Gestern auf meinem Spaziergang durch die Stadt ist mir dieser Weihnachtswichtel begegnet.
Irgendwie sieht er traurig aus, dachte ich und ob das eine Eigenart von Wichteln ist. Sie haben ja auch eine schweren Auftrag, sie sollen für Magie unter den Menschen sorgen. Und schwere Aufträge können mit der Zeit traurig machen, wenn sie nicht gelingen.
Ich habe zuhause gegoogelt, was die genaue Bedeutung eines Wichtels ist. Google meint: „Ein Wichtel ist eine zauberhafte skandinavische Tradition für die ganze Familie. Er ist ein kleines Helferlein vom Weihnachtsmann oder vom Christkind, der in der Vorweihnachtszeit Magie versprühen und für Freude, gemeinsame Erinnerungen und eine unvergessliche Familienzeit sorgen soll.“
Gar nicht so leicht, ist doch so viel Unheilsames in der Welt. Freude sehe ich da immer weniger, auch wenn es allerorten Weihnachtslieder dudelt, Lichterpracht, die von Menschenmassen überfüllten Straßen schmückt und die Weihnachtsmärkte süßen Glühweinduft und andere herrlich duftende weihnachtliche Gerüche verbreitet.
Stille Zeit, heilige Zeit – wenig davon.
Jedenfalls nicht in den Straßen. Hetze, anrempeln, grimmige oder vom Alkohol rote Gesichter, laute Stimmen und über allem ein Gefühl von – ich weiß nicht, jedenfalls nicht Freude.
Empfinde nur ich das so, habe ich mich gefragt, projiziere ich da was?
Ich mag die Weihnachtszeit, ich freue mich auf die Weinachtstage, da fahre ich endlich wieder nach Berlin und sehe meine kleine Familie wieder. Ich mag die Bräuche und schönen Dinge, die es nur in der Weihnachtszeit gibt. Es ist eine besondere Zeit, auch wenn das Jahr schwer war und ich ziemlich auf dem Zahnfleisch gehe. Ich glaube so geht es vielen Menschen. Sie sind erschöpft. Ich spüre die Energie eines tiefen emotionalen und mentalen Ausgebranntseins.
Irgendwann kann der Resilenteste nicht mehr.
Irgendwann ist der Motivierteste am schwächeln. Irgendwann wollen wir nur noch unsere Ruhe haben vor all dem Unheilsamen um uns herum und in uns selbst, nach all den Jahren der Stapelkrisen, die hinter uns liegen und kein Ende nehmen. Wir erschöpft und zugleich wissen wir, es muss sich etwas Wesentliches im Bewusstsein von uns Menschen ändern.
Aber, was wir ändern können beginnt immer bei uns selbst. Wir können niemanden ändern, schon gar nicht den Zustand der Welt, nur uns selbst. Und das ist schon schwer genug.
„Ich arbeite jeden Tag an mir. Und ich renne im Außen so oft gegen Mauern“, sagte gestern ein Klient zu mir. All die Menschen, die zu mir kommen, kommen weil sie eine hohe Veränderungsmotivation haben. Aber sie spüren auch, dass die Kompetenz um diese Veränderung zu erreichen, schwer stabil zu halten ist. Aus oben genannten Gründen, denn niemand von uns ist eine Insel.
Das Draußen macht etwas mit uns. Egal wie sehr wir uns abschotten, fürsorglich zu uns und unsere Lieben sind – das Außen dringt ins Innere.
Wie sich davor schützen? Schwer.
Den Fokus abziehen von all den Grausamkeiten und dem Elend dieser Welt? Schwer.
Wie sind nicht aus Stein. Wir sind fühlende Wesen, das macht uns aus und weil wir das sind, fühlen wir die unheilsame Energie da draußen.
Uns dauerhaft abgrenzen ist schwer.
Alle Menschen mit denen ich in den letzten Wochen gesprochen habe, sind am Ende dieses Jahres müde oder sogar krank. Nur wenige fühlen sich voller Energie und Lebensfreude. Da ist so viel Traurigkeit, so viel Unsicherheit, so viel Überforderung, so viel Ohnmachtsgefühle, so viel Wut und da ist viel Angst, vor einer ungewissen Zukunft, die alles andere als hell leuchtet wie der Stern von Bethlehem in der Heiligen Nacht.
Die Angst ernst zu nehmen ist klug, denn Angst ist, solange sie nicht krankhaft und lebensbehindernd ist, ein existenzielles Warnsystem, das uns Menschen innewohnt. Sie warnt uns davor uns nicht verschlucken zu lassen von all dem Unheilsamen, das sich mehr und mehr ausbreitet. Deshalb ist es so wichtig, dass wir auf uns Acht geben, so gut wir das vermögen, und dass wir mehr und mehr zum Besseren verändern, was uns und anderen schadet, was immer das für den Einzelnen bedeutet.
Es gibt viel dunkle Energie in dieser Zeit, die nicht einmal die Weihnachtsbeleuchtung in den Straßen erhellen kann. Was wir tun können, was jeder einzelne Mensch tun kann ist, sein inneres Licht nicht verlöschen lassen. Wir brauchen das Licht als Gegengewicht gegen das Dunkle. Wir können etwas verändern, da bin ich mir sicher. Denn wir sind Teile des Ganzen. Wir haben die Kompetenz es zu tun, wenn wir das wirklich wollen.
Was den Wichtel angeht, meint Google: „Um einen Wichtel anzulocken, musst du einfach eine Wichteltür vor die Haustür stellen. Somit wissen die Wichtel, dass sie erwünscht sind und einziehen dürfen.“ Und weil ich bisweilen zum Romantiseren neige, stelle ich mir gerade vor, dass vor den Türen aller Menschen in dieser Welt eine Wichteltür steht.
Gesegnete Weihnachten Ihr Lieben.
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