Immer sind es frühkindliche Kränkungen, oder Missbrauchserfahrungen emotionaler oder körperlicher Art, die als biografische Wurzeln der neurotischen narzisstischen Persönlichkeitsstörung zugrunde liegen.
Das Grundgefühl des männlichen Narziss ist: „Ich bin nicht in Ordnung. Ich bin klein und bedeutungslos.“
Um dieses Ich-Gefühl zu kompensieren, orientiert sich die narzisstisch- neurotische Lebensdramaturgie ausschließlich an einem übersteigerten Überlegenheitsstreben. Der männliche Narziss sucht immer die Überlegenheit. Findet er sie, ist er ansatzweise zufrieden. Jede Situation, in der er glänzen kann, gibt ihm das Gefühl innerer Größe und hilft ihm das schmerzhaft empfundene Gefühl der eigenen „Kleinheit“ zu verdrängen. Nicht selten arbeitet der narzisstische Mann daher oft erfolgreich an seiner Karriere. Frauen gegenüber kann er verführerisch, charmant und überzeugend wirken, besonders dann, wenn ihm die Frau für einen bestimmten egoistischen Zweck für eine gewissen Zeit wichtig ist. Im Grunde aber ist sie für ihn kein Mensch, sondern sie ist vielmehr eine Art Projekt. Hat das „Projekt“ seinen Sinn und Zweck oder seinen Reiz verloren, was meist sehr schnell geschieht, wird es "wie eine heiße Kartoffel" fallen gelassen. Die gestörte überproportionale Selbstverliebtheit, die scheinbare Grandiosität, die immer wieder mühsam innerlich aufgebaut und gespielt werden muss um das tief verankerte Kleinheitsgefühl zu überspielen und das damit verbundene verzerrte unrealistische Selbstbild aufzubauen, kann bei einer ausgeprägten narzisstischen Persönlichkeitsstörung dissoziale Ausmaße annehmen und bis zur völligen Gefühlsabwehr gehen. Diese Gefühlsabwehr untergräbt jede Art von liebevoller, zwischenmenschlicher Beziehung.
Der Narziss ist zu echter Nähe ist nicht fähig.
Tiefe Gefühle und echte Intimität sind für ihn höchst irritierend und daher zu vermeiden. Sie machen ihm Angst. Sein ganzes Inneres ist bestimmt von seiner Urangst, möglichst nicht wieder, so wie er es als Kind erlebt hat, abgewertet zu werden. Gefühle machen ihn unsicher, denn unbewusst fürchtet er sein mühsam aufgebautes falsches und höchst fragiles Selbstwertgefühl könnte Risse bekommen und das wiederum, könnte ihn antastbar machen und ihm ich das Gefühl der Kleinheit geben, das er unbedingt vermeiden muss, weil es ihm unerträglich ist. Mit anderen Worten - hat der narzisstische Mann ein Gefühl für jemand anderen als für sich selbst, reißt ihn dieses Gefühl aus seiner neurotisch konstruierten Mitte. Er schwankt innerseelisch und ist zutiefst verunsichert. Diese Verunsicherung muss sofort abgestellt werden, die Angst seine Defizite könnten erkannt werden, lässt Gefühle nicht zu.
Der neurotische Wunsch immer zu glänzen, besiegt jedes Gefühl von echter Nähe.
Genau das kann bei einer Frau, die Gefühle für einen Narzissten hat, in eine emotionale Abhängigkeit führen, weil sie ständig etwas bei ihm sucht, was er nicht zu geben vermag. Sie kann nicht verstehen, dass ihre Gefühle nicht angenommen werden und versucht immer mehr zu geben, im Glauben, irgendwann müsse es ihr doch mit ihrer Liebe gelingen, dieses kalte Herz zu erweichen. Es wird nicht weich.
Der neurotisch-narzisstische Mann ist bindungsgestört und beziehungsunfähig. Er ist nicht fähig zu einem verbindlichen JA. Er kann nicht anders, er treibt sein Spiel und das heißt: Macht über andere Menschen gewinnen um die eigene Ohnmacht nicht zu spüren.
