Mittwoch, 21. November 2018

Die reaktive Depression und der Umgang damit

 
Foto: A. Wende


Jeder von uns hat Probleme und Sorgen. In den meisten Fällen sind wir dazu fähig, sie zu lösen und auch kleine Krisen zu meistern. Manchmal aber ist eine Belastung zu groß. Wir haben das Gefühl, damit werden wir nicht fertig, wir finden keine Lösung, wir drehen uns im Kreis und sind nahe daran zu verzweifeln. Wir fühlen uns lahm gelegt und der Allag wird zu einer Last. Wir haben keinen Antrieb mehr, wir empfinden kaum mehr Freude und möchten uns am Liebsten den ganzen Tag die Decke über den Kopf ziehen. Dazu kommt das beängstigende Gefühl unter allem zusammenzubrechen. All das sind Anzeichen für eine reaktive Depression, eine depressive Störung, die ihre Ursache in einem externen Auslöser hat, sprich: Die Psyche reagiert auf einen äußeren Umstand, für den sie keine Bewältigungsmöglichkeiten findet und reagiert darauf mit einer induzierten Verhaltensstörung, bzw. einer sogenannten Anpassungsstörung. Die überfrachtete Seele macht dicht. 


In den meisten Fällen wird eine reaktive Depression durch ein schmerzhaftes oder ein traumatisches Erlebnis hervorgerufen. 

Das kann der Verlust eines nahe stehenden Menschen, eine massive Enttäuschung, die Trennung vom Partner, eine schwerwiegende körperliche Erkrankung, der Auszug eines Kindes, Arbeitslosigkeit, Mobbing etc. sein. Aber auch andauernde Beziehungsprobleme wie permanenter Streit, Kränkungen, Kritik und Demütigungen, aufgrund derer das Selbstwertgefühl immer wieder verletzt wird, sind die Ursachen für eine reaktive Depression. 


Die reaktive Depression ist eine zeitlich begrenzte Störung, die nicht länger als sechs Monate bzw. zwei Jahre andauert. 

Die meisten Menschen, die von einer reaktiven Depression betroffen sind, fühlen sich im wahrsten Sinne des Wortes „erdrückt“. In der Folge kommt es zu einer inneren Erstarrung. Zu den typischen psychischen Symptomen bei einer reaktiven Depression gehören:

  • Ständige Niedergeschlagenheit
  • Gefühl von Hilflosigkeit und Ohmacht
  • Wachsende Teilnahmslosigkeit
  • Freudlosigkeit
  • Gleichgültigkeit
  • Antriebslosigkeit
  • Interesselosigkeit
  • Gefühl der inneren Leere
  • Gefühl der Sinnlosigkeit
  • Innere Unruhe und dauernde Angespanntheit
  • Weinkrämpfe, Verzweiflungsausbrüche bis hin zu aggressiven Anfällen
  • Stimmungstiefs am Abend und am Morgen 
  • Mangelndes Selbstbewusstsein
  • Körperliche Symptome an verschiedenen Organen


Besonders gefährdet an einer reaktiven Depression zu erkranken, sind traumatisierte Menschen und Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl und wenig Selbstvertrauen. Häufig sind sie dabei sehr gewissenhaft, hochsensibel, empathisch und neigen zu Perfektionismus. 

Auch Menschen, die sehr von der Anerkennung anderer abhängig sind, Menschen die zu Schuldgefühlen neigen, Menschen, die sich schwer abgrenzen können und denen es schwer fällt, nein zu sagen, neigen zu immer wiederkehrenden depressiven Episoden. Sie wollen niemanden verletzen, es allen recht machen und vergessen sich selbst dabei. Sie klammern sich an andere, haben Angst das Leben alleine nicht meistern zu können und leiden unter Verlustängsten und Angst vor Einsamkeit. Um diese Ängste abzuwehren verbiegen sie sich oft viel zu lange und vergessen jede Selbstfürsorge – wozu manchmal auch ein entschiedenes Nein gehört, oder ein klares: Dafür stehe ich nicht mehr zur Verfügung!, wenn es zu viel wird. Auch Menschen, die zu viel und zu lange schlucken und Gefühle wie Trauer, Enttäuschung Wut und Aggression unterdrücken sind anfällig für eine reaktive Depression.


Was sich nicht ausdrückt, drückt sich ein und was sich eindrückt, drückt uns bei der Depression ( lat. Deprimere, d. h. herunterdrücken) in uns selbst hinein. Jede Depression ist also im tiefsten Kern ein Hinweis darauf, dass wir etwas nicht auszudrücken wagen. Dieses Unausgedrückte, ebenso wie alles Unausgelebte wiegt so schwer, dass es die Seele schließlich erdrückt.


Wie geht man mit einer reaktiven Depression um?

"In dem Augenblick, in dem der Mensch den Sinn und den Wert des Lebens bezweifelt, ist er krank", schreibt Sigmund Freud. Und das bedeutet: Dieser Mensch braucht Hilfe.

Es ist daher wichtig eine reaktive Depression rechtzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen um sie zu behandeln, denn tun wir nichts, wird sie nicht besser. Sie kann dann in eine schwere Depression übergehen. Eine Behandlung mit Antidepressiva ist bei der reaktiven Depression nicht die optimale Therapieform. Wichtig ist Reden - es aussprechen was niederdrückt, um es zu begreifen, es einem professionellen Helfer mitteilen, um es dauerhaft verarbeiten zu können - mit dem Ziel wieder fähig zu werden sich selbst zu vertrauen und aus diesem Selbstvertrauen heraus Lösungen zu finden und sie Schritt für Schritt umzusetzen. Auch körperliche Aktivitäten und Sport wirken hilfreich und haben einen positiven Einfluss auf die instabile Psyche. Meiner Erfahrung zeigt: Auch begleitende Entspannungsverfahren sind eine gute Hilfe, beispielsweise die Übung der Achtsamkeit und das Training für mehr Selbstmitgefühl. 















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