Samstag, 8. März 2025

Aus der Praxis: Sinn und Funktion der Krankheitsangst

 

                                                             Malerei: A.Wende


 

Besonders diffuse Angst wird als verstörend erlebt, weil wir sie nicht verstehen. Doch innerseelisch folgt sie ihrer eigenen Logik.

Diese Angst hat eine Funktion und einen Sinn.

Diese Funktion und ihren Sinn gilt es herauszufinden.

Das ist essenziell, denn erst, wenn wir den Sinn und Funktion der Angst erkennen gelingt es heilsame Verarbeitungswege zu finden.

 

Angst ist gebundene Energie im Körper. 

Daher führt sie oft nicht nur zu psychischen Symptomen, sondern sucht sich Ausdruck auf der körperlichen Ebene. So zum Beispiel die Krankheitsangst.

Hier werden unbewusste innere Konflikte, verdrängte Gefühle und nicht integrierte Traumata im eigenen Körper verortet. Krankheitsangst, könnte man sagen, ist der unbewusste Versuch das Unbewältigte, die Angst oder das Unaushaltbare im Körper zu manifestieren, also jenseits der Psyche.

Der Körper fungiert gewissenmaßen als Schauplatz für das Unbewältige, was aber nicht bewusst ist. Das unbewusste Problem wird auf die Körperebene verschoben. Es kommt zu vegetativen Symptomen, die bei der Krankheitsangst zu übermäßigen Gefühlen von Bedrohung führen und mit einer dauerhaften Angst vor Krankheit, Sterben und Tod einhergehen. Die Betroffenen beschäftigen sich beharrlich mit der Möglichkeit, dass sie an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen Krankheiten leiden. Sie erleben normale Körperwahrnehmungen und Symptome als abnorm, belastend und bedrohlich. Manche empfinden Krankheit als lebensfeindlich. 

 

Betroffene fokussieren ihre ganze Aufmerksamkeit auf verschiedene und wechselnde Organe des Körpers. Die ständige Sorge um die Symptome bzw. die feste innere Überzeugung krank zu sein oder es zu werden, die zu einer stark ausgeprägten Fehlinterpretation körperlicher Symptome führt, (die wiederrum zu Verhaltensweisen, die einen neutralisierenden Charakter besitzen, wie z.B. eine zwanghafte Selbstuntersuchung, was zu einer kurzfristigen Angstreduktion führt), führt aber zu keiner Lösung, sondern vielmehr zu einem andauernden Leiden und einer massiven Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens.

 

Sinn und Fuktion der Krankheitsangst ist zugleich ein Abwehrmechanismus, als auch ein Bewältigungsmechanismus, der aus frühen Bindungsstörungen, Traumata, Enttäuschungen, Trauer, Einsamkeit oder belastenden und/oder Missbrauchs und/oder Gewalterfahrungen aus zwischenmenschlichen Beziehungen entstanden ist. Es findet ein Rückzug auf den eigenen Körper statt, durch den Betroffene eine Entlastung von den Gefühlen erleben, die dahinterstehen, ihnen aber in ihrer Gestalt nicht bewusst sind. 

Die intrusiven Gedanken oder Vorstellungen bezüglich des Körpers sind so stark und belastend, dass die dahinterliegende, eigentliche Angst, bzw. das eigentliche Thema nicht gegriffen, bzw. begriffen werden. Das wahre Problem verbleibt im Behältnis des Körpers. Dort ist die Angst dann nicht mehr diffus, sondern in eine fassbare Form gebunden.Sinn und Funktion der Krankheitsangst ist ein Abwehrmechanismus, der sich tragischerweise zerstörerisch gegen die eigene Person wendet. Heißt: Zerstörerische Impulse werden gegen das eigene Selbst gerichtet und treffen so nicht das Objekt, die Erfahrung, die Situation, der sie eigentlich und ursprünglich gelten - der eigene Körper wird quasi zum Ersatzziel.

 

Angelika Wende

www.wende-praxis.de

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