Dienstag, 28. Oktober 2025

Die Frage nach dem Sinn des Lebens

 



Irgendwann hat sich wohl jeder einmal die Frage gestellt: Was ist der Sinn des Lebens?
Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist eine der ältesten, komplexesten und subjektivsten Fragen der Menschheit. Sie wird in verschiedenen Kulturen, Religionen und philosophischen Strömungen unterschiedlich beantwortet. Sie wird von jedem Menschen je nach philosophischer, religiöser, psychologischer oder gesellschaftlicher Perspektive unterschiedlich beantwortet.
Fakt ist: Es gibt viele Antworten, aber keine definitive Antwort.
Wenn wir nach dem Sinn fragen, heißt das, dass wir davon ausgehen, dass es einen Sinn gibt, einen Grund für unser Dasein und die Existenz.
Fragen wir einmal anders: Gibt es überhaupt einen Sinn des Lebens?
Vielleicht ist die Sinnhaftigkeit des Lebens nichts weiter als ein von Menschen gemachtes Konstrukt? Möglich.
Vielleicht IST alles einfach nur – ohne Sinn.
Wir existieren ohne Sinn.
Das Leben hat keinen Sinn.
Es gibt keinen Sinn.
Damit wären wir bei der Existenzphilosophie und bei Jean Paul Sartre angelangt, der behauptet, dass es keinen vorgegebenen Sinn des Lebens gibt, sondern dass jeder Mensch seinen eigenen Sinn erschaffen muss. Dies steht im Gegensatz zu vielen traditionellen Philosophien und Religionen, die an einen göttlichen oder einen universellen Plan für den Menschen glauben. Für Sartre ist der Mensch dazu verurteilt, frei zu sein, womit er meint, dass wir die Freiheit haben, unser eigenes Leben zu gestalten, aber auch die Verantwortung dafür tragen müssen.
Der Nihilismus legt noch eins drauf und behauptet: Es gibt keinen objektiven Sinn, keine Werte und keine moralischen Wahrheiten. Alles Zufall. Das Leben, unser Dasein hat keinen Sinn und weil das so ist kann es sogar abgelehnt werden.
Aber wenn wir davon ausgehen, dass das Leben keinen Sinn hat, wozu dann leben?
Hier findet der Hedonismus einen Ansatz: Um Glückseligkeit zu empfinden. Im Hedonismus ist das höchste Gut im Leben der Genuss und die Freude. Alle unsere Handlungen sollen darauf abzielen, persönliches Wohlbefinden und Freude zu maximieren. Schmerz und Leid hingegen wird als negativ angesehen und sollte tunlichst vermieden werden.
Wishfull thinking. Das Konzept scheitert schon daran, dass es ein Leben ohne Leid nicht gibt.
Wie man es dreht und wendet, was der Sinn des Lebens ist oder ob es überhaupt einen Sinn gibt: wir wissen es nicht. 
 
Es geht nicht darum immer den Sinn erkennen zu müssen. Es geht darum, dass der Mensch, auch wenn es keinen objektiven Sinn gibt, nun mal ein Sinnsucher ist. Das Streben nach Sinn ist tief in unserer Psyche verwurzelt. Die Suche nach Sinn ist ein grundlegendes und natürliches menschliches Bedürfnis. Würde der Mensch nicht nach Sinn suchen hätte sich die Menschheit nicht entwickelt. Sinnsuche und Sinngestaltung unterscheidet uns u.a. vom Tier. Erst die Sinnsuche ermöglicht es uns Werte zu definieren, nach unseren Werten zu leben und zu handeln und unser Leben zu gestalten, Dinge zu erforschen, zu verstehen und einzuordnen, und - Dinge über uns selbst hinaus zu erschaffen und in die Welt hinein zu geben. Das hat nichts Abstraktes - es ist Lebendigkeit, gelebtes Leben, Schaffenskraft, Schöpfertum. Also scheint es, brauchen wir Sinn, weil es sinnvoll ist ihn zu haben.
Das Gefühl für den Sinn des Lebens führt zu größerer Lebenszufriedenheit. Menschen, die glauben, dass ihr Leben bedeutungsvoll ist, sind zufriedener, erfüllter und emotional stabiler. Sie leiden seltener unter psychischen Störungen. Sinnempfindung kann uns Kraft, Motivation und Hoffnung geben, insbesondere in schwierigen Zeiten. Sinnempfindung hilft dabei, Herausforderungen und Widrigkeiten besser zu bewältigen. Wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihre Erfahrungen, auch die schmerzhaften, einen Sinn haben, sind sie resilienter. Der Glaube an einen Sinn im Leben lässt uns Lebensziele setzen und Visionen verfolgen. Er lässt uns wieder aufstehen, wenn wir fallen. Menschen, die einen Sinn in ihrem Leben sehen sind motivierter was ihre persönliche Entwicklung und inneres Wachstum angeht.
 
Wenn ein Mensch keinen Sinn empfindet, hat er keine Motivation, was zu Hoffnungslosigkeit und Resignation führt. Er empfindet sein Leben und damit sich selbst als bedeutungslos. Die psychologischen Praxen sind voll von Menschen, die unter Sinnlosigkeit und einer tiefen inneren Leere leiden. Sinnlos empfundenes Leben ist u.a. oft die Folge einer lieblosen Kindheit und misslungener Bindungserfahrungen. Ein Kind hingegen, dass sich geliebt fühlt, zweifelt nicht an seinem Wert als Mensch, es empfindet sein Dasein und das Leben als sinnvoll. Überhaupt Liebe - der größte Sinn, wenn man mich fragt.
 
Wenn ein Mensch keinen tiefen Sinn empfinden kann, worin auch immer, kann er in eine Sinnkrise oder in tiefe Depression fallen bis hin zum Suizid. Um es mit Viktor Frankl zu sagen, der sich sein Leben lang mit der Frage nach dem Sinn befasst hat: „Die Depression hängt nicht allein davon ab, ob da einer arbeitslos ist oder nicht, sondern eher davon, ob er sein Leben für sinnlos hält oder nicht. Die Sinnorientierung ist nicht nur lebenswichtig, sondern überlebens-wichtig! In jedem Menschen steckt das alte und ewige metaphysische Bedürfnis, sich Rechenschaft abzulegen über den Sinn des Daseins.“
 
 
Angelika Wende
aw@wendepraxis.de

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