Montag, 30. September 2013

Aus der Praxis - Was unsere Gefühle mit unserer Gesundheit zu tun haben.

unsere gefühle sind differenzierte möglichkeiten, die welt und uns selbst immer neu wahrzunehmen - mit allen aspekten. wer sich selbst fühlt erschließt sich die welt immer neu und damit auch sich selbst. je deutlicher und nuancierter wir unsere gefühle wahrnehmen lernen, desto lebendiger und offener werden wir für die vielfalt an wirklichkeiten, an möglichkeiten und in unseren beziehungen zu anderen menschen. 


wenn wir uns fragen - was macht das mit mir? und zugleich die symptome unseres körpers dazu wahrnehmen, fühlen wir sehr genau was uns eng macht oder weit, was uns ruhig oder nervös macht, sicher oder unsicher, froh oder traurig, warm oder kalt. damit nehmen wir dem bewertenden verstand die übermacht und mit der zeit lernen wir zu unterscheiden zwischen pseudogefühlen, die sich aus dem was fühle ich, wenn ich denke? ergeben und echten gefühlen. denn nicht überall wo wir glauben zu fühlen oder mitzufühlen steckt ein echtes gefühl drin. oft sind es gedachte gefühle.


jedes gedachte gefühl ist eine diagnose, also ein bewertender gedanke, der eine interpretation oder eine analyse nach sich zieht. bei einem echten gefühl geht es allein um das spüren. 

ohne den körper und seine signale wahrzunehmen, können wir echte gefühle nicht wahrnehmen. 

unsere gefühle sind ein psycho-somatisches geschehen. entscheidenden einfluss darauf hat der körper. wenn sich also etwas nicht gut anfühlt, ist es nicht gut, egal wie wir es uns auch anders denken wollen. der körper lügt nicht. wenn wir beispielsweise angst haben und uns diese angst schnell wegdenken wollen, gelingt das zwar mit viel energie - aber der körper kann diesem kognitiven selbstbetrug nicht folgen, er glaubt ihm nicht und symptomatisiert durch unwohlsein, verspannungen und krankheiten. somit ist unser körper und seine gesundheit ein seismograph für unsere offenheit und ehrlichkeit unserer gefühle uns selbst gegenüber, denn wer sich seiner gefühle sicher ist, ihnen zugewandt ist, ihnen gehör schenkt und sie sein lässt, ohne sich dafür zu verurteilen, ist weitgehendst frei von pseudogefühlen, die sein ego sich wünscht, der ist seltener krank.


nachtrag: was sich nicht ausdrückt, drückt sich ein.


Aus der Praxis - Was hat das mit mir zu tun? - oder das Phänomen der Ich - Blendung

die frage - was hat das mit mir zu tun? ist eine frage, die uns gedanklich immer wieder auf uns selbst zurückwirft, im grunde ist sie eine zutiefst rationale und zugleich narzisstische frage, denn sie macht den, der so denkt zum mittelpunkt des universums, um den sich alles dreht, der alles verursacht, alles anzieht, alles auf sich selbst bezieht - das ich wird zum urgrund und dreh-und angelpunkt aller dinge.

glauben wir wirklich, das alles, was uns begegnet etwas mit uns zu tun hat, dass wir alles verursachen, was uns geschieht? dass wir für alles selbst verantwortlich sind, für unser glück und unser unglück? sind wir allmächtig oder sind das menschliche allmachtsfantasien?

wer sich bei allem und jedem fragt - was hat das mit mir zu tun?, zieht einen engen kreis um sich selbst. er lebt in einem seelenzustand egozentrischer selbstinzenierung, hochmütig und ohne demut vor dem, was größer ist als das eigene dasein. er lebt in einer welt der verleugung der großen zusammenhänge und wahrheiten, was eine verengung der über das eigene hinaus existierenden wirklichkeit nach sich zieht. sein blick ist vergittert, er zieht in einer spiralbewegung zu sich selbst hin und betrachtet stets bewertend alles in bezug auf das eigene sein. der kontakt mit einem gegenüber das anders denkt wird vermieden um die eigenen egozentrischen kreise nicht stören zu lassen, denn diese ertragen keine verunsicherung, die das selbstzentrierte weltbild ins wanken bringen könnten. schlussendlich führt dies zu einer radikalen inneren eindamkeit und dem gefühl nicht in diese welt zu gehören.

ein mensch, der sich ständig fragt - was hat das mit mir zu tun? -  schafft sich eine innere realität, die ichbezogen den empathischen kontakt zur wirklichkeit kontinuierlich demontiert und am ende vollkommen auschließt.

