Freitag, 1. Juli 2022

Niemand schuldet uns etwas

 
                                                  Mixed Media: Angelika Wende
 
 
Das Leben ist manchmal so schmerzerfüllt, dass es kaum aushaltbar erscheint.
Viele von uns haben das schon erlebt oder erleben es gerade. In diesen Zeiten wird uns so viel abverlangt, dass wir glauben, wir schaffen das nicht. Wir sind so müde und erschöpft, wir fühlen uns so hilflos und verzweifelt, dass wir unter der Last zusammenzubrechen drohen. Wir fühlen uns verlassen von Gott und der Welt.
Ich kenne das gut. Ich bin in meinem Leben durch einige solcher Phasen gegangen und es fühlte sich an wie ein Gang durch die Hölle. Ich bin durchgegangen, zähneknirschend, aber in dem festen Glauben an mich selbst und dem Vertrauen in eine höhere Macht, dass ich da wieder raus komme und bisher war es auch so. 
 
Bei manchen Menschen aber führen schmerzerfüllte Zeiten dazu, dass sie eine große Wut entwickeln und nach Schuldigen suchen. Sie sind wütend auf die Welt und die Menschen, denen es besser geht. Sie werfen ihnen vielleicht sogar vor, dass sie es besser machen, ohne sich der Kämpfe und Gefühle dieser Menschen bewusst zu sein.
Aus dieser Wut wird dann ein tiefer Groll. Sie haben das Gefühl, andere oder das Leben schulden ihnen etwas. Tief gekränkt von dem Schmerz, die ihnen widerfährt, suchen sie sich Projektionsflächen auf die sie ihren Groll und ihre Wut richten können.
Das Gefühl ist verständlich, die Haltung ungesund. 
 
Haben wir das Gefühl das Leben oder die anderen schulden uns etwas, sind wir in der Opferposition und wandeln uns zum Täter, indem wir verbal auf andere einschlagen oder sie auf emotionaler Ebene angreifen. Glauben wir, bewusst oder unbewusst, dass andere oder das Leben uns etwas schulden, wegen der emotionalen Schmerzen, die wir haben, sind wir auf dem Holzweg.
 
Niemand schuldet uns etwas.
Schulden werden von Behörden und Ämtern erhoben, nicht vom Leben und nicht von anderen Menschen oder in zwischenmenschlichen Beziehungen.
Mit dieser Haltung richten wir nur destruktive Energie ins Außen, die uns wie ein Bumerang selbst trifft. So wird nichts besser, so wird es noch schmerzhafter.
Wir haben die Wahl: Wir tun was uns möglich ist, übernehmen Verantwortung und wenn wir es allein nicht schaffen, holen wir uns Hilfe um durch die schmerzhafte Zeit zu kommen, oder wir verbittern im Groll, der nichts bewirkt, außer, dass er uns selbst vergiftet und die Beziehung zu anderen und zum Leben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen