Mittwoch, 31. Juli 2013

nicht wissen




wir wissen nicht mehr, was wir wollen, 
wenn wir nichts mehr von dem haben wollen, 
was wir haben könnten.

if i could touch the sky, i risk the fall


Vertrauen



Vertrauen ist der Mut sich verletzlich zu zeigen. Das fällt mir erstes ein, wenn ich über das große Wort Vertrauen nachdenke. Aber ich spüre, es muss noch etwas ganz anderes sein, etwas viel Tieferes.

Wie schmerzhafter ist es, wenn wir vertrauen und die Erfahrung machen, dass gerade dieser Mut, nicht wert geschätzt, sondern enttäuscht wird. Wir alle möchten vertrauen, wir alle sehnen uns danach irgendetwas, irgendwem und vor allem uns selbst Vertrauen schenken zu können.

Der Wunsch zu vertrauen ist eine zutiefst menschliche Sehnsucht, denn Vertrauen entspringt einem weiteren Gefühl menschlicher Sehnsucht – wir wollen Halt finden.

Woran sollen wir uns halten, in einem Leben, in dem nichts sicher ist, in dem wir alles erfahren und erleben können auf der unendlichen Klaviatur von Möglichkeiten von Gut bis Böse und all den Zwischentönen, die da sind. Woran, wenn Menschen, denen wir vertraut haben uns eines Besseren belehren, in dem sie unser Vertrauen missbrauchen?


Wir wollen vertrauen und auch die unter uns, deren Vertrauen missbraucht wurde, vielleicht sogar oft, sehr oft, wollen es. Deshalb versuchen wir es immer wieder. Denn irgendwo tief in uns wissen wir: Wenn wir das Vertrauen verlieren, verlieren wir den Glauben an das Leben selbst, dann verlieren das Gottvertrauen, das uns in die Wiege gelegt wurde, wie die Liebe. 

Also wem vertrauen?

Sicher nicht in Menschen, aber vielleicht in das Gute im Menschen.
Und das ist etwas gänzlich anderes, als unsere Vertrauen in Menschen zu setzen.  Das Gute als Prinzip des Göttlichen, das es gut mit uns meint, das gibt uns Selbstvertrauen - das einzige Vertrauen, das wahrhaftig ist und von niemandem enttäuscht werden kann.

perfekt ...






Die Sehnsucht nach der perfekten Welt ist der größte Irrtum des Menschen. Nur aus der Existenz des Unperfekten, nennen wir es das Böse, ergibt sich das Gute, kann es überhaupt erst wahrgenommen werden und umgekehrt.

Eine Welt in der das Eine ohne das Andere ist, ist eine Illusion, mehr noch, es bedeutet die Zerstörung von Welt.

Sonntag, 28. Juli 2013

Am besten immer wieder - Von der Kunst des Lebens



Das Leben selbst ist eine Kunst - vielleicht sogar die Schwerste und Herausforderndste aller Künste.

Wir alle sind Lebenskünstler. Jeder von uns sucht mit seinen Werkzeugen, seinen Fähigkeiten und Gaben seinen ureigenen Weg - das ist LebensKunst.

Die Kunst zu Leben gleicht dem, was der Künstler macht: Er ist schöpferisch, er bringt Inneres ins Außen, kreiert etwas aus sich selbst heraus, ein Bild, eine Skulptur, ein Buch, ein Musikstück - er schafft ein Werk – so wie das Leben jedes Einzelnen von uns das Werk ist, das wir schaffen, aus uns selbst heraus, mit unseren Prägungen, Erfahrungen, Gedanken, Gefühlen und Taten ... und immer spielt auch der Zufall mit, wie in der Kunst.


Kunst ist Ausdruck von Kreativität.  
Kreativität ist Lebensenergie, sie ist gelebte Fantasie, sie ist unser schöpferisches Potential, sie ist die Fähigkeit Lösungen zu finden. Sie ist das, was uns von Innen hält, wenn alles andere wegfällt, das, wozu wir nichts und niemanden brauchen, außer uns selbst. Kreativität ist Selbstausdruck, Begeisterung und Lebensfreude, und sie wartet darauf, in jedem von uns, lebendig zu werden.