seine empathie für andere ist lediglich die projektion eigener befindlichkeiten auf äußere objekte die dem eigenen zu gleichen scheinen und auch nur auf diese regaiert er. es geht nicht um das mitfühlen mit anderen, sondern vielmehr fungiert hier unbewusst eine ich- blendung, die ihr narzisstisches licht auf der projektionsfläche des außen leuchten lässt um sich damit selbst zu spüren. das gefühl des objekts im außen wird nicht wahrgenommen sondern fungiert allein als resonanzfläche der eigenen emotionen und affekte. das surrogat der intrinsischen motive entlädt sich auf das außen und dient als manifestation und rechtfertigung eines egozentrischen in- der -welt -seins. die wirklichkeit ist nur noch abbild der eigenen realität und ihrer subjetiven bewertungen.

wahre empathie hingegen ist die suche nach dem, was andere bewegt, was ihre schmerzen sind und ihre freuden. bei dieser suche gibt es keine ablehnung, keine bewertung, keine verurteilung und keine erhöhung - es gibt nur ein tiefes verständnis und eine liebevoll zugewandte haltung. das ist nur möglich, wenn wir uns auf das paradigma einlassen, was andere fühlen, denken, sagen und tun, ohne es mit uns selbst abgleichen zu wollen und dem, was wir denken, sagen, tun oder fühlen, also fernab von unseren selbstbezogenen interpretationen und projektionen.


Gefühl

gefühle sind die botschafter unserer bedürfnisse
gefühle haben den sinn uns für uns selbst aufmerksam zu machen
sie zeigen uns was uns bewegt 




gefühle zeigen uns was wir brauchen
sie zeigen uns was unser kummer ist und was unsere freude ist
sie sind dazu da uns uns selbst zuzuwenden
voll und ganz
gefühle kennen ein entweder oder und ein sowohl als auch
was wir fühlen darf sein
je mehr wir fühlen, desto lebendiger sind wir.
je mehr wir lernen gefühle zuzulassen, desto mehr erfahren wir über uns selbst.

Donnerstag, 26. September 2013

Ganzheitlich

 
Aus dem Gefühl des Abgetrenntsein heraus wollen wir das Leben denkend bewältigen und verstehen. Die Welt steht uns wie ein fremdes Objekt vor Augen, wir messen und bewerten sie nach menschlichem Maß. Wir ordnen den Phänomenen Gesetzmäßigkeiten zu, wir brauchen Gesetze für die soziale Welt. So stellen wir das fehlende innere Gleichgewicht äußerlich her – nach unseren eigenen Maßstäben. 
Der moderne Mensch gestaltet keine Götterbilder mehr, er gestaltet den Menschen, der zusehends zum Maßstab aller Dinge wird. 





Messend, zählend und forschend stellen wir uns über die Erde und zerstören ihr Gleichgewicht und unsere Seelen. Viele Menschen haben längst erkannt, dass Rationalisierung und Individualisierung, Technisierung und Chemisierung an ihren äußersten Punkt gelangt sind oder diesen sogar schon überschritten haben. 


Aber was ist die Alternative?

Die Antwort ist das Sowohl-als-auch. Und zwar nicht im Sinne eines Relativismus, für den alles die gleiche Wertigkeit hat, sondern im Sinne der Integration aller bisherigen Ansichten in eine umfassende Einsicht, in der alle Wahrheiten nebeneinander stehen dürfen – Lebensentwürfe, Weltanschauungen, Konfessionen und wissenschaftliche Erkenntnisse.
Wir können nur dann ein vollständiges Bild von etwas erhalten, wenn wir es von allen Seiten betrachten. Das ist eine ganz simple Wahrheit.
Auf der räumlichen bzw. materiellen Ebene erscheint uns das ganz selbstverständlich. Dies gilt aber ebenso für alle anderen Ebenen – auch für die geistige. Nur hier fällt uns diese Einsicht leider schwer. Umso mehr sollten wir daran arbeiten, denn die Versuchung, sich immer wieder an einem einzelnen Ausschnitt der Realität festzuhalten und diesen für einzig wahr zu halten, ist groß. Eine ganzheitliche Haltung schließt alle Ansichten ein, die weder die Freiheit anderer noch das ökologische Gleichgewicht der Natur beeinträchtigen. Nur mit dieser Haltung können wir lernen, andere Meinungen und Lebenskonzepte zu akzeptieren, Projektionen zurückzunehmen und bewusst an unserer eigenen seelischen Entwicklung zu arbeiten - zum Wohl des Ganzen. 



   



Stadtlandschaft


Mittwoch, 25. September 2013

wenn die fülle unserer äußeren welt für jeden und alles ein spiegelbild des eigenen ist, dann gute nacht erde.

Dienstag, 24. September 2013

Aus der Praxis - Stress ist ein Symptom und kein Indiz für Leistung

Manche Menschen sind extrem gestresst, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Sie jagen durch das Leben, als seien sie auf der Flucht, haben einen Termin nach dem anderen und kein Gefühl mehr für das, was ihnen fehlt. Andere wissen sehr wohl um ihren Stress und würden sich gern einem ruhigeren Fluss des Lebens hingeben, wissen aber nicht, wie. Äußerer Erfolgsdruck, aber auch innere Rastlosigkeit können uns massiv daran hindern, ruhig und gelassen zu sein. Das Gefühl, unentwegt etwas Sinnvolles oder Einträgliches tun zu müssen, an dessen Ende irgendein „Produkt“ wie Geld, Erfolg oder Anerkennung steht, zwingt viele zu ständiger Aktivität. 



