinigen.

Indem man andere als böse bezeichnet, befreit man sich vom Verdacht des eigenen Schmutzigseins.

Das Sauber sein, das Gutsein wird auf diese Weise zum Unterscheidungsmerkmal vom "Nichtmenschen". Dieser wird nicht einmal mehr in seiner individuellen Menschlichkeit wahrgenommen. Er wird vernichtet, ausradiert, zum Teufel gemacht. Er gehört nicht mehr zur Gruppe Mensch. Er wird zum Subjekt des Hasses. "Aufhängen!", "Eier abschneiden!", wie oft hören wir das, wenn ein Täter nicht die von der Gruppe als gewünscht gerechte Strafe bekommt.

Die Gruppe der "Guten" mit ihren individuellen Mitgliedern solidarisiert sich. Im Kollektiv verschwinden die konkreten Gefühle des Einzelnen, seine Einstellungen, Moral und Ethik aus dem Blickfeld. Die Persönlichkeit wird auf eine einzige Eigenschaft reduziert: die Zugehörigkeit zur Gruppe und ihren Zielen. Besonnenheit und Empathie verschwinden.

Besonnenenheit, die Fähigkeit zu reflektieren, die Fähigkeit zur Empathie ist eine Grundanlage des Menschseins. Letztere ist abhängig von den Spiegelneuronen im menschlichen Gehirn. Frauen haben mehr als Männer, Gewalttäter, nach einer Untersuchung des Hirnforschers Gerhard Roth, weniger davon. Das nur nebenbei.

Empathie ist die Schranke zur Unmenschlichkeit. Diese zu übertreten ist in der Gruppe leichter.

In der Gruppe verliert der Mensch seine moralischen Hemmungen. Die Gruppe, stets angeführt von einem Ersten, der Impulse setzt, der agiert, baut sich ein gemeinsames Feindbild auf. Gerichtet auf das Fremde, auf dessen Unreinheit, dessen Böses, verfällt der Mensch in die Projektion. Er hat endlich ein Aussen, in das er das eigene Fremde, das eigene Böse und die eigene Wut auf die eigene Unreinheit ergießen kann. Carl Gustav Jung nannte das: die Projektion des Schattens auf das Gegenüber mit dem Ziel das eigene verdrängte Dunkle, Böse nicht sehen zu müssen.

Hitler war ein Meister der Instrumentalisierung diese Phänomens der menschlichen Unterbewussten. Er machte die Juden zum bösen Fremden, das sein Volk zersetzen würde. Er schuf ein kollektives Feindbild um ein Kollektiv zu beherrschen. Die Masse der Deutschen wurde zu Mittätern.

Das ist Geschichte? Nein, es funktioniert noch heute. Heute ist es ein Sarrazin, der Migranten zum Feindbild erhebt, heute sind es Gruppenzusammenläufe, die sich einen Feind aussuchen, um all das eigene Abgespaltene abzugeben. Das Ziel: In der Gestalt des Feindes kann man den eigenen abgewiesenen Teil des Selbst, das eben nicht rein und gut ist habhaft werden.

Um sich auf diesem Weg vom verbotenen Eigenen zu befreien beschwören solche Menschen den Gehorsam. Eine teuflische kollektive Psychose, die zum Selbstverrat des Menschlichen führt und zur inneren Entfremdung des Individuums.

Fremdenhass hat auch immer mit Selbsthass zu tun. Indem wir den anderen "töten" töten wir die Menschlichkeit in uns selbst.

Unter dem Deckmantel einer Law and Order Gesellschaft, die Gehorsam, Moral und Macht glorifiziert, wird der Mensch zum freiwilligen Knecht, im Zweifel zum Schergen einer faschistischen Ideologie. Das beschrieb schon der Philosoph Ètienne de la Boétie im Jahr 1550. Zitat:" Sie leiden darunter Knecht zu sein, aber diese Verlorenen, diese von Gott und den Menschen Verlassenen lassen sich das Unrecht gefallen und geben es nicht dem zurück, er es ihnen antut, nein, sie geben es an die weiter, die darunter leiden, wie sie und sich nicht helfen können."

Auf diese Weise funktioniert die Identifikation mit dem Agrressor, dem, der das Feindbild aufbaut. Mit dieser Identifikation fällt der Mensch jedoch nicht nur auf seine eigenes inneres Nichtgutsein zurück, sondern auch auf die Wunden, die Verletzungen, die Demütigungen, die ihm im Laufe seines Lebens zugefügt wurden. Verletzungen, die er vermeidet wahrzunehmen, vermeidet zu fühlen, denn die Ohnmacht auszuhalten ist unerträglich. Also spaltet er ab und übt den Gehorsam, den ihm die Idealisierung der Macht auferlegt, aus dem einen Grunde - um seine scheinbare Integrität zu sichern.

Wer will schon hinschauen auf das eigene Schlechte?

Es schmerzt. Zudem wäre es ein Verstoß gegen das Gebot des Gehorsams, das die Idealisierung der Macht ihm auferlegt.

Der lebenslange Versuch, das eigene Böse zu verdrängen, den eigenen Schmerz nicht zulassen zu wollen, macht den Menschen zum Opfer, dass sich immer wieder Täter sucht, um sich selbst nicht bestrafen zu müssen.

Die Unvernunft, die Blindheit sich selbst im Ganzen erkennen und begreifen zu wollen, das mangelnde Bewusstsein über die Komplexität des Menschseins mit all seinen Defekten - darin besteht das Prinzip des Bösen.

Und es besteht in der Dummheit, der Gedankenlosigkeit und der Kulturlosigkeit von Menschen. Wenn die Menschen zugrunde gehen, gehen sie an ihrer Dummheit zugrunde. Und wie heißt es so schön: Gegen die Dummheit kämpfen selbst die Götter vergebens.





Montag, 20. Dezember 2010

Weihnachten




Straßen im kalten Glanz der Neonlichter
künstliche Sterne vom Himmel gefallen
Kitschigbuntes um die Wette glänzend
Bunte Plastikkugeln verloren im Geäst von Tannen
Menschen zünden Kerzen an
Heller Schein

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt
Alle Jahre wieder
Beginn der immer wiederkehrenden Zeit, in der man die Lüge Wahrheit nennt
und die Wahrheit eine Lüge ist
Fest des Friedens, in einer Welt, die Frieden verloren hat

Heilige Nacht
Ein vergessener Gott wird aus der Erinnerung geholt
Feierliche Gesichter
Sprachlosigkeit in buntes Papier gewickelt
Goldglänzendes Band um Wünsche geschnürt
Weihnachten
das Fest der Liebe ...

Sonntag, 19. Dezember 2010

Bist du glücklich?



Zeichnung: ich


Gestern bekam ich eine E-Mail von einem Menschen, den ich sehr schätze. Er fragte mich: "Bist du glücklich?" Mein erster spontaner Gedanke war: die Möglichkeit von Glück ist nur dort möglich, wo es keinen Raum und keine Zeit gibt, wo der Moment zählt, das Augenblicksglück. So gesehen bin ich nicht glücklich, nicht in dem Sinne, wie seine Frage das wohl meinte. Zeit ist dem Glück fundamental entgegengestellt, denn mit dem Ablauf der Zeit ist der Aspekt der Vergänglichkeit verbunden. Ich leide an der Vergänglichkeit, am Wissen, dass wir nichts halten können, weder das Glück des Augenblicks, noch das Leben selbst. Vielleicht ist die Vergänglichkeit der Zeit der Urgrund des menschlichen Leidens.