„Die mächtigste Muse von allen ist unser eigenes inneres Kind“, sagt Stephen Nachmanovitch.

Dieses kreative Kind braucht Raum, um sich frei zu entfalten. Dieses kreative Kind lebt in uns allen, egal wie jung oder wie alt wir sind und es will spielen, es will sich ausdrücken und es ist sehr neugierig. Dass Kreativität und schöpferische Neugier das Leben bereichern, mag für manche wie ein Gemeinplatz klingen. Dass Kreativität sogar buchstäblich lebensrettend wirkt, habe ich in meinen Leben oft erfahren. Ich weiß, dass es keine größere Kraft in uns gibt als die eigene Kreativität, denn sie ist das Leben selbst. Mit der Entdeckung unserer Kreativität entdecken wir unsere innere Quelle, wir schöpfen Kraft, Lebenskraft. 

Jeder Mensch ist kreativ – das ist unsere ureigene Natur. 

Immer wenn wir künstlerisch tätig werden, erfahren wir dabei etwas ungeheuer Wertvolles – wir erfahren der eigenen Kreativität zu vertrauen und wir fühlen uns freier als zuvor.

Kreativität geschehen lassen und erleben wie schöpferisch unser alltägliches Leben eigentlich ist - das gelingt nur durch Hingabe, Gelöstheit und Wachheit –  Dinge, die Zen und viele andere spirituelle Traditionen immer schon als wesentlich betrachtet haben, Dinge, die in unserer, dem Beschleunigungsfuror verfallenen Konsumgesellschaft, mehr und mehr verloren gehen. Mit diesem Verlust geht das Wesentliche verloren, was uns als Mensch ausmacht - das schöpferische Potenzial in uns, das, womit wir Gott am nächsten sind. 

Das Wunderbare am schöpferischen Tun ist ...
Ein schöpferischer Mensch ist im Moment. 
Er ist mit Leib und Seele bei dem, was er tut.
Er lässt sich nicht ablenken - er ist bei sich selbst.
Er ist achtsam. Er spürt keine Leere.
Er hat nicht das Gefühl etwas zu verpassen.
Er ist nicht auf der Flucht, sondern im Jetzt.

Welch eine Lebensqualität, welch eine Kunst zu leben!

Es ist der Akt des Schaffens, der uns lebendig macht. Im Akt des Schaffens bringen wir unsere Bestimmung zum Ausdruck, er ist die Realisation und Kristallisation dessen, was uns als Mensch ausmacht. Kreativität lässt uns das Unmögliche schaffen und eigene Grenzen überwinden. Kreativität ist unsere größte Motivationsquelle. Sie ist so faszinierend, weil sie uns aus dem Alltag heraushebt, weil sie uns das Gefühl gibt intensiv zu leben. Kreativität macht uns innerlich reich. Fernab vom Habendenken führt sie uns zu unserem Sein, unserem Menschsein.

Kreativität als Triebfeder trägt wesentlich zur Komplexität des Lebens bei. Sie sollte in unseren Schulen an erster Stelle stehen und nicht als Stiefkind einer Ausbildung rangieren, die für das wahre Leben nichts taugt. 

Wenn unsere Kinder den Herausforderungen der Zukunft mit Selbstvertrauen, Mut und Kraft begegnen sollen, müssen wir ihr schöpferisches Potential fördern und nicht ihre Fähigkeit eins und eins zusammenzuzählen. Damit lernen sie nur zu funktionieren und nicht zu leben und etwas zu erschaffen, was die Farben der Seele in das Grau des Alltags hineinträgt.

“Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele“,  sagte Pablo Picasso einmal. Er hat Recht, es gibt keine bessere Möglichkeit als sich mit Kunst und vor allem mit Kunst machen, den Staub des grauen Alltags von der Seele zu waschen. Am besten immer wieder.