Meistens ist diese Haltung anerzogen, nicht selten aber ist sie ein fehlgeleiteter Kampf um den eigenen Selbstwert, der sich nur dadurch definiert, was wir zu leisten fähig sind.  
Der in unserer Leistungsgesellschaft verbreitete Glaube, dass Nichtstun etwas Negatives ist, füttert die kollektive Jagd nach produktiven Ergebnissen. Im Grunde geht jede ausgeprägt „aktivistische“ Lebensweise mit der Annahme einher, dass Nichtstun gleichbedeutend mit Faulheit und Versagen ist. Ein Mensch, der glaubt immer etwas leisten zu müssen beutet sich selbst aus. Er hetzt durch das Leben, durchdrungen vom Drang etwas erreichen zu müssen und das immer wieder aufs Neue. Denn nichts ist gut genug, nichts erfolgreich genug, da geht immer noch mehr. Diese Menschen definieren sich über Erfolge, weil sie sonst nichts haben, wodurch sie sich selbst spüren können und sie empfinden ihren „hausgemachten Stress“ sogar noch als Leistung an sich.
Ein solches Leben ist im Grunde leer. Nimmt man diesen Menschen, das wofür sie sich so sehr anstrengen, fallen sie in ein tiefes Loch auf dessen Boden sie die Sinnlosigkeit anstarrt. Alles worüber man sich definiert hat fällt ab wie eine Makulatur, weil es in der Tat nur Makulatur ist. Ein Leben ohne Inseln der Ruhe und bewusst gesetzten Phasen der Kontemplation geht oft einher mit immer neuen körperlichen Beschwerden, Depressionen oder es endet schließlich im Burn-Out.
Dabei ist Ruhe etwas völlig anderes als Faulheit oder Trägheit. Ruhe bedeutet nicht unbedingt Nichtstun, sie kann sich auch in großer Aktivität einstellen, dann nämlich wenn unser Tun sich im Einklang mit unseren inneren Bedürfnissen befindet. Dann kann uns selbst der größte Trubel nichts anhaben, weil wir in unserem Tun aufgehen. Faul und träge werden wir nur, wenn wir erschöpft vom stressigen Leben am Abend oder an den Wochenenden völlig platt und erschöpft auf dem Sofa landen und zu nichts mehr fähig sind ausser zum Konsumieren nichtsagender Fernsehprogramme, Alkohol oder anderen Drogen.
Das Gefühl von Dauerstress überwältigt den Menschen dann, wenn er fremdbestimmt ist und zwar von Aktivitäten, die mit ihm selbst im Grunde gar nichts zu tun haben.  

Wenn wir unsere Bestimmung finden und leben, fühlen wir eine tiefe Liebe zu unserem Tun und ein tiefes Erfülltsein. Und wir fühlen uns nicht gestresst.
So paradox es klingt: Für dauergestressten Erfolgsmenschen ist es bequemer, gestresst zu sein, als sich neu zu orientieren und sich auf das zu besinnen, wovor sie eigentlich wegrennen – vor sich selbst und dem, was ihre wahren Sehnsüchte und Potentiale sind z.B.

Im Prinzip entspricht dieses Stressleben der Sykose, einer seit Samuel Hahnemann in der Klassischen Homöopathie bekannten chronischen, sogenannten miasmatischen Krankheit. Stress und Aktionismus verhindern nämlich am sichersten die Wahrnehmung unserer Emotionen. Darum sind sie gerade in unserer Zeit eine beliebte Strategie, Gefühle zu überdecken.

Wer unter stressbedingten Krankheitssymptomen leidet und keine Ruhe mehr findet, den zwingt das Leben im Grunde zu einer Neuorientierung. Diese muss jedoch nicht auf beruflicher Ebene stattfinden, wo sie ja tatsächlich nicht immer leicht zu realisieren ist. Vielmehr geht es um eine innere Umstrukturierung: das Loslassen alter und das Suchen neuer innerer Muster, das Aufspüren verdrängter Probleme und das Finden erfüllender Interessen und Talente – und zwar auf dem Weg nach Innen. Im besten Fall ziehen dann solche inneren Bewegungen auch äußere Veränderungen nach sich ziehen.

Stress ist ein Symptom und keine Leistung, das zu begreifen ist ein erster Schritt zu Ruhe und Gelassenheit.

Samstag, 21. September 2013

Je näher ich meinen Schatten komme, desto klarer erkenne ich mich selbst.




Grundsätzlich enthalten alle Krankheiten und jede aufwühlende Begebenheit oder Begegnung eine tiefe Symbolik. Das Ziel ihrer Deutung besteht darin, dass wir Projektionen und unbewusste Verhaltensstrukturen erkennen und versuchen sie aufzulösen, um so zu einem liebevolleren, harmonischeren Umgang mit uns selbst zu finden.