Wir alle sind nicht nur Individuen, wir sind Teil der Gesellschaft in der wir leben. Alle Ereignisse, alle Dinge, alle Begegnungen, einfach alles, was um uns herum geschieht, nimmt Einfluss auf unser Leben und auf das, was wir tun. Was wir tun, beeinflusst unser Fühlen und andersherum. Tun wir was wir gerne tun, etwas, das uns Sinn schenkt, sind wir glücklicher, als wenn wir das, was wir tun, tun, weil wir es tun müssen, ohne es zu wollen. 

Zu tun was wir nicht wollen, macht nicht glücklich, weil es für uns keinen Sinn macht.

Wenn unser Tun für uns keinen Sinn macht, beschneiden wir uns selbst. Wir machen uns unglücklich. Es ist wichtig, dass wir unsere Möglichkeiten anerkennen, denn damit erkennen wir uns selbst an. Das Entfalten unserer Möglichkeiten, das Verfolgen unserer Träume und Ideale, das Ausleben unserer Kreativität, bedeutet uns selbst gegenüber gerecht zu werden, im Sinne unserer Individuation als Mensch, und es bedeutet wiederholbares Augenblicksglück. Aber anstatt ihre Energie darauf zu verwenden herauszufinden was sie glücklicher macht und das auch zu tun, neigen die meisten Menschen dazu, zu tun was sie glauben tun zu müssen, um zu überleben. Der Kampf um die eigene Existenz, das Geldverdienen wird zum Mittelpunkt des Seins. Dabei wäre es sinnvoller, sich der eigenen Seele und den eigenen wahren Bedürfnissen zu öffnen. Geld ist wichtig, keine Frage, ohne Geld geht in dieser Gesellschaft nichts, doch die Übermacht, die es hat, beschränkt die Freiheit, der Mensch zu sein, der wir sein könnten und sein wollen. Das Streben nach Besitz und monitärer Sicherheit beschränkt die Fähigkeit nach dem Glück zu suchen, das wir schmerzlich vermissen, enorm. Die Mehrzahl der Menschen sitzt in der Falle, oder läuft im viel zitierten Hamsterrad. Ich kenne das gut und das fühlt sich nicht nach Glück an - es schmerzt in der Seele.

Die Kompensationsmöglichkeiten um diesen Schmerz nicht zu spüren sind so unterschiedlich wie die Menschen. Der eine kauft Dinge um die innere Leere zu füllen, der andere arbeitet ständig, der nächste ertränkt das Gefühl der Leere im Alkohol und die, die nicht mehr kompensieren können fallen in Depressionen oder landen im Burn Out. Beispiele, die zeigen, wie wenig das erfüllt, was uns als glückliche Erfüllung in den Medien vorgegaukelt wird. Egal wie wir es anstellen: Das Glück ist nicht käuflich. Aber wir sind es und damit verkaufen wir unser Glück. Paradox und doch verständlich und irgendwie ein Problem, das für viele unlösbar ist und am Ende sind viele unglücklich und fragen sich: Ist das wirklich mein Leben?

Der Schwerpunkt der Frage nach dem Glück hat sich längst auf die Einbildungskraft verschoben und somit auf das Bild vom Glück. Das Glück existiert in der Adaption an das Bild unserer Fantasie, es ist ein Gedankenkonstrukt unseres Verstandes, es ist das Glück der Hoffnung auf ein besseres Morgen. letzlich bleibt für viele nur noch die Sehnsucht nach dem Glück, jene hoffnungsvolle Erwartung auf ein Zukünftiges.

Aber was ist Glück?

Ist Glück nicht im Wesentlichen die Abwesenheit von Leid und Schmerz? Ist Glück nicht die Harmonie von subjektiver Empfindung und objektiv existierenden Faktoren des "Nichtmangels"? Ist Glück nicht auch Selbstverwirklichung und das Streben danach, ja überhaupt die Möglichkeit, sich im eigenen Tun selbst zu "er-leben"?

Glück ist für uns Menschen immer auf eine positive vollständige affektive Erfüllung bezogen. Glück ist das Modell der vollkommenen Harmonie. Wann gibt es diese Harmonie, außer, wenn wir eins sind mit dem, was wir lieben, oder wenn wir eins sind mit uns selbst?