 

Donnerstag, 25. Juli 2013

Aus der Praxis - Von der Angst vor dem Hinschauen


woher kommt die angst vor dem hinschauen und annehmen kritischer themen?
warum verdrängen wir, halten aus oder kämpfen gegen probleme und krisen an?
warum verschließen wir so gern die augen vor dingen, die wertvolle möglichkeiten für unsere entfaltung bedeuten können? 


es klingt banal, aber wir haben es nicht anders gelernt. wir haben nicht gelernt, wirklich verantwortung für uns zu übernehmen - weder für unsere gesundheit, noch für unseren lebensweg, noch für unsere gefühle und gedanken. niemand hat uns gezeigt, dass wir die freiheit haben, unangenehmes auch anders als nur negativ zu bewerten, niemand hat uns vorgelebt, dass eigenverantwortung keine last ist, sondern auch etwas positives sein kann, dass ebenfalls unsere freiheit ausmacht. 


ebensowenig haben wir erfahren, dass wachstum und entfaltung nicht mit dem erwachsensein aufhört und dass sie mehr ist als nur der erwerb von kenntnissen und fähigkeiten gemäß unseres bildungssystems und der gesellschaftlichen recht - und moralbegrifffe. 


aber noch etwas spielt eine rolle. wir sind geprägt durch unsere gene und unsere frühkindlichen erfahrungen. was wir seele nennen, besteht im wesentlichen aus erlebten beziehungen, deren muster wir verinnerlichen und immer wieder abspulen, das meiste von dem, was wir tun, tun wir unbewusst, gesteuert von emotionalen und kognitiven erfahrungen und überzeugungen aus der kindheit. getriggert von unbewussten oder unverarbeiteten traumata, beeinflusst von neuronalen programmierungen und prozessen, leben wir unser leben im irrglauben, es selbst zu bestimmen oder, eine andere sichtweise - als opfer der umstände.

wenn wir uns all diese zusammenhänge bewusst machen, wenn wir begreifen, dass wir vieles unbewusst leben, dass unbewusstes, das nicht an die oberfläche geholt wird unser leben steuert und unsere lebensenergie schwächt, uns sogar krank machen kann - dann können wir damit beginnen unsere verborgenen potentiale ans licht zu holen. in jeder verletzung steckt das potential zur heilung und in jedem problem liegt das potential der lösung.

wir werden feststellen, dass das zwar anstrengend ist und schmerzhaft sein kann, aber wir werden auch feststellen, dass es uns am ende nur stärken wird und unser leben zu einem spannenden abenteuer macht. dieses abenteuer sind wir selbst. wir werden die heilsame erfahrung machen, dass das anschauen und das annehmen unserer probleme, die nichts anderes sind als unsere lebensthemen, die uns in immer neuen variationen begegnen und die wir zu bewältigen haben, unser leben reicher macht, weil das aktive umgehen mit unseren themen wirksame energie und kraft freisetzt. wir werden mehr und mehr dazu in der lage sein, das in uns lebendig werden zu lassen, was man uns als kind, nicht frei hat entfalten lassen.

wir sind nicht verantwortlich für das, was man uns gelehrt hat, wir sind aber sehr wohl verantwortlich für das, was wir daraus und darüber hinaus lernen können.

Freitag, 19. Juli 2013

Ziele?


ziele, alle, die ich höre, reden von zielen.
ich habe kein ziel, ich gehe den weg, meinen weg. ziellos, was nicht wunschlos heißt.
ich habe gelernt, dass ziele reine vorstellungen sind. und ich weiß, dass sich mein horizont in der vorstellung der vorstellung beschränkt. indem ich mir etwas vorstelle mache ich die möglichkeiten eng, ich grenze aus, begrenze, stelle etwas vor mich, vor mein inneres auge - ich verstelle mir den blick für das, was sein kann, abseits dessen, was ich für mich haben will. denn das bedeutet ziele verfolgen - etwas haben wollen, etwas erreichen wollen, was noch nicht ist. verfolgen - welch ein wort, ich mag keine verfolgungen, ich mag keine verfolger, ich folge klingt freier, unbegrenzter. ich folge dem weg, der sich vor mir auftut.

ich weiß, dass menschen ziele brauchen. im geschäftsleben brauchen sie sie, um sich nach etwas zu richten brauchen sie sie, um sich aus dem jetzt in die zukunft zu denken, brauchen sie sie. da ist so viel brauchen dabei. etwas brauchen heißt immer es fehlt etwas, etwas, das man braucht um einen zustand vollkommener zu machen, besser als er ist oder anders als er ist - und all das bedeutet, dass das, was jetzt ist, nicht gut genug ist.

ziele sind auf die zukunft bezogen, sie bedürfen des verfolgers des verfolgten. wie aggressiv das klingt, dieses zielstreben. streben klingt auch nicht wirklich schön in meinen ohren.

als kind hatte ich das ziel brav zu sein, lieb zu sein, später als jugendliche hatte ich das ziel gute noten zu schreiben mit dem ziel ein abitur zu machen, gefolgt vom ziel ein studium zu absolvieren. ich hatte ziele ohne ende, ziele, die man mir gesetzt hat, wenn ich recht darüber nachdenke. du musst das erreichen und dies und wenn du das erreicht hast und dies, musst du das nächste erreichen. ich habe viel erreicht, viele ziele, die man mir gesetzt hat, die ich irgendwann für meine eigenen gehalten habe und manche habe ich mir selbst gewählt. im grunde aber war ich ein wohlkonditioniertes wesen, wie all die anderen wohlkonditionierten wesen um mich herum. wie die lemminge richtung ziel, so sind wir gelaufen und so laufen wir noch heute. so laufen wir unser leben lang durch das leben, das nur ein ziel kennt, das wir alle ganz sicher erreichen werden - den tod.

wie gesagt, ich habe längst begriffen, dass alles zielstreben ein überaus brüchiges lebenskonstrukt ist. denn irgendwann habe ich meine ziele nicht mehr erreicht, das schlug etwas dazwischen. das schicksal, mein unterbewusstes, die wirklichkeit? was davon, oder von allem ein wenig? ich weiß es nicht. was ich weiß ist, dass ich nicht der macher bin, auch wenn das viele um mich herum glauben, oder glauben wollen, dass sie die macher sind, weil es ziemlich ernüchternd ist, zu erkennen nicht der macher des eigenen lebens zu sein.

es gibt viel, was wir machen können, aber das leben macht das, was wir machen wollen nicht immer mit. "die wirklichkeit ist der ort, in dem mein willensakt etwas veranlasst", schreibt der hirnforscher gerhard roth in seinem buch " das gehirn und seine wirklichkeit". er schreibt darin auch, dass unser wille auf die wirklichkeit nur einen sehr begrenzten einfluss hat. genau das ist meine erfahrung und ich bin mir sicher, die erfahrung sehr vieler anderer menschen. wir gleiten oft ab an der wirklichkeit die unsere gewollt verfolgten ziele partout nicht mitmacht.

irgendwie ist das auch gut so, denn wie langweilig wäre unser leben, wenn alles so wäre, wie wir das gern hätten. würde jedes ziel realtität werden, wäre alles planbar, verfolgbar, was wäre dann? wären wir glücklichere menschen? hängen glück und zufriedenheit vom grad der erreichten zielvorstellungen ab, oder ist es nicht viel spannender zu spielen, dem zufall raum zu geben, dem was sein könnte, wenn wir einen weg gehen, dessen ziel wir nicht kennen und gar nicht kennen wollen? die schönsten und die berührendsten dinge geschehen ohne plan und ziel, sie fallen uns zu, sie begegnen uns, wenn wir frei von festen vorstellungen mit offenen augen und offenem herzen unseren weg durch das leben gehen, wohlbemerkt: gehen, nicht rennen.

der weg ist das ziel, das ist eine alte weisheit. in meiner wirklichkeit ist sie wahr. hätte das leben mir meine ziele nicht ab und zu verstellt und sie unerreichbar für mich gemacht oder gar durchkreuzt - ich wäre um vieles ärmer als ich es bin. ich habe gelernt, schon bevor ich das buch des  klugen herrn roth gelesen habe - die welt ist nicht meinem willen unterworfen, vielmehr bin ich der welt unterworfen. ich bin nicht der allmächtige erfüller meiner ziele, ich erfahre das leben und manchmal gehört dazu auch das leid. apropos leid - das kommt oft gerade dann, wenn wir die verfolgten ziele nicht erreichen. dann glauben wir, wir sind nicht gut genug gewesen, haben nicht alles getan, nicht hart genug gearbeitet, einen fehler gemacht, oder wir quälen uns mit gedanken des scheiterns und der schuld.