Das Sich-selbst-Erkennen setzt fehlgeleitete Energien frei. „Selbsterkenntnis ist der erste Weg zu Besserung.“ Damit ist nicht gemeint, Dinge an uns zu verbessern, weil sie anderen missfallen, es heißt vielmehr: wenn wir uns selbst anerkennen, mit allem, was uns ausmacht, so wie wir sind, geht es uns besser.

Das bedeutet natürlich nicht, dass uns das Leben dann keine Aufgaben mehr stellt. Aber wir erleben unser Dasein als einen Prozess, in dessen Verlauf wir uns selbst, unsere  Erfahrungen und unsere Biografie mehr und mehr anerkennen und annehmen können, während wir gleichzeitig unsere Kräfte stärken und unsere Persönlichkeit entwickeln
Je bewusster wir uns unserer selbst  werden, desto selbstbestimmter können wir unser Leben gestalten. 




Freitag, 20. September 2013

Aus der Praxis - Zukunftsangst




Viele Menschen haben Angst vor der Zukunft. Auch junge Menschen. In einer Zeit, in der Zukunftschancen bröckeln und auch eine gute Ausbildung keinen Arbeitsplatz garantiert, in einer Zeit, in der immer mehr Leistung für immer weniger Geld gefordert wird, das letztlich immer weniger wert ist, in einer Zeit, in der die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinanderklafft und Politiker uns schamlos belügen und uns Sand in die Augen streuen, in der Hoffnung, dass wir völlig erblinden, in einer Zeit, in der Familien bröckeln und die Vereinzelung des Individuums zum kollektiven Narzissmus mutiert, in einer Zeit, in der Mitgefühl zur leeren Worthülse mutiert, in einer Zeit, in der jeder sich selbst der Nächste ist und für alles angeblich selbst verantwortlich – kein Wunder, da muss man ja Angst bekommen.
Angst vor der Zukunft kennt jeder von uns. Immer mal wieder meldet sie sich zu Wort, laut oder leise, auf konkreten Gedanken und bevorstehenden Veränderungen gegründet oder auf Gefühle, die wir nicht wirklich verstehen. Zukunftsangst sucht sich immer neue Wege und sie maskiert sich immer wieder neu: Als konkrete Sorge um etwas Bevorstehendes, als Befürchtung eines Problems, das wir kommen sehen oder zu sehen glauben, als Angst vor einem Verlust oder einer Veränderung, als Ahnung, dass eine bestimmte Entwicklung sich irgendwann zuspitzen wird, als Sorge um den Arbeitsplatz, als Furcht vor Krankheit, Alter und Tod, als Angst um die finanzielle Existenz. 

All diesen Ängsten gemeinsam ist, dass sie sich sowohl auf die individuelle als auch auf die kollektive Ebene richten können. Die eigene oder die allgemeine Arbeitslosigkeit, die Veränderung persönlicher oder globaler Lebensumstände, die Angst vor einem Unfall oder vor Kriegen – alles ist nur eine Frage der Perspektive: Angst bleibt Angst, und Angst vor der Zukunft hat tausend Gesichter. In einem gewissen Maße ist Sorge um unsere Zukunft verständlich und menschlich, denn sie hat mit Verantwortung zu tun für das Leben im Morgen. Wenn diese Angst aber das Leben zu dominieren beginnt, dient sie uns nicht – sie schwächt uns im Jetzt, sie lähmt und überschattet unsere Tage.  

Zukunftsangst ist ein zivilisatorisches Problem: Sie ist erst mit dem Zusammenleben der Menschen in größeren Gruppen entstanden. Denn je komplexer das Zusammenleben von Menschen ist desto größer ist auch das Bewusstsein für die Zukunft – und damit auch die Angst vor dem, was kommen wird. Am Anfang unserer kulturellen Entwicklung ging es vor allem darum, elementare, überlebensnotwendige Dinge zu planen: das Dach über dem Kopf, die Beschaffung und das Anlegen des Vorrats an Nahrungsmitteln, den Schutz vor Feinden. Mit der wachsenden Komplexität unserer menschlichen Gemeinschaft sind dann immer mehr Planungen dazugekommen. Heutzutage ist Planen eine Art Sucht geworden, alles und jeder wird verplant. Sogar Kinder verplanen wir. Wir bringen ihnen bei wie sie ihre Lebenszeit in Planungsabschnitte einteilen. Es ist der schiere Wahnsinn, wenn man sich den Terminkalender so mancher Schüler betrachtet. Man fragt sich: Wie schaffen diese Kinder es eigentlich einfach mal Zeit zum Spielen zu finden oder Zeit um sich zu so richtig zu langweiligen, damit sich ihre eigene Kreativität entfalten kann? Aktivität ist angesagt verbunden mit dem Konsumieren von Dingen und dies möglichst lückenlos, sonst könnten unsere Kinder ja auf dumme (eigene!) Gedanken kommen über die wir keine Kontrolle mehr haben. Wir hetzen sie wie uns selbst durch die Zeit und das in einem Tempo, das die Seele überfordert und die Angst gebiert und füttert vor einem Leben, das nicht planbar sein könnte. Genau dieses Konditionieren auf Planbarkeit erschafft Angst vor dem nicht Planbaren, nicht Kontrollierbaren - und das ist nun mal für uns alle die Zukunft, das unbekannte Morgen.