Finden wir diese Erfüllung in den Dingen? Die Erfahrung sagt nein. Finden wir sie "durch" einen anderen? Die Erfahrung sagt nein. Ist es möglich, dass wir anhaltende Gefühle von Glück nur in uns selbst finden, unabhängig von Dingen, die wir kaufen können, von Menschen, die uns "glücklich machen sollen", von Anerkennung, Geld, Macht oder Ruhm?

Ob ich glücklich bin, war die Frage.

Anders gefragt: Woraus nährt sich das Gefühl des "Nicht-Glücks"?
Es nährt sich aus dem Gefühl des Mangels. 
Ist also die Fülle Glück? 
Die Fülle, die wir in uns tragen und aus uns heraus in das Leben hinein?
Wenn das Glück ist, bin ich immer dann, wenn ich diese Fülle spüre und ausdrücken kann, augenblicksglücklich.
 

Freitag, 17. Dezember 2010

Jetzt ist Schluss

Ich habe es wieder erlebt, wieder eine Erfahrung gemacht, aus der Reihe jener Erfahrungen, die ich bereits zur Genüge gemacht habe, sollte man zumindest meinen, sie sollten doch reichen, aber bei manchen Dingen bin ich einfach trotz fortgeschrittenen Alters ziemlich naiv und gutgläubig und vor allem - ich habe zu viel Mitgefühl und Verständnis für andere, denen es schlechter geht als mir. Die das zumindest behaupten und denen ich das glaube, weil ich immer noch an das Gute glaube. Ja, das Mitgefühl ist meine Falle. Für letzteres plädiere ich ja oft, aber mal ehrlich, man kann es auch übertreiben, mit dem Mitgefühl.
Und genau auch damit ist jetzt Schluss.

Ich stelle nämlich zum dritten mal in Serie fest, ich leide unter einer fast schon debil anmutenden Einschränkung der eigenen Möglichkeiten.

Was zur Folge hat, dass ich mir selbst Fesseln anlege. Dass ich zu häufig Dinge tue oder mit Personen zusammen bin, die entweder meine Kreativität blockieren, meine Energie absaugen, oder mich lähmen. Häufig geht das mit Geldmangel einher, der nur Ausdruck meiner eigenen Wertschätzung ist. Die ist nämlich mangelhaft. Und ebenso mangelhaft ist deshalb mein Kontostand und das kurz vor Weihnachten.

Nein! War mangelhaft! Mir ist nach der jüngsten Erfahrung nämlich endlich ein Licht aufgegangen, nein vielmehr ein Scheinwerfer. Ganz grell hat der mir ins Gesicht geleuchtet und gleichzeitig meine eigene Wertschätzung be - leuchtet. Ein leuchtendes Symbol des Wandels. Na endlich.

Und trotz Husten, was nichts anderes ist, als der Welt etwas husten wollen und trotz Schnupfen, was nichts anderes bedeutet als, ich habe die Nase jetzt aber endgültig voll, bekomme ich einen Energiekick. Krankheit als Weg! Übrigens ein empfehlenswertes Buch. Ich bekomme die Power, etwas grundlegend zu ändern. Weil ich wütend bin, verdammt wütend und Wut ist ein wunderbarer Motor um etwas in Gang zu setzen.

Ich werde ab jetzt das tun, was mir Kraft bringt, ich werde zu den Leuten gehen, die mich aufbauen, nicht zu denen, die mich runterziehen und nicht schätzen. Oh ja, mein Selbstvertrauen wächst und treibt Blüten und das mitten im kalten Winter. Weil ich weiß, was ich besser kann als andere. Weil ich meine Arbeit und meinen Namen nicht mehr billig weggebe. Ich werde für meine Leistung etwas verlangen. Und wer die nicht bezahlen kann, der kann mich mal ... gern haben, oder halt nicht. Ich kann damit leben.

