Sonntag, 4. Juni 2023

Aus der Praxis: Wie lange willst du noch den Teig anrühren, ohne zu backen?

 

                                                                       Foto:www

 
Wenn wir auf dem Weg der Selbststabilisierung sind und unsere Muster und Fallen kennen, ist das gut. Wir haben uns mit unserer Kindheit auseinandergesetzt und wissen um unsere alten Wunden. Wir wissen, warum wir reagieren und agieren wie wir es tun. Wir wissen um unsere Trigger und inneren Blockaden. Wir wissen, warum wir so denken und fühlen wie wir es tun. Wir wissen viel. Aber alles Wissen nützt uns nichts, wenn wir unser Verhalten und unsere Handlungen nicht anpassen. Es ändert nichts, wenn wir uns, wenn wir in den Autopilot-Modus zurückfallen, sagen: "Ach ja, das ist so, weil es so und so war als ich ein Kind war", uns dann schämen, uns bedauern, rechtfertigen oder gar beschuldigen. Uns zu beschuldigen macht keinen besserer Menschen aus uns, es verbittert. Das führt dann zu einem Verhalten, das nicht hilfreich ist.
 
Wenn wir nicht aktiv werden ändert sich nichts.
Vielmehr schaffen wir es auf diese Weise das alte Selbst der Kindheit zu stabilisieren. Um unsere erwachsene Seite einsetzen zu können, müssen wir handeln und zwar bewusst erwachsen. Mit dem, was wir wissen, das heißt, dass wir das Wissen, die Weisheit und die Werkzeuge, die wir haben, auch benutzen.
Mein Mentor sagte einmal zu mir: „Wie lange willst du noch den Teig anrühren, ohne zu backen?“
Das hat gewirkt. Mir wurde klar, ich muss was tun.
Tun heißt, ich muss meine Hausaufgaben machen, ich muss umsetzen, üben und praktizieren. Das ist Arbeit. Es ist sogar schwere Arbeit. Es ist in Ordnung, weiter im reinen Wissen zu verharren, aber man wird auf diese Weise keinen Schritt weiterkommen. Ob wir dazu bereit sind weiterzukommen, entscheiden wir jeden Tag neu. 
 
Selbststärkung findet dann statt, wenn wir uns selbst stärken.
Wir müssen bewusst die Initiative ergreifen und wohltuende Erfahrungen machen, die wir zur Selbststärkung nutzen können. Dazu müssen wir wissen, was uns dabei hilft.
Wenn wir zum Beispiel merken, dass wir wieder in diese innere Unruhe verfallen, wenden wir an, was wir an Achtsamkeitsübungen gelernt haben um ein Gefühl von Ruhe und Sicherheit zu erzeugen. Wenn wir Ängste haben, machen wir den Realitätscheck und atmen ruhig und tief um unseren Körper und unseren Geist zu beruhigen. Wenn wir weder einmal ins sorgenvolle Grübeln über die Zukunft verfallen, holen wir uns da raus, indem wir uns klar machen: Wir haben nur das Jetzt. Keiner weiß, was morgen ist. Niemand kann das wissen, das Spekulieren darüber ist absolut sinnlos und macht Stress. Wir bleiben bewusst im Jetzt und konzentrieren uns auf das, was jetzt zu tun ist. Wenn wir getriggert werden, nutzen wir den Raum zwischen Reiz und Reaktion und besinnen uns auf unsere Weisheit und Klarheit. Wir halten inne bevor wir dem ersten Impuls nachgeben oder wir nutzen den Notfallkoffer und was an hilfreichen Skills darin vorhanden ist. Bevor wir auf andere projizieren, schauen wir bei uns selbst, was da gerade los ist. Bevor wir uns der Lähmung oder der Prokastination hingeben, fragen wir unser fürsorgendes Selbst, was jetzt besser für uns ist und tun es. Bevor wir wieder unsere Grenzen übertreten lassen, erinnern wir uns an unsere Würde und sagen bewusst: Stopp.
Gesunde Handlungen sind die Zutaten um ein gesundes Selbst zu erschaffen. Hören wir also auf zu rühren und fangen an zu backen!

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