Kein Wunder, dass eine ganze Gesellschaft  Angst spürt, wenn die Menschen, die sie bilden sich ständig Gedanken über die Beherrschung der Zukunft machen. Im Grunde wissen wir nämlich alle instinktiv – die Zukunft lässt sich nicht beherrschen, schon gar nicht durch Pläne. „Willst du Gott zum Lachen bringen, erzähle ihm von deinen Plänen.“ 

Wer alles planen will, dem fehlt Vertrauen, das Vertrauen in den Fluss des Lebens und Gottvertrauen.

Wo das Vertrauen fehlt ist die Angst. Die gemeinsame Wurzel aller Ängste ist das fehlende Vertrauen. Vertrauen erwerben wir als Kind. Wenn dies nicht gelingt oder das Vertrauen immer wieder zerstört wird, aus welchen Gründen auch immer, entsteht ein Angstproblem. Es kommt zu mangelndem Vertrauen in uns selbst, in die Umstände und in die Welt. Dies ist insofern schwierig zu behandeln, als der Verstand immer wieder überprüft, ob die Argumente dafür, ein größeres Vertrauen zu entwickeln, überhaupt glaubhaft und wahrscheinlich sind. Mit logischen Argumenten ist Angst daher genauso wenig mal schnell beizukommen wie anderen seelischen Problemen. Wenn die Angst erst einmal geboren ist muss es noch nicht einmal eine reale Bedrohung sein, die uns Angst macht. Da reicht schon das bloße Denken an ein mögliches Problem. So gesehen haben viele psychosomatische und seelische Erkrankungen ihren Ursprung in der Zukunft, genauer gesagt: in unserer Zukunftsorientiertheit.  

Der Schlüssel zum Umdenken heißt: Vertrauen. Wer sich selbst, seiner Kraft und seiner Kreativität vertraut, vertraut dem Leben, der kann seine Kraft im Hier und Jetzt entfalten und ein gesundes Verhältnis zur Zukunft entwickeln, ohne diese zu verdrängen. Nur ist das, wie gesagt, so ein Sache mit dem Vertrauen. Wer es als Kind nicht vermittelt bekam und nicht gefühlt hat, hat schlechte Karten es später zu entwickeln. Aber es ist möglich, wie alles, wenn wir uns auf den Weg machen und es versuchen, jeden einzelnen Tag neu, im Jetzt.


Donnerstag, 19. September 2013

it takes two for tango


Aus der Praxis - Ein Weg zu innerer Klarheit



Jeder von uns hat seine Glaubenssätze. Die meisten dieser Glaubensätze sind übernommen und stammen aus der Kindheit. Als Teil unserer menschlichen Eigenschaft, Dinge zu bewerten, gehören sie zu unserem Leben. Es kommt aber darauf an, ob sie uns gut tun, uns stark und frei machen oder ob sie uns schwächen oder sogar auf Dauer krank machen. In jedem Glaubenssatz, besonders in jenen, die uns nicht als solche bewusst sind, liegt eine immense  Kraft. Diese Kraft kann sowohl fruchtbar als auch zerstörerisch für unser Leben sein. 
Aber, wie werden wir uns dieser schwächenden Glaubenssätze bewusst? Wie gelingt es uns unser wahres Wesen aufspüren, wenn es von anerzogenen Vorstellungen und Konditionierungen verschüttet ist, vielleicht sogar so sehr verschüttet, dass wir nicht wissen, wer wir  sind und was wir wirklich wollen?
Unser wahres Wesen ist kein Neuland. Wir haben es schon oft und immer wieder berührt. Und zwar dann, wenn wir mit Leib und Seele und mit aller Liebe bei einer Sache sind, mit der wir vollkommen übereinstimmen. Wer dieses Gefühl kennt, weiß, das ist ein äußerst harmonischer Zustand, in dem wir ganz bei uns selbst sind, weil das, was wir tun, unserem wahren Wesen zutiefst entspricht. Worum es sich dabei handelt, spielt keine Rolle, es kann Malen, Schreiben oder Musik machen sein, es kann ein Naturerlebnis sein oder Blumen pflanzen. Entscheidend ist das Gefühl, in der eigenen Mitte zu ruhen und das, was wir tun aus tiefstem Herzen heraus zu tun oder zu erleben, ohne den Kopf dabei einzuschalten.

