Mittwoch, 27. April 2016

Ich lerne

in einer zeit, in der alles brüchig ist und die angst sich ausbreitet wie ein virus, in der angst von den mächtigen geschürt wird um menschen zu lähmen und gefügig zu machen, sucht die mehrzahl nach den einfachsten erklärungen, um das leben zu verstehen. nie zuvor gab es eine kultur, in der menschen so sehr nach einfachen antworten suchten und konzepte und konstruktionen von wirklichkeit, die seelenheil versprechen, eine ganze industrie nährten.
die zeit der großen denker ist vorbei. es gibt nicht mehr viele. aber es gibt immer mehr schafe, die genau dem hirten folgen, der ihnen die einfachsten antworten auf ihre fragen gibt. all diese heilversprechenden konzepte sind konstruktionen, von menschen erdacht. viele von ihnen beruhen auf vereinfachung und trennung. der mensch, als hoch komplexes wesen mit allem, was ihn ausmacht, mitsamt den natürlichen emotionen, mitsamt allen sich widerstrebenden gefühlen und gedanken, wird in konstruierte konzepte gepackt.
es ist schwer in dieser welt voller konstruktionen die eigene wahrheit zu finden, die alles menschliche einschließt und es verstehen lässt.
um das eigene leben zu erfassen gibt es nur einen weg und der wird nicht über konzepte gewonnen, sondern über die eigene lebenserfahrung jedes einzelnen von uns, über das zusammenleben mit anderen, das beobachten von menschen, das sprechen mit menschen und das erleben eines menschlichen miteinanders.
auch dann werden wir keine allumfassende wahrheit finden, so wie sie in diesen konzepten propagiert wird. wir finden die unsere. auch diese wird niemals eine dauertüchtige, niemals eine feststehende sein. wir ändern unsere wahrheiten so wie sich das leben verändert. 
wir wissen nichts.
das einzige was wir wissen ist das, was wir selbst erfahren, was wir selbst gelebt und empfunden haben und zwar jeder für sich selbst. mag all das im zweifel auch nur eine illusion sein - es ist die unsere.
ich hüte mich vor jedem, der mir sagen will wie leben geht oder mir sagen will, was wahrheit ist.
er weiß nichts.
ich weiß nichts.
ich lerne.


1 Kommentar:

  1. Wer hätte dies besser schreiben können? Hier stimme ich uneingeschränkt, voller Bewunderung zu!
    R.C.K.B.

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