Montag, 18. September 2023

Sinnverlust

 

                                                              Foto: A. Wende

 
Sinnverlust stellt sich ein, wenn wir nichts haben, was uns von Innen hält, wenn alles Äußere was uns wertvoll und wichtig war, wegfällt. Je stärker wir den Sinn an Dinge, Geld, Status, Besitz, Erfolg und andere Menschen binden, desto tiefer ist der Fall ins Sinnlose, wenn diese Dinge oder diese Menschen aus unserem Leben verschwinden. Eine solche Erfahrung kann uns in Angst und Depression katapultieren und sogar verzweifeln lassen.
Wer diesen Zustand erlebt hat oder gerade erlebt, weiß wie schnell er Opfer seiner Gefühle wird. Er weiß um die dunklen Schatten seiner Seele, um die Frustration, das Elend, die Verlassenheit, die Hoffnungslosigkeit, die innere Einsamkeit, die Trauer, die Mutlosigkeit und die Resignation, vielleicht sogar um die Lebensmüdigkeit und die Todessehnsucht, die ihn erlösen soll, weil er keine Lösung mehr findet. Weil da nichts mehr ist, wofür sich das Dasein lohnt.
 
Den Sinn verlieren heißt sich selbst verlieren.
Niemand von uns sucht diese existentiell bedrohliche Erfahrung freiwillig auf. Und dennoch gibt es einen Sinn, den man auch hierin noch finden kann, wenn es gelingt, sich diesem Zustand auszusetzen und sich mit den dazugehörigen Gedanken und Gefühlen auseinanderzusetzen. Das Dunkel ist der natürliche Gegenpol zum Licht. Das eine kann ohne das andere nicht existieren und ein Mensch, der sein Dunkel nicht kennt, hat niemals Tiefe. 
 
Den Sinn verlieren und ihn wiederfinden, aber wie?
Wie neu gestalten, was abhanden gekommen ist? Wie der Leere, die die Sinnlosigkeit kennzeichnet, einen Inhalt geben? Wie sich selbst wiederfinden, überhaupt finden oder neu (er)finden?
Es braucht eine klare Vorstellung von dem Menschen, der wir sind und der wir sein wollen, das Gewahrsein der eigenen Identität, verbunden mit dem Wirken selbstständigen, zielgerichteten, sinnhaften Handelns. Das vermittelt uns ein Gefühl von Sinnhaftigkeit. Nichts was von Außen kommt, nur unsere eigene erlebte Gestaltungsmacht gibt uns das Gefühl von Selbstwirksamkeit, die wir brauchen um uns selbst wirksam zu spüren. Dann erfahren wir die Welt als sinnvoll, als verstehbar, gestaltbar und lebenswert.
Jede Phase von Sinnverlust und Sinn neu finden ist ein kämpferischer Reifungsakt, ein Übergang in eine neue Erfahrungswelt, die ebenso zeitlich begrenzt und vergänglich ist, ist wie die Welt, die wir verlassen mussten. Ist der Schritt bewältigt, stellt sich wieder Lebensbejahung ein.
So macht jeder Reifungsschritt Sinn an sich, denn bewältigen wir ihn, erlangen wir ein erhöhtes Bewusstsein für uns selbst und das Leben.
Ist der Sinnverlust nicht zu bewältigen, kommt das Aufgeben. Auch das kann für den, der es wählt, einen Sinn haben.
 
 
"Become your source of entertainment.
"Find something that keeps you alive and get lost in it.
Try not to let that thing be a person, because getting lost in a person only strays you further away from the person you will allways need the most: yourself."
 
Chidera Eggerne

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