Dienstag, 5. August 2014

AUS DER PRAXIS – Die Macht der Erinnerung verstehen und sie entmachten




Jedes Mal, wenn wir mit einer Erinnerung an eine belastende Situation konfrontiert sind, gibt es einen auslösenden Reiz, den man Trigger nennt. Viele der Millionen Reize, die unser Gehirn abgespeichert hat, können durch Dinge ausgelöst werden, die dem ursprünglichen Reiz auch nur im mindesten ähnlich sind. Alle alten Verletzungen sind im Limbischen System des Gehirns abgespeichert und warten darauf, abgerufen zu werden.

Wenn wir als Kind oder irgendwann später in unserem Leben etwas seelisch oder körperlich sehr Belastendes erlebt haben, hat unser Gehirn eine Vielzahl an Reizen (Triggern) abgespeichert, die mit dieser Belastungssituation zusammenhängen. Werden wir nun mit einem ähnlichen Reiz konfrontiert, warnt uns unser Gehirn automatisch, damit wir nicht wieder in die gleiche Situation zu kommen.

Wenn wir getriggert werden fühlen wir uns „wie damals“ als es passierte und wir reagieren „wie damals“, obwohl die aktuelle Situation nicht wirklich mit der alten Verletzungssituation zu vergleichen ist. 
Das Gehirn versucht uns so vor Schmerz zu schützen. Wir reagieren wie damals entweder mit Angst, Lähmung, Widerstand, Rückzug oder Flucht aus der Situation. Das Fatale ist, dass das Gehirn in Momenten wo es solche Reize wahrnimmt, nicht zwischen Vergangenheit und Gegenwart unterscheiden kann. Mit anderen Worten: Für unser Gehirn sind wir immer noch so alt wie damals.

Wir sind Erinnerung und wir reagieren aus Erinnerung heraus.

Aber wir sind dennoch nicht der Sklave unserer Vergangenheit, denn wir können unserem Gehirn beibringen: Du bist heute nicht mehr so klein und du bist heute nicht so hilflos, wie du es damals warst, das ist etwas Altes, das ist vorbei. Wir können unser Gehirn mit neuen Informationen füttern. Wir können lernen, ihm beizubringen, dass wir heute erwachsen sind und die Möglichkeit haben, gut für uns zu sorgen. Wir können unserem Gehirn den Unterschied zwischen Damals und Heute beibringen, selbst wenn wir traumatisiert sind. Wir können neue, heilsame Erfahrungen zulassen. Es dauert bis das Gehirn umlernt, aber es ist möglich. Es ist möglich, in die eigene Kraft zu kommen, sie zu spüren und einsetzen, denn wir können lernen zu unterscheiden, wer in uns reagiert – das innere Kind, unsere alten destruktiven Glaubensmuster und Verletzungen oder der Erwachsene, der wir jetzt sind. Der Erwachsene ist lernfähig. Und mit jedem Lernschritt erfährt er mehr und mehr: Ich bleibe nicht in der Erinnerung stecken, ich bleibe nicht im Käfig destruktiver Gedanken und Überzeugungen sitzen, ich bleibe nicht im Dunkel meiner Erinnerungsbilder zurück, die immer wieder neuen Schmerz verursachen - ich kann etwas tun um meine Gegenwart positiver zu gestalten, auch wenn es dauert.

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