Max Beckmann.
Im
Zentrum unseres Bewusstseins finden wir das ICH oder das Ego. Die
Psychologie macht hierbei keine Unterscheidung.
Das Ego ist der Ich-Gedanke.
Das Ego kann mit dem bewussten Verstand gleichgesetzt werden. Dazu gehören alle
Gedanken, die wir im Jetzt denken und unsere gegenwärtigen Gefühle. Alle
Gedanken und Gefühle, die uns derzeit nicht bewusst sind, gehören zu unserem
persönlichen Unbewussten. Dies beinhaltet beide Arten von Erinnerungen:
diejenigen, welche wir uns leicht vergegenwärtigen können und jene, die aus
irgendwelchen Gründen unterdrückt sind. Mit anderen Worten: Das Ego ist unser Selbstbild, also das Konzept, das wir von uns haben, das wovon wir denken, das bin ich. Wer vom Ego spricht, spricht vom Ich. Ein Neugeborenes hat noch kein Ego. Es hat ein Selbst, einen Wesenskern, aber noch keine bewusste Vorstellung davon, wer es ist. Kleinkinder sprechen deshalb von sich selbst in der dritten Person. Sie können auch noch nicht zwischen sich und anderen unterscheiden, sie sind symbiotisch mit der Mutter verschmolzen: in den Augen des Kindes sind die Mutter und es selbst eins, es kennt keine Trennung. Erst im Laufe seiner Entwicklung, geprägt durch die Konditionierungen und Erfahrungen seiner Erziehung, sowie den Einflüssen der Umwelt, entwickelt das Kind ein Bild von sich selbst - es entwickelt ein Ego. Das ist der Moment wo es lernt "ich" zu sagen. Mit anderen Worten: Das Ego ist die erworbene, anerzogene Identität des Menschen und im Grunde ist es die unechte Persönlichkeit, eben nicht seine wahre Natur. Die wahre Natur des Menschen ist sein Wesenskern.
Das vom Außen formierte Ich ist zuständig für das Fühlen, Denken und Handeln eines Menschen, es macht, dass der Mensch sich getrennt vom Außen, also als ICH wahrnimmt und - sich gleichzeitig mit der Umwelt identisch weiß. Um den vielen verschiedenen Anforderungen des Außen, sprich der Umwelt, entsprechen zu können, agiert der Mensch in wechselnden Rollen, die durch Vorbild, Prägung und Erfahrung gelernt sind.
Ein
anderer Ausdruck für das Ich ist, nach C. G. Jung, die kollektive Persönlichkeit - der vom kollektiven Denken geprägte Mensch. Das
Gegenteil einer kollektiven, sich an die jeweiligen Erfordernisse des
äußeren Kontextes anpassende Persönlichkeit, ist der Individualist, ein
Mensch, der seine Individualität lebt. Dieser Mensch ist weitgehend
unabhängig von den Umständen. Er spielt keine Rollen mehr, er hat sein Ego weitgehendst identifiziert. Er weiß weitgehend, was ihm über sich selbst zu denken beigebracht wurde und was er selbst denkt und fühlt. Er hat sich mit sich Selbst und den verborgenen und durch Konditionierung verschüttten Teilen seiner Persönlichkeit auseinandergesetzt und hat Zugriff auf viele Teile seines Wesens. Das allerdings bedeutet jahrelange Arbeit an sich selbst. C. G. Jung nennt dies den Prozess der Individuation, was ihm Grunde nichts anderes bedeutet als das Selbst, den Wesenskern freizulegen, der vom Ich-Bild/ Ego überschattet und überlagert ist.
Den wenigsten Menschen gelingt dieses Unterfangen, denn die Tiefen des Unterbewussten sind so tief, das man niemals vollkommen an sie herankommt. Man spricht bei diesen Persönlichkeiten auch von Authentizität, was nichts anderes bedeutet als das Fühlen, Denken und Handeln einer Person übereinstimmen.
Den wenigsten Menschen gelingt dieses Unterfangen, denn die Tiefen des Unterbewussten sind so tief, das man niemals vollkommen an sie herankommt. Man spricht bei diesen Persönlichkeiten auch von Authentizität, was nichts anderes bedeutet als das Fühlen, Denken und Handeln einer Person übereinstimmen.
Der
Normalfall ist: Was wir Menschen nicht als ideal an uns empfinden, was
wir als Makel oder Mangel empfinden, verstecken und verdrängen wir. Das
Verdrängte haust in den Tiefen unseres Unbewussten, das sind die sogenannten Schatten, die wir unbewusst auf andere oder ins Außen
projizieren. So weit, so gut. Wer aber nun vom Ego zum Selbst finden
will, der beginnt sich dieser inneren Schattenwelt zu stellen und macht es wie
der unerschrockene Jüngling aus dem Märchen, der auszieht das Fürchten
zu lernen. Mutig stellt er sich den Tiefen und Untiefen seines Selbst,
das sich aus diesen Schatten formiert. Wer dort hinzuschauen bereit ist,
wird über sein kleines Ego hinaus sehr viel mehr über sich selbst und die dort
schlummernden Kräfte und Energien erfahren, als ein Mensch der in den
oberen Bewusstseinstufen hängen bleibt. Und wenn er ein ganz Kluger ist,
wird er versuchen diese Schatten zu akzeptieren und zu integrieren und
sie nicht mehr abzuspalten oder ins Außen zu projizieren und er wird
zum Dank für seine Schattenarbeit wesentlich mehr über sich erfahren als
die, die das nicht tun, mit Sicherheit auch mehr, als ihm lieb ist. Daher sprachen
die christlichen Mystiker auch vom "Sterben, bevor man stirbt". Oder,
um Goethe zu zitieren, der das auch wusste: Wer dies nicht kennt, dies
"Stirb und werde", der ist nur ein trüber Geist auf dieser Erde ...",
oder so. Mein Ego ist gerade zu faul es nachzuschauen.
