Donnerstag, 21. November 2019

Die Frage: Wie können wir uns vor Verletzungen schützen?, erübrigt sich.

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Es macht es etwas mit uns, wenn andere uns nicht so wertschätzend behandeln, wie wir es uns wünschen. Es macht etwas mit uns, wenn wir verletzt werden, egal ob es als Verletzung gemeint ist, oder ob wir das nur so empfinden.
Da kommen Gefühle wie Ohnmacht, Wut, Trauer und Angst hoch.

Wir alle wollen geliebt und geachtet werden. Wir wollen, dass wir uns gut fühlen und hoffen, dass andere das auch für uns wollen.

Die Realität aber ist: Wir werden verletzt. Immer wieder.
Wir werden nicht unverletzt durch dieses Leben gehen.
Die Realität ist: Verletzungen gehören zum Menschsein dazu.
Menschen verletzen Menschen. Und wir alle sind verletzte Menschen in irgendeiner Weise.
Hurt people hurt people.

Verletzungen wühlen uns auf.
Da setzen sich Neue auf Alte und die Wenigsten von uns sind sich ihrer selbst so bewusst, dass sie wissen, wann da eine neue Verletzung eine alte Verletzung triggert.
Das Kind in uns ist hochsensibel und empfindlich. Seine Wunden sind nicht alle verheilt, auch wenn wir jahrelang an uns selbst arbeiten.
Es gibt Verletzungen, die niemals heilen. Sie sind wie alte Wunden – vernarbt. Dennoch spüren wir sie, wenn sie berührt werden, schmerzhaft.
Das ist okay. Es ist kein Drama, wenn wir keins daraus machen.

Schmerz gehört zum Lebendigsein. Schmerz ist ein normaler Bestandteil des Lebens.
Ein zentraler Satz im Buddhismus lautet: „Leiden gehört zum Leben dazu.“
Schmerz und Leid folgen auf Verletzungen. Sie sind ist ein Teil jedes Lebens. Und jedes Lebewesen empfindet Schmerz.
Das zu akzeptieren ist gesund.
Sich dagegen zu wehren schafft dauerhaftes Leiden.

Die Frage: Wie können wir uns vor Verletzungen schützen?, erübrigt sich also.
Wir können es nicht. Ebenso wenig wie wir uns vor dem Schicksal schützen können, das bisweilen zuschlägt, ohne Vorwarnung, wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Das ist Leben. Sich das bewusst zu machen ist wichtig. Es ist ein Zeichen menschlicher Reife.

Eine reife Frage ist: Wie gehe ich mit Verletzungen um?
Ganz entgegen der Unreife der heutigen Zeit, die uns vorgaukelt: Glücklich sein ist die Maxime. Verletzt zu sein, zu weinen, zu trauern, enttäuscht zu sein, traurig zu sein, dafür  müssen wir uns heute beinahe schon rechtfertigen oder gar entschuldigen. Wie uncool, der ist unglücklich! Der macht doch was falsch! Deswegen versuchen die meisten Menschen ihre Verletzungen und ihren Schmerz zu verstecken. Sie tun glücklich und sind rotzunglücklich. Sie gaukeln sich selbst und anderen etwas vor. Sie posten glückstrahlende Selfies auf Facebook und Instagram während sie zuhause sitzen und ganz anders aussehen.

Schöne neue Welt.
Nein, nicht schön. Verlogene neue Welt.
Eine Welt, die uns den Eindruck vermittelt, dass nur wir Schmerz erleben und dass Schmerz und Leid unnormal sind und etwas für die Schwachen, die Opfer. Schmerz ist Etwas, das nicht o. k. ist.
Was für ein Blödsinn, denn das führt genau dazu, was wir uns unglücklich macht: Wir versuchen krampfhaft den Schmerz zu verneinen und ihn zu vermeiden. Wir verdrängen und überspielen ihn. Und, hat er uns erwischt, wollen wir ihn ganz schnell wieder weghaben.
Und genau das funktioniert nicht.

Es gibt Verletzungen und Schmerzen, die wir eben nicht so einfach wegstecken, die uns lange, lange begleiten. Manche ein Leben lang.

So ist es und es ist wie es ist.
Nein wir können uns vor Verletzungen nicht schützen, aber wir können lernen auf gesunde Weise damit umzugehen. Hilfreich ist der pragmatische Weg des Buddhismus: „Verstehe die direkten Ursachen in dir selbst für dein Leiden. Und höre auf, zu den Ursachen beizutragen.“ Leiden wird im Buddhismus auch als Aufwachmoment betrachtet und wertgeschätzt. Schmerz als Hinweis auf eine Verbesserungsmöglichkeit in unserem Leben. 

Leiden ist unvermeidlich. Wir können aber entscheiden, wie wir damit umgehen.  
Wir selbst tragen die Verantwortung dafür ob wir Verletzungen die Macht über uns geben oder ob wir sie anschauen und uns fragen: Was mache ich damit? Was kann ich daraus lernen? Wie entscheide ich gesund damit umzugehen, so dass ich durch mein Denken und Handeln den Schmerz nicht unnötig verstärke?

Der Buddhismus lehrt uns den Weg nach Innen. Der Weg aus dem Leiden ist der Weg inneren Wachstums.
Schmerz, der weggedrückt wird schafft Leiden. Und Leiden stellen wir ab, indem wir abstellen, was in uns selbst Leiden erzeugt. Also, wenn wir wieder einmal verletzt werden, dürfen wir sagen: Ja, das ist schmerzhaft. Das tut weh. Und wir dürfen das Gefühl da sein lassen. Wir nehmen das Gefühl an. Wir akzeptieren, dass wir fühlen, was wir fühlen. Wir verneinen es nicht. Wir akzeptieren, dass da ist, was eben da ist. Wir umarmen das Gefühl. Wir spenden uns Trost, wir halten das Gefühl im Arm wie ein verletztes kleines Kind. Wir wiegen es. Wir beruhigen es, so wie wir ein Kind beruhigen würden. Wir üben Akzeptanz und lernen Selbstberuhigungskompetenz.

Wir lernen liebevoll für uns selbst zu sorgen, egal wie verletzt wir sind, gerade weil wir verletzt sind. 

Namaste



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