Sonntag, 25. November 2018

Passive Aggression in Beziehungen


 
Malerei: A. Wende


Im Küchenschrank herrscht wieder ein Mal Chaos, obwohl der Partner weiß, dass der andere Ordnung braucht. Aufgaben werden nicht erledigt, und wenn, dann so langsam, dass es doch scheitert. Bitten werden beharrlich ignoriert. Gezielt werden Bemerkungen gemacht, die schöne Momente des anderen kaputt machen. Informationen werden nicht weitergegeben. Immer wieder liegen Klamotten auf dem Boden, obwohl es den anderen rasend macht. Diese Verhaltensweisen kennzeichnen u.a. einen passiv aggressiven Menschen. 

Der passiv aggressive Mensch kommt zu spät, vergisst einzukaufen was fehlt, er sabotiert. Er ignoriert beharrlich die Bedürfnisse des anderen oder wertet sie sogar ab. Immer gibt es “gute Gründe” für sein Verhalten. Auf diese Weise wird der Partner mit der Zeit mürbe gemacht. Passive Aggression äußert sich nicht offensiv. Die unterdrückte Wut gegen den anderen wird nicht offen gezeigt. Sie wird in kleinen Dingen ausagiert. Sie entlädt sich. Ganz subtil in Ignoranz, mangelnder Achtsamkeit und mangelnder Wertschätzung der Bedürfnisse des Partners. Beklagt dieser sich oder wird wütend, weil seine Bedürfnisse zum hundertsten Mal missachtet wurden, meint der passiv Aggressive: „Ach komm, ist doch nicht schlimm. Warum bist du denn jetzt so aggressiv?“ Oder er sieht sich als Opfer, dass ständig belehrt und kritisiert wird. 

Der Partner beginnt, an seiner Wahrnehmung zu zweifeln und wird als Täter dargestellt. Oder als hysterisch. In vielen Beziehungen wird auf diese Weise Krieg geführt. Das Zusammenleben ist ein Schlachtfeld. Die Atmosphäre wird mehr und mehr vergiftet. Am Ende beherrscht ständiger Streit den Beziehungsalltag. Menschen mit passiver Aggression haben meist in ihrer Kindheit erleben müssen, dass mit ihrer Wut nicht vernünftig umgegangen wurde. Sie wurde nicht ernst genommen oder durfte nicht sein. War das Kind wütend, wurde ihm mit Vorwürfen begegnet oder seine Wut wurde als etwas Schlechtes bezeichnet.  Das führt dazu, dass das Kind lernen musste das Gefühl von Wut zu unterdrücken. Da Gefühle, die auf Dauer und über Jahre unterdrückt werden, sich immer einen Weg suchen um erlebbar zu werden, kommt es schließlich zur passiven Aggression. 

Menschen mit einer passiv-aggressiven, auch negativistischen Persönlichkeitsstörung genannt, zeigen einen passiven Widerstand gegen soziale und berufliche Leistungsanforderungen und ein umfassendes Muster negativer Einstellungen. Die Betroffenen glauben häufig ungerecht behandelt, missverstanden und übermäßig stark kritisiert zu werden. Ihr Verhalten ist widersprüchlich, indem sie Bitten und Anforderungen zunächst zustimmen, dann aber durch eine passive Verweigerungshaltung verhindern,  sie zu erfüllen. Oft klagen sie über ihr Unglück  an dem andere die Schuld tragen. Sie fühlen sich nicht für Fehler verantwortlich und suchen die Schuld bei anderen. Oft sind sie auf subtile Weise provozierend. Das Zusammenleben mit diesen Menschen gestaltet sich schwierig, da sie sich immer herausreden und keine Einsicht zeigen. 

Was der Erwachsene passiv Aggressive einsehen muss ist: Es ist kein Zufall ist, wenn er etwas angeblich immer wieder vergisst und  permanent Bitten ignoriert. Er muss einsehen, dass Sarkasmus und Ironie, Abwertung und Sticheleien destruktive Attacken sind, auch wenn sie in seinen Augen harmlos wirken. Sie verletzen und zwar massiv. 

Was für den einen winzige Details sind, sind für den anderen wichtige Details. Viele Menschen, auch ohne eine passiv aggressive Persönlichkeitsstörung,  sind sich dessen im Zusammenleben nicht bewusst. Sie blicken nur auf das große Ganze ohne zu erkennen, dass sich die mächtigsten Strukturen innerhalb kleiner Details bilden. Es sind die leisen Zwischentöne, die Feinheiten, die ein harmonisches Miteinander ausmachen. Es ist die Rücksicht und das Achten auf das, was dem anderen wichtig ist, auch wenn man es für sich selbst als nichtig erachtet. Es ist die tagtägliche Feinarbeit, es sind die kleinen Gesten und es ist die Achtsamkeit, die ein wohlwollendes,  friedliches Miteinander ausmachen. Das Kleine bildet das Große, so wie all die kleinen Elemente die der Maler auf die Leinwand setzt ein Bild formieren. Es sind die kleinen Dinge, die nicht beachtet werden, die mit der Zeit zerstörerisch wirken und Beziehungen aus dem Gleichgewicht bringen.





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen