Donnerstag, 10. Juli 2014

Ich kann nicht anders





Es gibt Aufgaben, die sich uns so beharrlich stellen, damit wir uns ihnen stellen müssen. Aufgaben, die wir vielleicht gar nicht erfüllen wollen, weil wir spüren, wie schwer sie sind, wie sehr sie uns von dem wegreißen, was wir für das normale Leben halten.

Diese Aufgaben sind bei manchen Menschen klein, bei manchen Menschen sind sie größer. Die kleinen Aufgaben machen Mühe, aber wenn wir sie zu erfüllen beginnen, merken wir, dass sich die Mühe lohnt, einfach weil wir uns besser fühlen.

Die größeren Aufgaben sind schwerer, sie fordern den ganzen Menschen, sie fordern sein Herzblut, seinen Glauben, sein Gottvertrauen, seine Kraft, seine Zeit und sie fordern immer wieder neue Entscheidungen. Solche beginnen oft mit einer Erschütterung im Leben, von der wir erst gar nicht begreifen, weshalb sie uns geschieht. Es kann Jahre dauern bis wir erkennen, wozu wir erschüttert wurden und dann, wenn das begriffen ist, ist da etwas in uns, das wir wieder mit dem Verstand nicht zu begreifen vermögen: Es ist dieses Etwas, das uns Etwas aufgibt. Und vielleicht begreifen wir auch gar nicht welche Aufgabe uns gestellt wird, aber wir spüren ein drängendes Gefühl in uns, das sich so anfühlt: "Ich muss das tun, ich kann nicht anders." Dieses Gefühl ist es, das uns antreibt einen Weg zu gehen, auch wenn wir sein Ziel nicht kennen, einen Weg, der nicht aufhört und auf dem Etwas zu uns sagt: Geh weiter!

Wir gehen über Steine, über Barrikaden, über alle Neins von Innen und Außen und über alle Momente in denen wir aufgeben wollen, immer weiter. Es ist kein leichter Weg und manchmal ist er so schwer, dass wir denken: Du irrst. Das ist  nicht dein Weg, das kann gar nicht sein, so etwas Schweres will ich doch gar nicht tragen. Und dann wollen wir nur ein, wir wollen diesen Weg verlassen. Und für Momente in der Zeit tun wir das auch, wir verlieren den Glauben in das, was wir tun. Wir beginnen zu zweifeln, wieder und wieder und denken: Wenn das wirklich meine Aufgabe ist, dann müsste alles doch viel leichter sein. Aber vielleicht ist es genau dieses Schwere, das uns aufgetragen wurde, was die Aufgabe ist.

An jedem Punkt des Weges haben wir die Wahl den Zweifeln zu folgen oder dem, was uns antreibt. Und können immer wieder neu wähen und mmer wieder wird siegen, was uns antreibt, gegen alle Widerstände. Es ist dieses: "Ich kann nicht anders", das uns weitergehen lässt, weil es eine immense Energie hat,  eine Energie, die aus dem tiefsten Inneren kommt, die uns trägt, wenn wir schwach und müde geworden sind und die uns immer wieder aufrichtet, wenn wir aufgeben wollen. Es ist eine Energie für die es keinen Namen gibt, die kein Gesicht hat, die sich allen rationalen Erklärungen entzieht – eine Energie, die aus uns selbst kommt und sie kann nicht anders. Wenn sie eine Farbe hätte, wäre sie ROT.

4 Kommentare:

  1. Schön beschrieben!
    Mit genau dieser Energie habe ich über viele Jahre erfahren, wie viel Mut in mir wohnt, weil sie mich dort entlang geführt hat, wo "man" nicht geht. Wo Tabus berührt wurden und viele zugesehen haben und eine öffentliche Meinung gebildet haben, die gegen mich war. Nur um sich nicht mit sich selbst konfrontieren zu müssen. Es war immer wieder schwer und ich war manchmal fast soweit, meinen Ängsten nachzugeben und mich doch wieder anzupassen. Das Rot ließ es nicht zu. Einige meiner größten Ängste haben sich damit in Luft aufgelöst und haben einer innere Stärke Platz gemacht, für die all das sich gelohnt hat. Im Moment stehe ich wieder an so einem Punkt. Meine Eltern brauchen eine Pflegerin im Haus, für meine Mutter. Mein Vater erträgt niemanden um sich, der nicht 100% nach seiner Pfeife tanzt oder kuscht. Im richtig großen Familienkreis spielen (noch) alle (einschließlich meiner Mutter, die ja seit fast 60 Jahren) mit. Ich bin vorgestern ausgestiegen, in dem Sinn, dass ich beides nicht mehr mittrage. Er ekelt alle Pflegerinnen in kurzer Zeit aus dem Haus, schreit sie an, das lässt sich niemand Fremder lange bieten. Gestern hat er dann mich angeschrien und beschimpft, weil ich meine Sicht deutlich gemacht hatte, ich bin gegangen. Keine Wut auf ihn, kein Selbstmitleid, keine Traurigkeit, nichts in der Art. Nur die Gewissheit, dass ich ab jetzt auf meine Stärke zähle und mich nicht mehr manipulieren lasse. Auch nicht von ihm, der letzten Bastion, auf die sich wohl alle bisherigen Herausforderungen ursprünglich bezogen haben...

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  2. wunderbar!

    danke für deine geschichte, liebe elisabeth

    von herzen,
    angelika

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  3. Liebe Frau Wende, ich habe nun soviele Texte von Ihnen gelesen und bin völlig fasziniert, es sind Texte die mich berühren, weil ich mich drin wiederfinde....wie gespiegelt! Sie sind eine große Künstlerin und haben definitiv für mich eine Vorbildfunktion, danke für Ihr sein!

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