ein ziel verfolgen trägt immer auch die option des scheiterns in sich, aber das wollen wir ausblenden, das sind dann neagtive gedanken, die sich dem ziel wie eine sich selbst erfüllende phrophezeihung in den weg stellen.

aber in welchen weg denn? den, den wir wählen. wir können nicht wählen wie im kaufhaus oder im designerladen, wie es uns gefällt und das, was uns gefällt wohlwählend in eine tüte packen und mitnehmen, damit wir haben, was wir wollen. nein, manches wählt uns, uns, die wir im spannungsfeld zwischen ich und welt und ich und ich und all den vielen anderen komponenten stehen, die leben ausmachen.

die wirklichkeit ist mehr als die welt unserer mentalen zustände, mehr als die welt unserer gefühle, mehr als die welt unseres körpers, mehr als das konstrukt unserer gedanken - da ist auch noch die außenwelt, die ihre eigenen konstrukte, gesetzmäßigkeiten, formen und erscheinungen hat. sie ist genau das, was sich nicht unserem willen unterwirft und unseren zielen folgt - sie ist es, die uns widerstand entgegensetzt oder auch nicht. planen können wir ihre reaktion auf unsere aktion nicht, aber vielleicht können wir lernen sie zu achten und aufhören uns selbst mit unseren zielen zu traktieren und unsere vorstellungen als das akzeptieren was sie sind - konstrukte eines konstruierten ichs in einem konstrukt von millionen ichs, in einer wirklichkeit, die über die von uns selbst konstruierte wirklichkeit hinaus geht und in der tat ein eigenständiges konstrukt ist.

 wäre die wirklichkeit ein konstrukt meines ichs, wäre sie anders, da bin ich mir sicher.

Dienstag, 16. Juli 2013

glück ...



Im Bann der Stille - The Urban View of Nature - Malerei von Cyrus Overbeck




Großformatige Bilder und Druckgrafiken, sprechen von der Sehnsucht, einer Sehnsucht nach Stille, nach Frieden, in einer Welt, die zu laut geworden ist, sind sichtbar gemachte Reflexionen von einem, der malt, um die Welt zu begreifen, getrieben vom Anspruch menschliche Seins- und Sinneszustände auf der Leinwand wiederzugeben. 
 
Overbeck findet eine Bildsprache von tiefer Ambivalenz, ihrem Wesen nach philosophisch hinterfragend und Zeitgeist zitierend. Der seine Malerei kennzeichnende narrative Realismus ist geblieben, der Duktus zeigt die bekannte virtuose Handschrift. Expressiv, farbgewaltig, mit spontanem Pinselstrich gemalt, geprägt von haptischer, fast kindlicher Lust am Pastosen der Ölfarbe und mit spielerischem Einsatz von Sprühfarben, fast wie im Rausch hingemalt, entfalten sich urbane Szenerien, die eine verstörende Tönung von Einsamkeit und Leere in sich tragen. 

Menschenleere, bisweilen in die Abstraktion getriebene Mainzer Stadtansichten in tiefem Blau und monochromen Grautönen, deren Konturen sich auflösen und das Sujet zur reinen Faktenaußenwelt stilisieren, korrespondieren mit farbintensiven Momentaufnahmen begrenzter Räume, in denen die Figur die Komposition beherrscht. Niemals sind Urbanes und Menschliches verbunden, als sei die Trennung zwischen Innen und Außen endgültig vollzogen und das innere Erleben in zwei Formen organisiert, die dem Menschen seine soziale Dimension nehmen und ihn eine tiefe innere Einsamkeit werfen.

Montag, 15. Juli 2013

DER WEG


der einzige weg, den zu gehen sich wirklich lohnt, ist der eigene. 
gegen alle widerstände, alle versuchungen, alle zweifel.
 

und es ist zweifellos der einzige weg, 
für den wir keinen anderen mehr verantwortlich machen können. 