So macht er der Frau einerseits Hoffnung und entzieht sich dabei gleichzeitig der Festlegung und damit der emotionalen Verbindlichkeit. Warum? Schlicht und einfach, weil er dazu nicht fähig ist. Dem Narziss fehlt meist jedes noch so geringe Maß an Selbsterkenntnis. Und auch wenn er sie gewonnen hat, wird er sie nicht umsetzen können, denn der Drang nach seinem überproportionalen Überlegenheitsstreben, lässt die scheinbare Schwäche, die für ihn in dieser Erkenntnis liegt, nicht zu. Je massiver die Störung ist, desto mehr wird der Narziss Frauen benutzen und sie, nützen sie ihm nichts mehr, abwerten und verlassen. Er selbst aber weist jegliche Kritik als Abwertung von sich. Der Narziss ist ein bedauernswerter Mensch, sehen wir einmal davon ab, wie viele Menschen er im Laufe seines Lebens verletzt, kann er einem leid tun. Er lebt innerlich zutiefst einsam und sinnleer in einer eisernen Rüstung, stets darauf bedacht, dass diese keine Risse bekommt. Er befindet sich als Gefangener seiner Selbst, in der Endlosschleife permanenter Überkompensation seiner tiefliegenden Minderwertigkeitskomplexe. Er will immer der Beste und der Überlegene sein. Also muss er alles klein hauen, was ihm das Gefühl gibt klein zu sein - und wenn es seine eigenen Gefühle für einen anderen Menschen sind.
Narzisstisch gestörte Männer kämpfen mit ihrem mangelnden Urvertrauen und der dadurch gestörten Bindungs- und Beziehungsfähigkeit solange bis sie ihre Angst vor Nähe überwinden wollen. Doch dazu braucht es zunächst den tiefen Wunsch zur Selbstreflexion und den Mut den eigenen Schmerz der kindlichen Verletzung zulassen und fühlen zu wollen. In der Wunde liegt das Gold. Die Wunde anzuschauen, sie fühlen zu wollen, ist die einzige Chance die der Narziss hat um dieses Gold zu bergen um endlich ein erfüllteres Leben und erfüllende Beziehungen führen zu können.
Mich macht dieser Text fast fertig. Ich sehe um mich meinen Grossvater, meinen Vater, meinen Mann, von dem ich nun getrennt lebe, meine Söhne – die am allerschmerzhaftesten – und beginne meine Rolle zu erkennen. Wie ist das auszuhalten, diese absolute Negativsicht auf das, was das Leben gehalten hat fast 50 Jahre lang? Zu erkennen, dass ich, weil ich mich nicht gewehrt habe, es nicht konnte, es nicht verstand, es nicht gelernt hatte, bei wem auch…, weil ich meine Rolle so perfekt gespielt habe, auch meine Söhne zu dem gemacht habe, das ist so irre schmerzhaft. Ich muss heute anonym schreiben, habe Angst, erkannt zu werden. Sorry.
AntwortenLöschendu hast dich erkannt. sei dir selbst dankbar dafür! ich verstehe deinen schmerz, aber genau dieser schmerz, wenn du ihn zulässt, ist der weg.
AntwortenLöschen"In der Wunde liegt das Gold. Die Wunde anzuschauen, sie fühlen zu wollen, ist die einzige Chance die der Narziss hat um dieses Gold zu bergen um endlich ein erfüllteres Leben und erfüllende Beziehungen führen zu können."
es ist an dir es ausgraben zu wollen. von ganzem herzen wünsche ich dir, dass es dir gelingt.
angelika
Liebe Angelika,
AntwortenLöschenso spät bin ich auf diese wunderbare Seite gestoßen, für die ich Dir danke.
Zuerst las ich den Artikel über die Angst und dass sie nicht das Gegenteil von Liebe ist. Genau das propagiere ich seit Jahren und niemand glaubt mir. Ich habe diese Erkenntnis von Elie Wiesel, diesem wunderbaren Friedensmenschen, der den Holocoast überlebte unter grauenvollsten Bedingungen. Er ist der Meinung, dass das Gegenteil von Angst die Gleichgültigkeit sei (verständlich, was er durchmachte). Ich könnte noch viel dazu sagen, doch will ich übergehen auf den Narzissten.