Das Gehirn ist autark, es steht über allem und es kann uns täuschen bei allem. Es ist ein hochkomplexes Organ, es macht Konstruktionen und es denkt aus der Matrix unserer Erfahrungen heraus. Nur unser Herz hat eine tiefe Verbindung zu uns selbst. Es ist der Wegweiser zu unserer Seele und dem, was sie in diesem Leben erfahren will. Das Gehirn hat ständig andere Prioritäten, nach denen es seine Entscheidungen ausrichtet. Zum Beispiel: Was denken die anderen? Was erwarten die anderen von mir?  Wie funktioniere ich im Sinne des Systems? Was hat man mir beigebracht über das Leben? u.v.m. All das ist wichtig für die Orientierung in der materiellen Welt, aber wenn dieses Denken überhand nimmt und ständig das Herz überstimmt, sind wir niemals bei uns selbst. Wir orientieren uns an der Außenwelt und ihren Glaubensmustern und halten sie für die eigenen Überzeugungen. Die Folge: Wir richten uns danach, was andere tun oder was andere von uns erwarten, was uns beigebracht wurde und was andere als falsch oder richtig ansehen.
So zu leben kann nicht gut gehen, weil das Herz nicht darin aufgehen kann, weil all das nicht seiner Frequenz entspricht und es nicht zu einer Resonanz mit uns selbst kommt.  Zur Resonanz, zum Einklang mit dem, was wir sind, kommen wir nur mit dem Herzen, und zwar dann, wenn wir das Gefühl haben, so ist es richtig für uns. Wer diesem Gefühl folgt, auch wenn er damit gegen den Strom schwimmt kommt bei sich selbst an, er lebt seinem inneren Wesen entsprechend. Wenn uns das gelingt spüren wir inneren Halt. Erst wenn wir diesen Halt in uns selbst gefunden haben, können wir ruhig und gelassen sein, dann haben wir das Gefühl des tiefen inneren Friedens, des Einklangs mit uns selbst und unserem Leben. 

Nachtrag: Es gibt keine endgültigen Entscheidungen. Jede Entscheidung im Leben ist immer der aktuellen Situation angepasst, und sie ist immer nur eine Neupositionierung gemäß dem eigenen Inneren.



Mittwoch, 18. September 2013

seidene fäden





er hatte sein herz an sie gehängt
hing an ihr 
wie an seidenen fäden

als sie ihn von sich stieß
fiel er ins bodenlose
und schlug auf

Dienstag, 17. September 2013

Die Kunst spricht (nicht nur) für sich allein.
Wie Künstler sich selbst und ihre Arbeit überzeugender präsentieren ...

Die Kunst ist brotlos. Kennen wir alle den Spruch und nein – wir lieben ihn gar nicht, wir Künstler. Wer Kunst macht hat einen Beruf, von dem viele glauben, dass er entrückt, weltfremd, unrealistisch, versponnen und im Grunde total nutzlos ist. Denken die Leute an Künstler, fällt ihnen meist sofort ein eigenartiger Typ mit abgerissenen Klamotten ein, der sich in sein Atelier eingräbt und in seiner splendid isolation seiner Kunst frönt. 
Klar schafft es nicht jeder der Kunst macht, ein zweiter Beuys oder ein neuer Neo Rauch zu werden. Kunst machen ist ein hartes Brot, davon zu leben ist noch härter. Das mit dem brotlos stimmt leider in den meisten Fällen. Selbst als Meister seiner Kunst kann ein Künstler nicht von seinen Werken leben, wenn es ihm nicht gelingt seine Werke an die Öffentlichkeit zu bringen und sie zu verkaufen.

Kleine Info: Der Künstlersozialkasse zufolge verdienten Künstler im Jahr 2010 durchschnittlich 16.458 Euro jährlich! Am wenigsten verdienen Künstlerinnen unter 30 Jahren. Sie brachten es auf gerade mal 12.764 Euro. Dies sind ca 800 Euro im Monat Netto – in der Tat zu wenig für die Butter auf dem Brot.

Wie stellt man es also an, dass ein paar Euro mehr aus der Kunst rausspringen? Wie verkauft man seine Kunst, vorausgesetzt man will das überhaupt? Wie bringt man also die Kunst zum Käufer?

Da hilft sicher nicht die Vision allein. Vom visionieren und erschaffen tut sich nämlich in Hinblick auf das Verkaufen gar nichts. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Tatsache ist: Ein Künstler braucht wie jeder der etwas verkaufen will Marketing. Und wer darauf keinen Bock hat, braucht jetzt nicht weiter zu lesen.

Für alle anderen gilt: Kunstmarketing bedeutet Eigenvermarktung und das ist die schwerste aller Marketingherausforderungen. Denn: Erstens muss sich der Künstler als Person vermarkten, sich einen Namen machen – kurz, er ist seine eigene Marke. Dazu braucht er ein Branding und noch so einiges. Zweitens: Es geht um Produktvermarktung – heißt: Die Vermarktung der Kunstwerke selbst auf einem riesigen Kunstmarkt.
Boah, das ist mal eine Herausforderung! Ich sage Euch gleich – ja, ist es! Und ich sage Euch ehrlich: Ich für meinen Teil habe diese Herausforderung, was meine Kunst angeht, gelassen. Mir ist das zu anstrengend. Aber ich mache, neben allem was ich sonst mache, Marketing für andere, das fällt mir leicht und macht mir Spaß.