Ich will Geld und Respekt. Ich will Freude haben. Freude ist eine Form der Energie. Geld ebenfalls. Und Energie zieht Energie an. Ich will mir meine Wünsche erfüllen und das kann ich ganz allein - i do it my way, sozusagen als one women show. Mache ich sowieso die ganze Zeit schon und merke es nur nicht.

Und was das Geld angeht - nein, es ist keine lästige Notwendigkeit, sondern ein guter Freund.
Nur wer von Geld gut denkt, kann damit glücklich sein, meinte der Experte für selbiges - Walt Disney persönlich. Und dem glaube ich das sofort. Auch das habe ich kapiert: Wer Geld für etwas Verwerfliches hält, wird es verlieren. Und den Luxus leiste ich mir ab sofort nicht mehr.

Mein liebes Mitgefühl ist ab jetzt zunächst für mich selbst da und zum Geld sage ich: Mein liebes Geld, du weisst, du bist immer herzlich willkommen. Und natürlich kannst du alle deine Freunde mitbringen.

Die kommen glatt! Ich bin mir sicher.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Das Leben ist eine Kippfigur




Wie geht Verstehen, wenn nichts verstanden wird, wenn Warum nicht die Frage ist, weil es keine Antwort gibt auf das Warum, das keine Fragen erlaubt und wir stellen sie doch, weil wir Fragende sind, Suchende, Sinnsuchende.

Auch wenn es keinen Sinn gibt, fragen wir nach dem Sinn des Sinnlosen.
Es bleibt uns nur dieses „alles hat einen Sinn“, weil wir nicht anders können, denn ohne Sinn ist es sinnlos und dann macht nichts mehr einen Sinn und wir sind verzweifelt.  

Verzweiflung ist der schlimmste Affekt.

Gott weiß, was er tut, trösten wir uns, wenn wir nicht mehr wissen, was uns tröstet, was zu tun ist, wenn uns geschieht, was nicht zu ertragen ist, wenn es keine Antworten gibt und wir das Warum fragen sein lassen. Dann kommt das Wozu fragen – die letzte Krücke, die uns vor dem Kippen retten soll.

Das Leid zieht seine Berechtigung aus der Fähigkeit des Menschen es zu ertragen.

Ertragen heißt dann Stärke. Stark sollen wir sein. Ich bin schwach und bin ich stark, auch und gerade in der Schwäche.

Von Anfang an wird uns "gesagt". 

Wie sollen wir lernen zu hören auf das, was aus uns, zu uns spricht? Fremdes wird Eigenes, bevor Eigenes werden kann. Das Eigene ist Unterscheiden und Unterschiedenes entscheiden.

Wer aus dem Rahmen fällt, fällt. Das Sinnhafte klebt am Orientierungssystem der Masse. Wer aus dem System fällt trägt schwer am Verlust der Orientierung. 

Verlust heißt Verloren. 

Halten wir das aus - uns an nichts halten zu können?
Kippen und Fallen. Oder Schwanken, vielleicht nur das, ohne zu kippen. Hin und her schwanken im eigenen Universum.mDas Leben ist keine berechenbare Größe. Wir schwanken immerzu, beeinflusst von Umständen.

Das Leben ist eine Kippfigur, sagte einer zu mir. Am Ende wird sie überlastig. Wir fallen mit Sicherheit. Vermessen zu glauben wir könnten entscheiden wie, wann, wie tief, wie hart. Alle fallen auf ihre ureigene Weise. Der Tod macht uns alle zu gleich Gefallenen.

Zwischenzeit Leben.

Wir haben die Wahl. Haben wir sie? Wahl bedingt Möglichkeiten – im Rahmen der Möglichkeiten wählen wir. Immer sind es Möglichkeiten. 

Wer bestimmt Möglichkeiten? Möglichkeiten sind Gegebenheiten. Wir wählen in Gegebenheiten. Wozu ja sagen und wozu nein? Ein ewiges Vielleicht bedeutet Stillstand.Schließt Stillstand kippen aus? Still kippen ist möglich. Mancher ist aus dem Stand umgefallen.