Ich war einige Jahre mit einem solchen Exemplar zusammen, bis mir klar wurde und von Seiten der Ärzte auch bestätigt wurde, dass es sich um einen Psychopathen handelte. Und jetzt sitze ich fest in der emotionalen Abhängigkeit, die zu Angstzuständen, Herzrhythmusstörungen und Herzflimmern führte, mich nach jeder verbalen Attacke zusammenschrumpfen ließ, meinen Selbstwert zertrat und ich auf dem Wege bin, wieder Kraft aus mir selbst zu schöpfen, was unglaublich schwer ist. Dieser Mann, den ich schon in weit fortgechrittenem Alter kennenlernte, war die Krönung dessen, was ich mir unter Zweisamkeit vorstellte. Gebildet, gutaussehend, aufmerksam. Dass er Millionär war, ahnte ich nicht einmal und später interessierte es mich nicht, was ihn wiederum ärgerte. Ständig hatte er Angst, Geld oder Immobilien zu verlieren, saß Stunden vor dem PC und widmete sich der Börse. Bis ich merkte, dass er extrem geizig war, mich benutzte, ständig attackierte, alles abstritt und nur das galt, was er in diesem Augenblick sagte und später von nichts mehr wusste. Hätte ich die Signale früher gedeutet, wäre ich nicht in meiner jetzigen Lage - ich liebe ihn und das ist meine Abhängigkeit. Zeige es nicht, leide für mich alleine, bin in Therapie, während es ihm blendend geht. Am schlimmsten sind die Sticheleien und vesteckten Drohungen, der plötzliche Rückzug uner fadenscheinigen Anschuldigungen oder einfach so, ohne ein Wort zu sagen. Ab in die weite Welt, egal, ob ich mir Sorgen mache, nein, ich bin sogar schuld daran.
Alles, was ich in Büchern über Psychopathen las trifft auf ihn Fast alles. Doch der Rest reicht schon aus, um einen Menschen seelisch zu zerstören.
Psychopathen sind schwer erkennbar. Sie zeigen sich nach außen hochinteressiert auch an seelischen Belangen, doch es gelten nur ihre Meinungen und jedes Wissen wird nur dafür benutzt, andere (meist Frauen), in dem Falle ich, herabzusetzen. Sie kennen alle Tricks, man kann sich nicht wehren und Diskussionen, seien sie noch so liebevoll, sind vergeblich. Zurück bleibt man noch verletzter, noch kleiner. Sie finden immer ein letztes Wort, dem nichts zu entgegnen ist, sie haben immer Recht. Einmal wagte ich zu erwidern: "So geht man nicht mit Menschen um". Seine Antwort: "Ich darf alles".
Dazwischen angeregte Gespräche, gegenseitiges Vorlesen, Musik, Charme, Besorgtheit usw. Doch auf einer gefährlich schmalen Ebene, die fein sein kann wie ein Seil, wo es rechts und links zum Abgrund geht, sind sie unberechenbar und gefährlich für die Seele.
Ich hoffe, aus diesem Teufelskreis irgendwann herauszufinden, die therapeutische Hilfe brachte bislang nichts, was ich schon wusste - wer kennt schon Psychopathen? Würden sie sich freiwillig an einen Psychologen wenden, ginge es ihnen schlecht, sie würden alles verlieren, das Leben wäre nicht mehr ihr Leben. Damit mein Leben wieder meines wird und ich diese verhängnisvoll-abhängige Liebe los werde, für die ich sterben könnte - das ist jetzt meine Aufgabe.
Nie hätte ich gedacht, einmal so verändert vor mir selbst zu stehen. Nie.
Sehr herzlich,
Diana
Liebe Diana,
Löschendanke für Ihre Offenheit und für Ihr Vertrauen.
Es gibt nur einen Weg aus der Abhängigkeit - sie verlassen.
Ich weiß, dass das sehr schwer ist. Ich weiß es aus eigener Erfahrung.
Wenn es verletzt ist es keine Liebe, das sage ich meinen Klienten. Sie glauben es nicht und viele leiden weiter. Sie entschuldigen, verstehen, verzeihen, demütigen sich selbst und lassen sich missbrauchen, solange bis der Narziss sie fallen lässt und dann fallen sie ins Bodenlose. Das Leben mit einem Narziss ist eine traumatische Erfahrung. Und nach dem Verlassen geht es um das Aufarbeiten des Traumas. Ich wünsche Ihnen, dass Sie Hilfe finden!
Herzlich,
Angelika Wende
Liebe Diana,
AntwortenLöschenich habe das gleiche durchgemacht - die einzige Hilfe und der einzige Weg ist sich umdrehen und gehen, loslassen und eine Grenze schaffen, daß sie Dich nicht mehr erreichen können. Dann kann man erstmal wieder durchatmen und für sich langsam wieder Grenzen im Umgang mit anderen Menschen aufbauen. Und als Nicht-Narzisst hat man auch die Chance auf Glück.
Alles Gute Diana,
Sabine
Mir hilft dieser Text unglaublich. Danke dafür!
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