UMBRUCH


zerbrechendes altes
noch nicht erstandenes neues

inneres kämpfen

schmerzvolles verabschieden zwischen angst und zuversicht 
widerstreit zwischen gewesen sein und noch nicht sein

leben im fluss

dämme brechende überflutung 
ausgang ungewiss

lebendige befreiung ?



Dienstag, 9. Juli 2013

Angst VIII




lass die angst zu 
sonst wird sie dich auffressen
sprich sie aus
sonst wird sie dich stumm machen
hör auf dagegen anzukämpfen
widerstand kostet kraft
nimm sie mit 
und geh weiter   

Montag, 8. Juli 2013

Aus der Praxis - Ambivalenz oder der innere Kritiker



Der Ausdruck Ambivalenz wird in der Psychologie in einem sehr weiten Sinne verwendet. Freud übernahm den Ausdruck von Bleuler, der ihn geprägt hat. Bleuler nimmt Ambivalenz auf drei Gebieten an. Auf dem des Willlens – das Subjekt will z.B. zur gleichen Zeit etwas trinken und nicht trinken. Auf der des Verstandes – der Mensch äußert gleichzeitig eine Meinung und deren Gegenteil. Auf dem Gebiet der Emotionen -  man hasst und liebt in einer Regung die gleiche Person.

Zusammengefasst bedeutet Ambivalenz die gleichzeitige Anwesenheit entgegengesetzter Strebungen, Haltungen und Gefühle.

Der Ambivalenz zugrunde liegt in der Regel immer ein Abwehrkonflikt, indem miteinander unvereinbare Motive im Spiel sind, insofern dass das, was für ein System lustvoll ist, für ein anderes unlustvoll ist. Ambivalenz ist bei der Komplexität von Gefühlen, die uns als Mensch ausmachen, wird sie nicht zu einem uns beherrschenden Lebensgefühl, normal. 

Wir alle leben mehr oder weniger in inhärenten Widersprüchen, wir wissen oft nicht was wir wollen und manchmal wissen wir nicht einmal was wir wollen sollen.

Wenn wir von Haus aus ambivalent sind, neigen wir dazu das Eine und das Andere zu denken, das Eine und das Andere zu wollen, bisweilen sogar alles gleichzeitig. Wer zu sehr in der Ambivalenz gefangen ist, wird allerdings entscheidungslos. Wer entscheidungslos ist schwankt und das beständig.

Obgleich in diesem beständigen Schwanken aufgrund seiner persistierenden Beständigkeit, so etwas wie eine Form von Stabilität liegt, quasi ein Lebensgefühl des immer gleichen, bekannten Zustandes, an den man sich gewöhnt und der so als ein Gewohntes, Vertrautes einen gewissen Halt gibt, wo es in Wahrheit keinen gibt, ist dies ein äußerst fragiles und zermürbendes Lebensgefühl für uns selbst und andere. Es ist als lebe man in einer Art Schizophrenie, gefangenen in den ständig schwankenden Gedanken und Gefühlen wider sich selbst, dem Leben und den Menschen in diesem Leben.

Wenn wir immerzu ambivalent sind, sind wir nicht eins mit uns, nicht im Vertrauen, nicht im Fluss, wir leben in einem ständigen inneren Kampf, der nichts anderes ist als der Widerstand gegen unser unsicheres Selbst, das nie gelernt hat sich selbst zu vertrauen, aber es doch will.

Hirnforscher haben herausgefunden, dass bei Menschen mit geringem Selbstvertrauen der Mandelkern, die Gehirnregion, die man auch Angstzentrum nennt, besonders aktiv ist.  Diese Menschen wittern überall Gefahren, selbst dort, wo keine sind. Ein negatives Selbstbewusstsein, so die gängige Lehrmeinung, können Kinder bereits mit zweieinhalb Jahren entwickeln. Mit fünf ist die Ausbildung des Selbstwertgefühls größtenteils abgeschlossen – bis zum 20. Lebensjahr erfolgt nur noch die Feinabstimmung.

