„Was in Beziehung erkrankt, kann in Beziehung geheilt werden.“
Auch wenn diese These eine starke Vereinfachung ist, ist sie grundsätzlich wahr. Wir heilen nicht ausschließlich in Beziehung, aber eine korrigierende positive Beziehungserfahrung wirkt auf Menschen mit Bindungstraumata und einer Komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung (KPTBS) heilsam.
Eine komplexe PTBS entwickelt sich meist als Folge von schweren, anhaltenden oder wiederholten Traumatisierungen in der Kindheit. Im Unterschied zur PTBS kommt es hier u.a. zu ausgeprägten Beeinträchtigungen im Bereich des Denkens, der Gefühle und der sozialen Beziehungen, verzerrter Selbstwahrnehmung, mangelndem Gefühl für die eigene Identität, geringem Selbstwertgefühl, Vernachlässigung der Selbstfürsorge, Schuldgefühlen, dem Gefühl, von anderen isoliert zu sein, andauerndem Gefühl der Leere und Hoffnungslosigkeit, Gefühl der Entfremdung von anderen Menschen, anhaltendes Misstrauen und die Neigung wieder in die Opferrolle zu geraten.
Eine gesunde Beziehungserfahrung in der Kindheit ist wichtig für unsere Entwicklung. Eine gesunde Beziehung basiert auf Ehrlichkeit Vertrauen, Respekt, Verlässlichkeit, Zuneigung und Liebe. All das haben Menschen mit Bindungstraumata nicht erfahren. Fatalerweise machen sie oft auch in späteren Beziehungen erneut ähnliche Erfahrungen, die denen aus der Kindheit gleichen.
Es gibt den Kreislauf der Wiederholung, das was Sigmund Freud als Wiederholungszwang bezeichnete. Ein Begriff mit zwei Bedeutungen. Klinisch beschreibt er das unbewusste Wiederholen von balastenden Erlebnissen. Psychologisch bezeichnet er eine Triebkraft, die unabhängig von Lust oder Unlust zur Wiederholung drängt. Man unterscheidet zwischen passiver Wiederholung und aktiver Wiederholung, was beduetet: "Wir wiederholen als Versuch einer Neuschöpfung".
Beides sind untaugliche Versuche, die nur wieder zu Leid führen.
Menschen mit einer KPTBS sind aufgrund des Wiederholungszwanges besonders gefährdet in destruktive Beziehungen zu geraten. Sie haben einerseits eine tiefe Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, andererseits haben sie ein verzerrtes Bild von Liebe und dem, was eine gesunde Beziehung ist. Wer in der Kindheit missbräuchliche oder vernachlässigende Bindungspersonen hatte, findet sich daher immer wieder in Partnerschaften mit einer ähnlichen Dynamik wieder.
Trotz der unheilsamen Erfahrungen suchen sich Betroffene unbewusst PartnerInnen, die die Muster der frühen Beziehung wiederholen, was bedeutet, sie sind anfällig für das Erleben von weiteren Beziehungstraumata. Der Kreislauf von Bedürftigkeit, Misstrauen und Abhängigkeit zieht sich bis ins Erwachsenalter durch und führt dazu, dass die Symptome der KPTBS aufrechterhalten bleiben und sich sogar verstärken.
Was in Beziehung krank gemacht hat wiederholt sich solange bis das Trauma aufgearbeitet wird. Nicht umsonst sagte Freud: "Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten", aber nicht in ungesunder Weise als Tat, ohne zu wissen, dass wir Altes wiederholen, sondern in einem geschützten, sicheren Raum, bestenfalls in einer als korrigierend und positiven erlebten Beziehung zwischen KlientIn und TherapeutIn. In diesem Sinne kann Beziehung dazu beitragen zu heilen, was in Beziehung krank gemacht hat. Eine gesunde Beziehungserfahrung löscht zwar nicht das Trauma, aber sie kann dazu beitragen, dass Traumatisierte neue positive Beziehungserfahrungen machen, was in der Folge dazu führt, dass das Gehirn diese abspeichert. Damit verändern sich eingefahrene neuronale Bahnen, sie werden quasi überschrieben – Stichwort: Neuroplastizität. Wenn das gelingt, werden wir aufgrund neuer gespeicherter Erfahrungen die alten nicht mehr automatisch abspulen. Wir durchbrechen den Kreislauf der Wiederholung.
Du musst lernen, was Liebe nicht ist, um zu lernen, was Liebe ist.

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