Donnerstag, 31. März 2022

Niemals sollten wir von uns selbst ausgehen, wenn es um andere geht

 



Probleme sind da um gelöst zu werden!
Es gibt keine Probleme, es gibt nur Herausforderungen!
Das sind die typischen Behauptungen von Menschen, die meinen, es gäbe für alles im Leben Lösungen und wer sie nicht findet, hat es nicht wirklich versucht.
Ist das wahr?
Einerseits : Ja. Andererseits: Nein.
Mein Job ist es Menschen dabei zu unterstützen ihre Probleme zu lösen und meistens gelingt das auch, aber eben nicht immer. 
 
Manche Probleme sind vermeidbar. Manche Probleme sehen wir kommen, andere sehen wir nicht kommen, sie treffen uns wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Manche Probleme schleppen wir schon ein Leben lang mit uns herum, manche Probleme liegen in unserer Psyche und machen uns immer wieder zu schaffen. Manche Problem machen uns andere, in Beziehungen, im Job, in der Familie. Sie erwachsen aus dem Kontext in dem wir leben, aus Veränderungen von Lebenssituationen, aus Krankheiten, aus Kriegen, aus dem Verlust von Dingen oder Menschen, die uns viel bedeuten. Manchmal wird ein Schicksal unser Problem.
Wie man sehen kann ist das, was wir Problem nennen, so vielfältig und so individuell, dass klar wird: Jedes Problem braucht eine eigene Lösung. Und jede Lösung ist nicht für jeden die gleiche, denn jedes Problem trifft auf ein Individuum mit anderen Anlagen, einer anderen psychischen Konstitution, einer anderen Gefühls- und Gedankenwelt, auf eine einzigartige Seele, deren Komplexität und Tiefe wir Menschen niemals begreifen werden und deren Individualität nicht vergleichbar ist. 
 
Nicht jeder ist seelisch gesund oder emotional stabil. Nicht jeder hat die gleichen Prägungen, Anlagen und Vorrausetzungen, nicht jeder verfügt über die gleichen Mittel, Bewältigungsstrategien und Werkzeuge zur Problemlösung, nicht jeder ist gegenüber Schicksalsschlägen resilient, nicht jeder ist ein unbeugsamer Held oder eine starke Heldin, nicht jeder verfügt über die gleiche Lebenskraft, nicht jeder hat die gleiche Intelligenz, den gleichen Geist und nicht jeder ist ein Stehaufmännchen.
Jeder Mensch ist anders und nicht jeder Mensch ist fähig, jedes seiner Probleme zu lösen. Manche Probleme lassen sich nur schwer oder eben nicht lösen, wenn sie auf eine Menschenseele treffen, die dem Problem nicht gewachsen ist.
Aber in unserer von Allmachtfantasien geprägten Gesellschaft, kann nicht sein, was nicht sein darf. Das dem nicht so ist, dürften die meisten von uns spätestens in der Jetztzeit begriffen haben.
Wer sein Problem nicht lösen kann, der hat selbst schuld oder hat es nicht richtig oder nicht lange genug versucht.
Was für ein Bullshit!
Nein, hat er nicht.
Mit Schuld oder richtig und falsch, hat das nichts zu tun.
Es hat mit Grenzen zu tun. Und diese liegen bei jedem Menschen woanders. Es gibt Grenzen dessen, was ein Mensch lösen kann und was nicht. Wo der eine noch kämpft, kann der andere schon zerbrochen sein.
Das anzuerkennen heißt: Menschsein verstehen. Es heißt: Einander verstehen und uns in unserer Verschiedenheit zu achten.
Verstehen, Verständnis und Einsicht.
Einsicht darin, dass jede Seele nur so viel tragen oder verkraften kann, wie sie eben kann. Einsicht darin, dass ein Schmerz, ein Verlust, ein Trauma, für den einen eine Herausforderung ist, die er annimmt, bestht und daran wächst, für den anderen aber den seelischen Kollaps bedeutet.
 
Niemals sollten wir von uns selbst ausgehen, wenn es um das Lösen von Problemen anderer geht.
 
„Also ich würde, ich würde, ich hätte ...“ usw.
Diese Aussagen können wir uns sparen. Sie sind ichbezogen. Sie sind selbstgerecht, empathielos, hochmütig, eitel und ignorant. Von anderen zu erwarten, was man selbst könnte oder tun würde, ist eine Missachtung derer, die eben nicht sind wie wir, und - es tröstet, motiviert oder hilft dem, der eben nicht wird, nicht hat und nicht kann, überhaupt nicht. 
 
Manchmal gehört ein Problem einfach zum Leben. Manchmal ist ein Problem dazu da, dass wir uns nach vergeblichem Kampf auf den Beistand unserer Höheren Macht verlassen und es nach Oben abgegeben.

2 Kommentare:

  1. "was ein so falsches Bild über den seelischen Zustand einer Gesellschaft und ihrer Mitglieder bewirkt, ist der allgemeine Konsens über die Gültigkeit ihrer Vorstellungen"

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  2. "Was ein so falsches Bild vom seelischen Zustand der Mitglieder einer Gesellschaft bewirkt, ist der allgemeine Konsens über die Gültigkeit ihrer Vorstellungen"
    Erich Fromm- the sane society

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