Ein geringes Selbstvertrauen ist uns nicht in die Wiege gelegt, es ist erworben, d.h. gelernt. Niemand kommt mit einem geringen Selbstvertrauen auf die Welt. Wenn wir uns nichts zutrauen, unsicher und gehemmt sind, dann deshalb, weil wir schon als Kind destruktive Erfahrungen gemacht haben, die in uns das Gefühl hinterlassen haben, dass mit uns etwas nicht stimmt, dass wir nicht ok sind, wie wir sind.

Diese Erfahrungen sind der Grund dafür, dass wir bis ins Erwachsenenalter eine Stimme in uns tragen, die nie ein gutes Wort für uns übrig hat. Wir leben mit einem inneren Kritiker, der unser Selbstwertgefühl ständig angreift und vernichten will, einem Fremden in uns, der uns auf eine subtile Weise beherrscht und nur ein Ziel hat - uns von unserem wahren Wesenskern abzuschneiden.

Die Stimme des inneren Kritikers klingt so laut, so unfehlbar, so mächtig und wahr, als käme sie direkt von Gott. Sie beeinflusst unsere Gefühle, unsere Gedanken und damit unsere Handlungen. Oft sind wir uns dieser Stimme nicht einmal bewusst. Aber bewusst oder unbewusst, sie schafft es uns zu fragmentieren und klein zu machen, wo und wann immer es geht. Der innere Kritiker ist so alt wie unser Bewusstsein über uns selbst, das sich in den ersten Lebensjahren gebildet hat.

Dieses Selbstbewusstsein wurde uns eingepflanzt von den ersten Menschen in unserem Leben, den Eltern, die uns unbewusst oder bewusst ständig auf unsere Schwächen aufmerksam gemacht und/oder uns mit vernichtenden Worten und abweisendem, lieblosen Verhalten bestraft haben, wenn wir nicht so waren, wie sie es von uns erwartet haben.

Nicht wir konnten entscheiden, wie wertvoll wir sind, andere haben für uns entschieden und damit die Basis gelegt, dafür wie wir uns mit uns und dem Leben fühlen, was wir über uns denken und was wir über uns und unser Leben glauben. Sie haben den Nährboden bereitet für die Ambivalenz, des nicht Wissens, was wir wirklich fühlen und fühlen dürfen, was wir wollen und wer wir sind.

Wissen wer man ist - dazu gehört vor allem sich selbst vertrauen und  "ja" zu sagen zu dem, was uns ausmacht. Dazu gehört auch – „ja“ sagen, zu jedem einzelnen Teil all der vielen Ichs, die in uns hausen. „Ja“ zu sagen auch zum inneren Kritiker und vor allem - ihn ausfindig zu machen, ihn zu identifizieren, ihm ein Gesicht zu geben, damit sein dubioses machtvolles Wesen entlarvt wird und ans Licht kommt.

Man muss ihn kennen lernen um ihn in die Schranken zu weisen, diesen fremden Bewohner, der in unserem Haus lebt. Wer mag schon Fremde in der eigenen Stube, die einen beherrschen und das Leben und unsere Beziehungen vergiften, vor allem, die zu uns selbst? 

Wenn wir unser Selbstvertrauen steigern möchten, ist es unabdingbar, der negative Stimme in uns eine positive Meinung entgegenzusetzen. Leicht ist das nicht, denn was uns als Kind eingepflanzt wurde, ist mit uns verwachsen. Auch wenn wir es immer wieder herausreißen würden, es wächst nach wie Unkraut.
Die Arbeit mit diesem Unkraut ist wie die Gartenarbeit - kümmern wir uns nicht ständig um unseren Garten, wird er vom Unkraut überwuchert.

Lassen wir uns von der Ambivalenz beherrschen werden wir uns jeden Tag fragen – soll, will ich meinen Garten pflegen oder nicht? Und wir werden es im Zweifel nicht tun, je nachdem welcher Stimme in uns wir folgen. Erkennen wir den Grund der Ambivalenz werden wir unterscheiden lernen, wann der innere Kritiker uns davon abhält und wir werden ihn dorthin verbannen wo er hingehört - zu denen, die ihn uns eingepflanzt haben und zu ihm sagen: ich stehe dir nicht mehr zur Verfügung, ich habe Besseres zu tun: Ich kümmere mich um meinen Garten, damit er blüht.