Sonntag, 11. November 2018

"Die Hölle, das sind die anderen"



Zeichnung: A. Wende


"Die Hölle, das sind die anderen", schreibt Jean Paul Sartre in"Geschlossene Gesellschaft".
Ein weit verbreitetes Denken ... Nicht ich bin es, es sind die anderen. Es sind die anderen, die nicht okay sind und wären die anderen okay (nach meinen Vorstellungen natürlich), würde es mir besser gehen. Nicht ich, die Welt ist nicht okay, wäre die Welt besser, würde ich mich besser fühlen.
Wer so denkt begibt sich in die Abhängigkeit von anderen. Wer von anderen abhängig ist, sei es in seinem Weltbezug, seinem Denken oder seinem Fühlen, hat immer ein Problem. Dann ist er tatsächlich in der Hölle. 

Es gibt eine Menge Menschen, die in der Hölle sind, weil sie zu sehr vom Urteil, vom Verhalten, von der Anerkennung der anderen abhängen. Abhängigkeit vergiftet nicht nur das eigene Leben. Sie vergiftet Beziehungen, gleich welcher Art. In der Abhängigkeit verliert sich der Mensch. Er verliert seine Identiät. Er bezieht sich auf den anderen und bezieht vom anderen. Sein Weltbezug richtet sich nicht mehr nach seinem Denken und Fühlen, er verliert sich in der Welt des oder der anderen. Sein Sein wird ein von außen bedingtes Bestimmtes. Er fühlt mehr und mehr eine innere Leere, die dann spürbar wird sobald er mit sich allein ist. Auf sich selbst zurückgeworfen gerät er in die tiefe Verzweiflung der Verlassenheit. Weil er sich selbst verlassen hat an einem Punkt in der Zeit. Verlassen für einen anderen, verlassen für andere, verlassen für Beziehung, gleich welcher Art. Die Beziehung zu sich selbst hat sich aufgelöst. Er findet sich nicht mehr, weiß nichts mit sich anzufangen, weiß nicht was er will, kennt seine eigenen Bedürfnisse nicht. Er ist sich selbst entfemdet. "Die Hölle sind die anderen", denkt er noch immer und dass die anderen sie ihm bereiten. Die anderen haben die Verantwortung für sein Schmoren im eigenen Saft, in seinem eigenen Feuer, das ihn innerlich verbrennt, weil da nichts ist, was ihn von Innen hält.

Die Abhängigkeit hat ihn verschluckt den inneren Halt, ist er denn jemals überhaupt da gewesen. Anstatt sich zu besinnen wird wieder nach Abhängigkeit gesucht, längst ist die Konditionierung verfestigt. Es wird konsumiert - Drogen, Essen, Dinge, Menschen, Erlebnisse, Fernsehen, Internet, Shoppen. Das Seelenlose wird zum Seeleninhalt erhoben, aber nichts lässt die Leere weichen. Nichts von Außen macht voll. Stille ist unerträglich, macht Angst, macht verzweifelt.

Und was jetzt?, stellt sich der Abhängige irgendwann doch die alles entscheidene Frage: Wie finde ich mich selbst wieder, wie entkomme ich meiner Hölle? Indem er durch sie hindurch geht und die Verantwortung sucht, die er einst abgegeben hat ... und diese Verantwortung findet sich nur in ihm selbst.

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