Freitag, 22. September 2023

Aus der Praxis: Beobachten

 



Wenn wir auf dem Weg unserer Genesung beginnen uns selbst zu beobachten ist das eine große Herausforderung und sie ist am Anfang zugegebenermaßen anstrengend, denn wir üben inneren Abstand von Gefühlen und Gedanken zu gewinnen.Wir schauen uns achtsam und aufmerksam selbst zu, bei dem, was wir denken und bei dem, was wir tun.
Das kann nerven, ich weiß. Wer hat schon die Disziplin oder die Lust sich den ganzen Tag selbst zu beobachten? Stimmt, aber ohne Selbstbeobachtung wird es nicht gelingen uns aus alten Denkmustern und Programmierungen zu lösen, die unsere Identität bestimmen.
Indem wir uns selbst beobachten aktivieren wir den Teil in uns, der geistige Inhalte beobachten kann, ohne sich mit ihnen zu identifizieren. Wir verhalten uns als eigener Beobachter, der nur zuschaut und nichts bewertet. Dieser Teil, der beobachtet, dass wir beobachten, nennt man auch den inneren Zeugen.
Es ist der Teil in uns, der neutral wahrnimmt, was ist. 
 
Die Fähigkeit des reinen Beobachtens ist eine hohe Kunst.
Und sie ist wirklich schwer zu erlernen. Aber wie gesagt, sie ist sehr hilfreich auf dem Weg der Genesung. Wir bekommen so mehr und mehr innere Distanz zu all dem Mist, den uns unser Denkapparat immer wieder einsagt und lösen uns aus Verstrickungen in uns selbst und mit anderen.
Unser Denkapparat, mitsamt den inneren Stimmen, wird sich mit allen Mitteln dagegen wehren, die Klappe halten zu sollen und nur zu beobachten. Das Gehirn wird immer wieder versuchen die neuronalen Schaltkreise, die programmiert wurden und verdrahtet sind, zu aktivieren. Es erfordert Anstrengung und ein hohes Bewusstsein, sich von diesen Programmierungen nicht überwältigen zu lassen. Wir sollten nicht unterschätzen wie tief diese, von Kindheit an, eingebrannt sind. Sie zu entmachten ist keine bequeme Sache. Es ist schwer das Gehirn umzuerziehen, aus diesen alten emotionalen Programmen auszubrechen und uns achtsam in die Gegenwart zu versetzen.
 
Gewahrsein erfordert Aufmerksamkeit.
Das ist das Entscheidende.
Aufmerksames Beobachten bedeutet nicht gegen unsere Gedanken anzukämpfen oder sie auslöschen zu wollen, denn das funktioniert nicht. Damit würden sie sich nur noch mehr aufbäumen. Es bedeutet ihrem Willen nicht mehr zu folgen und ihnen keinen Glauben mehr zu schenken. Es bedeutet ihnen nicht weiter zu erlauben die Kontrolle zu übernehmen. Das haben wir getan, in dem Moment, als die Programmierung begonnen hat, weil wir nicht anders konnten. Jetzt können wir anders.
Gewahrsein und Aufmerksamkeit mittels des inneren Beobachters zu üben, um Distanz zu uns selbst zu erlangen, bedeutet Freiheit vom falschen Selbst zu erlangen. Es bedeutet zu unserem wahren Selbst zurückzufinden. Es bedeutet, die Freiheit neu zu entscheiden, uns neu auszurichten, darauf, wer wir sein wollen, wie wir im Jetzt denken, fühlen, handeln und leben wollen.

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