Das Leben ist eine Kippfigur, sagte einer zu mir.

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Instabil

"Du kriegst dein Leben nicht auf die Reihe. Du bist instabil", sagte der Mann zu mir.

Ich denke nach, über das, was der Mann sagte.
Manchmal fallen mir Antworten später ein und der, dem die Antwort gilt, erfährt sie dann nicht.

Ich habe sie gefunden - die Antwort, die der Mann nicht hören wird. Es ist auch nicht wichtig, nicht für den Mann. Es ist wichtig für mich.

Ich meine es ist doch völlig egal, ob ich mein Leben in den Augen anderer auf die Reihe kriege.
Ich lebe mein Leben für mich, nicht für die anderen, schon gar nicht um der anderen Willen oder um den anderen zu Gefallen zu leben. Die Pläne die unser Ich für uns hat sind für jeden verschieden, anders eben, als für andere.

Ich entscheide, ich darf mit mir selbst milde umgehen, milder als der Mann das tat.

Was der Mann als instabil bezeichnet, sind für mich immer neue Erkenntnissprünge.
Wenn mein Gefühl zu mir selbst sich immer wieder wandelt, ich immer wieder Neues ausprobiere, dann heißt das, dass ich suche, weil ich es noch nicht gefunden habe, das, was alles zu einem Ganzen fügt, dann heißt das: ich tanze aus der Reihe und manchmal auch um mich selbst herum, in ständiger Bewegung. Das ist anders als ein ständiges Gleichbleiben.
So gesehen habe ich mein Leben nicht auf die Reihe gekriegt.
So gesehen bin instabil.
So gesehen bin ich lebendig.
Wie gut, lebendig zu sein.




Mittwoch, 8. Dezember 2010

Abspringen

Wie alles angefangen hat?
Mit Träumen und Erwartungen. Schon das war falsch.
In der Erwartung liegt die Möglichkeit von Enttäuschung.

Wie alles angefangen hat?
Mit dem Gedanken an das Glück.
Eine Vorstellung, eine konkrete, vielleicht, vielleicht auch nicht. Sie weiß es nicht mehr. Nein, eine konkrete Vorstellung hat sie wohl nicht gehabt, auch heute, wo alles vielleicht zu spät ist, fehlt ihr das Konkrete um aus der Vorstellung eine Sache zu machen.

Sich Gedanken machen, am besten großartige.
Großartige Gedanken machen noch keinen großartigen Menschen, auch wenn sie ihn ausmachen. Handeln ist Leben. Nichthandeln und stecken bleiben im Gedachten ist Stillstand.

Abspringen, auch dafür ist es vielleicht zu spät.
Abspringen hätte sie müssen, vor langer Zeit, wenn sie nicht zu müde gewesen wäre.
Und dann ... eine Seiltänzerin geworden.
Das Seil auf dem täglich der Balanceakt Alltag vollführt wird.
Es wackelt, lange schon.
Fallen ist immer eine Möglichkeit.

Viel einfacher als Handeln ist, sich zu nehmen, was man nicht selbst erdacht hat.
Denken genügt nicht um zu verändern was ist.
Abspringen vor dem Fallen ist eine Handlung.





Dienstag, 7. Dezember 2010

Sag mir nicht

Sag mir nicht du bist einsam
niemand ist einsam, wenn er es einem anderen sagen kann

Sag mir nicht, du suchst einen Sinn, den du nie finden wirst
schon die Suche danach ist ein Sinn

Sag mir nicht, du findest keine Liebe
wie willst du sie finden, wenn du ihr längst begegnet bist und du sie nur nicht erkannt hast