Wenn man Du als Künstler diese Herausforderung annehmen möchtest bedeutet das: Du musst eine Entscheidung treffen und die heißt: Will ich oder will ich nicht? Ich gehe jetzt davon aus - Du willst. Und so abgedroschen es klingt – für den, der will, gibt es Wege. Und zwar eine Menge kreative Wege. Wie die aussehen können? Entdecken wir die Möglichkeiten in meinem Workshop am 12. und 13. Oktober in der Wiesbadener Freien Kunstschule.
Ich freue mich auf Euch!
Info und Anmeldung: 
Wiesbadener Freie Kunstschule
Friedrichstr. 7
65185 Wiesbaden
T 0611 / 59 86 87 und jederzeit unter 0170 / 670 20 29  

Email: wfkunstschule@aol.com | www.w-f-k.de
http://www.w-f-k.de/aktuell%20html/aktuell%20workshops%20angebote%20a.wende.html 

wenn



wenn wir zu uns selbst und dem was uns umgibt liebe empfinden und diese liebe leben, brauchen wir keine gebote und keine gesetze.  

denn diese liebe sorgt von selbst dafür, dass wir nicht zerstörerisch gegen uns selbst oder andere wirken.

almost blue

                          
          http://www.youtube.com/watch?v=z4PKzz81m5c

Aus der Praxis - vom Konstruktiven Denken

Unsere Gefühle und Gedanken können uns Energie rauben oder auch verleihen. Mit dieser Erkenntnis arbeitet auch das Positive Denken, das vorwiegend auf Autosuggestion beruht. Mitunter lassen sich damit zwar schnelle Wirkungen erzielen, der Nachteil am positiven Denken ist jedoch, dass es immer auch die Gefahr der Verdrängung in sich birgt. 
Wenn wir uns  zum Beispiel innere Ruhe suggerieren, mag es zwar sein, dass wir sie irgendwann empfinden. Aber damit lösen wir nicht das eigentliche Problem wie unverarbeitete Erlebnisse oder ungelöste Konflikte, die uns unruhig machen, wir verdrängen sie nur und der zugrundeliegende Konflikt sucht sich andere Wege und Symptome. Es ist, als würden wir ein Bild, das wir nicht mögen, einfach übermalen. Das Bild scheint verschwunden, es ist aber eigentlich immer noch da. Verdrängung ist eine der größten Ursachen für eine geschwächte Lebenskraft. Darum ist Autosuggestion meist nur in Ausnahmefällen wirklich sinnvoll. Vor allem dort, wo schwierige Situationen nicht durch Bewusstseinsentwicklung veränderbar sind – etwa beim Umgang mit einer unheilbaren Krankheit. Um Ausnahmefälle handelt es sich hierbei insofern, als die erlebten Situationen nicht im direkten Zusammenhang mit der eigenen Entwicklung stehen. Wie das Wort „Ausnahmefall“ schon sagt, kommen solche unpersönlichen Situationen im gewöhnlichen Leben aber nur selten vor, gemessen am Gesamterleben aller Menschen.  
Beim Positiven Denken kommt es also, wie bei allen Dingen, auf den richtigen Gebrauch an. Wir können es dazu nutzen, uns gegen extreme Einflüsse von außen stark zu machen – wir können uns damit aber auch selbst schwächen. Wenn Menschen das Positive Denken pauschal auf alles anwenden, so bringt dies nicht nur die Gefahr der Verdrängung mit sich, sondern auch eine starre Geisteshaltung. Indem sie nämlich negative Bewusstseinsinhalte einfach ignorieren‚ verhindern sie damit  jede seelische Entwicklung. Reifen und heilen, heil werden, können wir nur, wenn wir auch unangenehme Gefühle und Gedanken ernst nehmen und bereit sind, uns aktiv mit ihnen auseinander zu setzen, anstatt sie einfach auszublenden. 

