Alleinsein – all einsein, heißt im Einklang mit uns selbst zu sein, mit uns selbst und mit dem Ganzen gefühlt in Kontakt und verbunden zu sein. Alleinsein bedeutet nicht einsam sein, das zu unterscheiden ist wichtig. Einsam sein kann man auch unter Menschen und in einer intimen Beziehung. Einsamkeit ist schmerzhaft. Sie ist ein Zustand, der nie selbst gewählt ist. Das Gefühl von Einsamkeit wird durch ein emotionales Defizit ausgelöst. Alleinsein bedeutet für sich sein, physisch allein zu sein, also keinen anderen Menschen in unserer Nähe zu haben. Allein zu sein und allein zu leben bedeutet viel Zeit mit uns alleine zu verbringen, alleine Dinge zu tun, alleine unseren Alltag zu meistern, in allen Lebensbereichen alleine für uns zu sorgen, abends in eine leere Wohnung zu kommen und morgens alleine aufzustehen, oft auch an den Wochenenden allein zu sein, Dinge alleine zu tun, niemand zu haben, der da ist, weil Freunde und Familie keine Zeit haben oder weit weg wohnen. Allein leben bedeutet, dass, wenn wir krank sind, niemand da ist, der uns umsorgt.
Allein leben ist eine Herausforderung, vor allem dann, wenn wir es nicht gewohnt sind oder es uns anders wünschen. Es gibt Menschen, die Angst vor dem Alleinsein haben. Für sie ist die Vorstellung alleine zu leben schwer auszuhalten. Sie bekommen schon beim Gedanken daran ein beklemmendes Gefühl. Alleinsein ist für sie mit einer diffusen oder einer konkreten Angst besetzt. Sie sind unfähig das Alleinsein zu genießen und vermeiden es um jeden Preis. Viele Menschen bleiben aus Angst vor dem Alleinsein sogar in unheilsamen Beziehungen. Wer nicht allein sein kann ist abhängig von anderen. Diese Abhängigkeit erzeugt wiederum eine diffuse Unsicherheit. Verlieren diese Menschen wovon sie abhängig sind, ist da eine große Leere. Sie wissen nicht wohin mit sich, nichts mit sich selbst anzufangen, sie fühlen sich lost oder einsam. Manche Menschen haben so starke Angst vor dem Alleinsein, dass diese Angst zu Panikattacken und anderen seelischen Problemen führen kann. Dann spricht man von einer Autophobie.
Die Angst vorm Alleinsein hat Gründe. Meist liegen diese in der Kindheit. Man nimmt an, dass frühe Erfahrungen von Verlusten und Trennungen zu dieser Angst beitragen. Betroffene befürchten eine Wiederholung dieser traumatischen Erlebnisse und wollen diese Erfahrung um jeden Preis vermeiden. Wer Alleinsein als bedrohlich und schmerzhaft empfindet, ist gut beraten, sich professionelle Hilfe zu suchen um mit der Angst umgehen zu lernen. Dabei geht es nicht darum die vollständige Abwesenheit der Angst zu erreichen, Ängste sind hartnäckig, sondern um die Kontrolle über die Furchtreaktion, wodurch sie auf einem subjektiv erträglichen Intensitätsniveau gehalten werden kann und die angstbesetzte Situation nicht mehr vermieden werden muss. Wie bei allen Ängsten gilt auch bei der Angst vorm Alleinsein: Damit wir mit der Angst arbeiten können, müssen wir uns der Angst stellen und dann durch sie hindurchgehen. Wenn wir dagegen ankämpfen, wird sie nur stärker. Je mehr wir versuchen, Angst zu vermeiden, desto intensiver fühlen wir sie. Jedes Mal, wenn wir es schaffen die Angst auszuhalten, wird sie beim nächsten Mal weniger intensiv. Jedes Gefühl, auch Angst, verändert sich, aber dazu müssen wir uns mit Situationen konfrontieren, in denen wir das Gefühl fühlen.
Aber auch das klappt nicht immer und nicht bei jedem. Damit eine neue Wahrnehmung entsteht, müssen wir ein neues Gefühl entwickeln um die Angst auflösen und transformieren zu können. Eine Möglichkeit ist: Wir gehen in die Angst hinein und versuchen in der Angst eine neue Emotion wahrzunehmen. Konkret bedeutet das: Wenn wir Angst vorm Alleinsein haben, sorgen wir dafür gedanklich bewusst in einen positiven Zustand zu kommen, der ein positives Gefühl auslöst.
Es ist hilfreich sich immer wieder zu sagen: Ich alleine mit mir selbst bin frei, ich bin für mich da, ich sorge gut für mich, ich bin in guter Gesellschaft, ich genieße die Ruhe und die Stille. Ich bin dankbar mit mir selbst in Kontakt zu sein. Ich bin nicht allein, ich bin immer für mich da. Diese Worte können helfen ein positiveres Gefühl zu empfinden. Unser Gehirn kann das Gefühl speichern, indem wir diese Gedanken wiederholen. Wir überschreiben alte Annahmen mit neuen Annahmen. Eine weitere Möglichkeit mit der Angst vor dem Alleinsein angemessen umzugehen ist, sich zunächst einmal zuzugestehen, dass man Angst hat. Besonders Menschen, die noch nie alleine gelebt haben fühlen sich am Anfang lost. Das ist normal. Sie müssen ja erst lernen mit der neuen Situation umzugehen und sich ihr langsam anzupassen. Es hilft, sich zu sagen: Dieses Gefühl wird nicht für immer bleiben. Ich habe schon andere schwierige Situationen gemeistert, das schaffe ich auch. Es gibt vieles, was wir für sich selbst tun können, um die Angst zu reduzieren. Schon alltägliche, kleine Dinge, die wir gerne tun oder Dinge an denen wir uns erfreuen, Beschäftigungen, die usn erfüllen, können dazu führen, dass wir uns weniger ängstlich fühlen.
Was kann ich jetzt für mich alleine tun, um mich besser zu fühlen? Was macht mich glücklich? Was macht einen Tag zu einem guten Tag? Bei welcher Tätigkeit vergesse ich die Zeit? Was kann ich für mich tun, was mir jetzt gut tut?
Fragen wie diese sind unterstützend um uns, anstatt auf die Angst, auf einen kreativen Umgang mit dem Alleinsein zu fokussieren. Entscheidend aber ist, um die Angst vor dem Alleinsein zu überwinden, dass man mit sich selbst im Reinen und mit sich selbst zufrieden ist. Alleine sein und alleine leben ist eine Kunst. Die Kunst des Alleinseins ist wie jede Kunst erlernbar. Zugegeben, das ist für Menschen, die Angst davor haben, keine leichte Übung. Es erfordert Geduld, Kontinuität und aktives Tun um die Angst nach und nach zu transformieren. Es lohnt sich, denn wer angstfrei mit sich alleine leben kann, wer mit sich selbst in guter Gesellschaft ist, braucht niemanden um seine Gefühle zu regulieren, sich seine Zeit vertreiben zu lassen und um seine Bedürfnisse zu erfüllen. Er ist selbstbestimmt und emotional nicht von anderen abhängig. Er ist sich selbst genug und damit selbstabhängig, was nicht bedeutet, wenn ihm die Liebe begegnet, dass er sich ihr nicht zuwendet - um zu lieben, nicht um zu brauchen oder um gebraucht zu werden.
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