Sag mir nicht es gibt keine Menschlichkeit
es gibt sie, in uns allen

Sag mir nicht du willst deine Freiheit
es liegt bei dir, sie dir zu nehmen

Sag mir nicht, du bist am Ende
du wirst früh genug wirklich am Ende sein

Sag mir nicht, die deine ist eine besondere Geschichte
sie ist eine Geschichte wie viele andere


Sonntag, 5. Dezember 2010

Erinnern

Draussen Winterweihnachtsstimmung, überall funkelt und glänzt irgendetwas, bricht mit Vehemenz das Grau der Jahreszeit auf. Weihnachtsmänner auf Fensterscheiben geklebt. Mit dicken Bäuchen und roten Pausbacken verbünden sich mit silbern glänzenden Engeln aus Staniolpapier, dazwischen Sterne, die mit elektrischen Lichterketten um die Wette funkeln.

Ich laufe durch die Stadt, schaue Schnee auf dem Pflaster, rieche den Duft von Glühwein, Zuckerwatte, gebrannten Mandeln. Er mischt sich mit dem Fettgeruch von gegrillten Würsten und gebratenem Fleisch auf dem Weihnachtsmarkt vor dem Dom. Ich ziehe den Mantel fester um mich. Menschenmengen schieben sich durch die Strassen, füllen Läden und Kaufhäuser. Ein Hinein-und Hinausgehen, dann mit prallvollen Plastiktüten in behandschuhten Händen. Gekauftes nicht Gebrauchtes, das Leere füllen soll, die sich ausbreitet, alle Jahre wieder.

Ein diffuses Gefühl von Erwartung wabert dringlich überall. Es ist diese Zeit im Jahr, der ich schon als Kind mit einem mir unerklärlichen Misstrauen gegenüberstand. Weil alles irgendwie anders war, das Wabern eben. Es wabert die Erwartung auf friedliche Tage, die zusammenführen, was sich liebt oder lieben sollte, oder lieben will.

Dazwischen drängen sich die, die wir geliebt haben, einst. Es ist ihre Zeit. Erinnere dich, fordern sie uns auf. Ich will mich nicht erinnern und kann nichts dagegen setzen. Gesicht meiner einen Liebe, was machst du hier? Das ist vorbei, das hat nichts mehr mit mir zu tun, ich habe mir ein neues Leben gesucht, längt, irgendeins, ohne dich und mich. Mein kindliches Misstrauen mischt sich in mein Erwachsensein. Erwartungen führen in die Enttäuschung, mahnt das Kind. Ist es anders, ist es Augenblicksglück, antwortet die Erwachsene.

Ich will mich nicht erinnern, nicht an dich meine Liebe, nicht an mein Kindheitsweihnachten, nicht an den Platz, der nicht meiner war, ein Zufallselternplatz, this house was not a home. Du, diese eine Liebe, warst es.

Vielleicht deshalb bist du so gegenwärtig, jetzt, auferstanden aus der Vergangenheit, mein Vergangenheitslieblingsmensch. Es ist nicht lang genug vergangene Zeit, lass dir Zeit, denke ich, und weiß, dass die Zeit eben doch nicht alle Wunden heilt, wenn die Vergangenheit die bessere Zeit war. Ich wollte sie nicht verlieren und - ich will sie nicht wieder haben - sagt der Stolz, der mir nichts nützt. Verlorenes, das sich nicht wieder findet hat uns nie gehört. Geliehen wie die Kinder. Wir wissen es doch. Es tut weh, obwohl ich es weiß. Ich lasse es weh tun, weil es das echte Gefühl ist, in der Erwartung auf Weihnachten.



Donnerstag, 2. Dezember 2010

Wer sind sie?