Nehmen wir das Beispiel der Aggression. Stellen wir uns eine Situation vor, in der wir aggressive Gedanken und Gefühle in uns spüren. Diese Regungen unterdrücken wir mit aller Kraft, weil wir sie als „negativ“ bewerten und weil wir den Konflikt mit der Außenwelt scheuen, den das Ausdrücken unserer Aggression wahrscheinlich nach sich ziehen würde. Letzteres ist natürlich legitim, denn es ist unser gutes Recht, unsere Gefühle bei uns selbst zu lassen und zu entscheiden, was wir den anderen in angemessener Form mitteilen. Dies wäre im „gesunden“ Fall das reflektierte Ergebnis der Aggression, also das, wozu die Aggression uns eigentlich bringen wollte. Dies kann zum Beispiel die sachliche Äußerung konstruktiver Kritik sein, zu der wir uns ohne die Aggression nicht durchgerungen hätten. Ersteres, das Unterdrücken zeigt aber, dass wir die Aggression sogar uns selbst gegenüber leugnen und sie uns nicht anschauen wollen. Auf diese Weise betrügen wir uns selbst
Aber warum sollten wir unsere Gefühle vor uns selbst verbergen? Dazu gibt es nur ein Motiv - nämlich jenes, auch den Konflikten im eigenen Inneren aus dem Weg zu gehen. Denn für diese inneren Konflikte ist die Umwelt nur der Spiegel. Das heißt im Klartext: Jedes Mal, wenn wir ein Gefühl, bzw. einen Bewusstseinsinhalt negieren, arbeiten wir gegen uns selbst. Wir berauben uns selbst der Chance unser Leben frei zu gestalten. Wenn es uns aber gelingt alles zunächst einmal so, wie es in unserem Bewusstsein auftaucht anschauen und ernst zu nehmen, lernen wir aktiver und souveräner mit unserem Leben umzugehen. Problematisch werden Bewusstseinsinhalte nur durch unsere eigene negative Bewertung oder gar Leugnung.  

An sich ist kein Gedanke und kein Gefühl „gut“ oder „schlecht“. Erst das Denken macht es dazu. Prinzipiell müssen wir natürlich immer werten und tun es auch, weil das Werten tief in der menschlichen Natur begründet liegt. Aber gerade deshalb ist es wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass es keine absoluten Wertmaßstäbe gibt. Eine echte Persönlichkeitsentwicklung ist nur auf dieser Basis möglich.
Wenn wir tiefer ins Leben hineinsehen und uns wirklich entwickeln wollen verdrängen wir negative Gedanken, Gefühle und Eigenschaften nicht mehr, sondern versuchen ihre Bedeutung für unser Leben herauszufinden. Wie weit wir dabei gehen wollen, bestimmen wir selbst. Wir haben jeden einzelnen Tag immer wieder die Möglichkeit, uns für oder gegen eine neue Sichtweise zu entscheiden, für oder gegen uns selbst.

Samstag, 14. September 2013

Tanja Ritterbex „Secretly gold fever“




                                                  http://www.tanjaritterbex.com/



In einer auf Video dokumentierten Performance aus dem Jahr 1975 bürstet sich eine Frau ihr Haar so hart und heftig, dass man beim Zusehen ihren Schmerz spürt. Die Frau ist die Performance-Künstlerin Marina Abramović. 2013: In einem Video in der typischen Videoclipästhetik der You Tube Generation bürstet sich eine Frau ihr Haar nervös und heftig und schminkt sich das Gesicht bis künstliches Blut fließt. Die Frau ist die junge holländische Künstlerin Tanja Ritterbex die der Kunstverein Eisenturm mit der Ausstellung „Secretly gold fever“ im MVB Forum vorstellt. Während Abramović mit ihren Performances spürbar macht, dass da etwas Existentielles passiert und den Betrachter in einen Sog zieht, bleibt dieser bei Ritterbexs konstruierter Inszenierung unberührt. Es ist als halte man uns eine Maske entgegen mit einem lauten: „Schau!“. Wir schauen, aber das Ich-Fremde kommt nicht an uns heran, es bleibt gefangen in seinem Narzissmus.

Auf großen und kleinen Leinwänden inszeniert die Holländerin die Landkarte ihrer Befindlichkeiten. Grell, knallbunt, wild und expressiv kommt sie daher die histrionische Selbstschau, in der der stumme Schrei nach Nähe und Unbeschwertheit in der gestischen Starre der comicartigen Figuren stecken bleibt. Ritterbex mit Gurkenmaske im Bett, der Mann daneben unbeteiligter Statist, Ritterbex mit weit aufgerissenen Augen zwischen Kleidern und Make-up Utensilien, und immer mit ihren „big fat hands with beautiful nails“, die auch als Skulptur Gestalt annehmen. Hier ist ein weiblicher Narzissmus am Wirken, der den Betrachter als Reflektionsfläche für die eigene Selbstbespiegelung braucht wie einst Narziss den See, in dem er schließlich ertrank. Wie bei Narziss wird die Libido ausschließlich in die eigene Subjektivität investiert. Die Folge: Dem narzisstischen Subjekt erscheint die Welt nur noch als Abschattung seiner selbst, es ist innerlich zutiefst einsam, zermürbt von seinem Drang nach Selbstoptimierung und es gibt nichts und niemanden, der es aus seinem inneren Käfig befreien kann. 

Nun ist die Selbstbespiegelung in der Kunst kein neues Phänomen, aber nie war sie so nah am Puls der Zeit wie heute. Die Schwächung der Selbstliebe und der Verlust der Empathie sind die Auswüchse der zunehmenden Narzissifizierung des Individuums, die die Begegnung mit anderen erschwert und nicht nur den inneren Raum, sondern auch den zwischenmenschlichen Raum schwächt. Dieses Werk ist sehenswert. Es hat die beste Voraussetzung als malerisches Zeitgeistdokument zum Hype zu werden.