Die anderen interessieren mich nicht mehr. Nur in Fällen, wo sie mich interessieren müssen, auf der Arbeit zum Beispiel und wo ich keine andere Wahl habe. Sie interessieren mich nicht, seit ich herausgefunden habe, dass sie sich nur für sich selbst interessieren, vielleicht noch für ihre Kinder. Für ihren Partner interessieren sie sich auch nicht wirklich. Wenn ich zufällig mit einem anderen ins Gespräch komme, was ich vermeide, wo ich kann, fällt mir auf, dass er oder sie immer „Ich“ sagen. Wirklich jeden Satz beginnen die mit ich. Sie sagen ich und meinen irgendwen. Die meisten wissen nämlich nicht, wer sie sind. Das wird ziemlich schnell klar, wen ich den oder die frage, wer er oder sie ist. Ich frage nicht, was machen sie, ich frage, wer sind sie? Das ist ein Unterschied.

Erst sind sie still. Dann kann man dabei zusehen wie sie plötzlich anfangen nachzudenken. Kommt aber in den meisten Fällen nichts dabei raus. Dabei ist Nachdenken eigentlich nicht schwer. Sie haben bloß keine Übung im Nachdenken. Die Meisten jedenfalls. Die denken zwar den ganzen Tag an etwas, die Dinge die zu tun sind, wann der Chef endlich aufhört zu meckern, wann endlich Feierabend ist, an die nächste Steuererklärung, dass der verdammte Rücken weh tut, was es zum Abendessen gibt, was in der Glotze kommt, wann der nächste Urlaub ansteht, wann hoffentlich bald Wochenende ist, mit wem sie mal wieder ein Bier trinken gehen könnten. Männer denken alle paar Minuten an Sex, Frauen an die nächste Diät, die sie dann doch nicht machen, oder an den Traummann, der doch nicht kommt. An so was denken die.

Zwischen an etwas denken und nachdenken ist ein Unterschied. Er ist essentiell, signifikant, entscheidend. Trennt sozusagen, die Denker von den Nichtdenkern. Ich gebe zu, an etwas denken ist weniger anstrengend. Sobald man nämlich anfängt nachzudenken kommen Dinge ans Licht, an die man vorher niemals gedacht hat. Da gibt’s echt Überraschungen und manchmal sind die auch unangenehm. Das kann so weit gehen, dass man plötzlich anfängt darüber nachzudenken, wer man ist, was man will und was man nicht will, oder nicht mehr will, oder wozu man überhaupt da ist. Wie gesagt, dass kann ziemlich schnell, ziemlich unangenehm werden. Weil der Mensch das Unangenehme gern vermeidet, lässt er das mit dem Nachdenken und überlässt es anderen. An was denken - ja, nachdenken, eher nein.

Sie glauben mir nicht? Dann denken sie einfach nicht weiter drüber nach und hören jetzt auf zu lesen. Sie denken, ich könnte nicht ganz falsch liegen? Schön, dann machen sie doch mal den Test. Fragen Sie jemanden, den sie kennen, wer er ist. Aussagekräftige Antworten schicken sie mir bitte per Email zu. Es interessiert mich nämlich, wenn einer nachdenkt und noch mehr interessiert mich, wenn er eine Antwort auf die Frage hat: „Wer bist Du?“

Ich kenne eine Handvoll andere, die zumindest mal drüber nachgedacht haben und einige von ihnen haben eine grobe Vorstellung davon, wer sie sind. Mit denen rede ich ab und zu mal ein Wörtchen, oder auch mehr, wenn ich es nicht mehr aushalte mit dem alleine nachdenken.

Das reicht dann aber auch ziemlich schnell wieder und dann sitze ich allein im Cafe´ oder in in meinem Atelier und denke nach, worüber ich schreiben könnte und schreibe es dann auf, oder ich male Bilder über etwas worüber ich nachgedacht habe. Kommt echt was dabei raus ab und an. Zumindest sehe ich das so. Darüber würde ich dann gern mit jemand anderen reden, was der so denkt über das, worüber ich nachdenke. Dann fange ich an nachzudenken mit wem ich drüber reden könnte. Na ja und dann denke ich, dass da darüber mit Sicherheit keiner nachdenken will. Ich bin zu einfach zu anstrengend für die anderen. Vielleicht sollte ich da mal drüber nachdenken.