Die Egoüberwindung gelingt nur durch mutige und schonungslose "Selbst-Arbeit".
In
dieser, sich selbst gegenüber absolute Ehrlichkeit bedingenden
Selbstschau, geschieht es im besten Falle, dass in der Begegnung mit dem
Unheimlichen, Numinosen das sich im Selbst versteckt, der Glaube an
etwas Größeres, Umfassenderes geboren wird. Das nenne ich das Göttliche
in uns oder die Achtung vor dem, was größer ist als wir. So
weit so gut. Also, so einfach ist es nicht, mit dem Tod des Egos, wie
uns so manche Heiler, Gurus oder Internet-Coaches weiß machen wollen. Denn das
Selbst, diese Mitte der Persönlichkeit ist von höchster Intensität und
sehr vielschichtig. Diese Mitte hat der Psychoanalytiker Carl Gustav
Jung als Ursprung und Erfüllung des Ich bezeichnet. Zitat: "Wie das
Unbewusste, so ist das Selbst das a priori Vorhandene, aus dem das Ich
hervorgeht. Es präformiert sozusagen das Ich."
Menschen, die nicht auf der Oberfläche des Lebens
umherspazieren wollen, die den Mut aufbringen, sich im Zweifel auch mal so richtig vor sich selbst
fürchten wollen, begeben sich, um den trüben Geist zu erhellen, auf die
Suche nach dem vielschichtigen Selbst, welches das Ich präformiert. Und
dann beginnt ein langer, langer Weg, der nicht einmal garantiert, dass
man irgendwo ankommt, schon gar nicht dort, wo man ohne der
Vermessenheit, sprich dem Hochmut, anheim zu fallen, sagen kann: Ich
weiß, wer ich bin, in meiner ganzen Totalität, in meinem ganzen Sein. Es geht nicht!, behaupte ich. Aber ich behaupte auch – der Versuch lohnt
sich! Weil mehr wissen ist besser als nichts wissen, vor allem über sich
selbst.
Warum geht das nicht?
Es
übersteigt unser Vorstellungsvermögen, uns klarzumachen, was wir als
Selbst sind, denn dazu müsste der Teil das Ganze
begreifen können. Es besteht auch wenig Hoffnung, dass wir jemals auch
nur
eine annähernde Bewusstheit des Selbst erreichen, denn soviel wir uns
auch
bewusst machen mögen, immer ist da noch eine unbestimmbare
Menge von Unbewusstem.
"Es ist immer da, es ist jenes zentrale, archetypische Strukturelement der Psyche, das als Anordner und Lenker der seelischen Ereignisse von allem Anfang an in uns wirkt. Sein Ziel und der Drang, dieses Ziel zu verwirklichen, bestehen auch ohne Teilnahme des Bewusstseins", schreibt C.G. Jung. Mit anderen Worten: Das Unbewusste ist unergründlich. Wird aber die Verankerung im Selbst bewusst gemacht, also aus der Projektion auf äußere Objekte zurückgezogen, wird es als autonome Wirklichkeit verstanden und das bedeutet: Man weiß, dass man sein eigenes Ja und Nein ist, sein Hell und sein Dunkel, appollinisch und dionysisch bestimmt. Mehr aber erst einmal nicht.
"Es ist immer da, es ist jenes zentrale, archetypische Strukturelement der Psyche, das als Anordner und Lenker der seelischen Ereignisse von allem Anfang an in uns wirkt. Sein Ziel und der Drang, dieses Ziel zu verwirklichen, bestehen auch ohne Teilnahme des Bewusstseins", schreibt C.G. Jung. Mit anderen Worten: Das Unbewusste ist unergründlich. Wird aber die Verankerung im Selbst bewusst gemacht, also aus der Projektion auf äußere Objekte zurückgezogen, wird es als autonome Wirklichkeit verstanden und das bedeutet: Man weiß, dass man sein eigenes Ja und Nein ist, sein Hell und sein Dunkel, appollinisch und dionysisch bestimmt. Mehr aber erst einmal nicht.
Mit
diesem Gewahrsein erscheint das Selbst als eine Vereinigung der
Gegensätze, dann stellt es eine Einheit dar, in der alle Gegensätze der
Psyche aufgehoben sind, sprich es gibt keine Trennung mehr. Man spricht dann von Ganzheit. Apropos Ganzheit: Symbole des Selbst als die
alles vereinigende Ganzheit treten in allen Kulturen zu allen Zeiten
auf: als Yin und Yang zum Beispiel. Es sind die Bilder in denen sich
Gott manifestiert, weshalb man vom Selbst als einem "Archetyp des
Gottesbildes" sprechen kann, als "Spiegelbild Gottes in der menschlichen
Seele".
Die Beziehung zwischen Ich/Ego und Selbst wird in der Psychologie als "Ich-Selbst-Achse" bezeichnet. Nur
wenn sie uns bewusst geworden ist und lebendig erhalten wird, ist die
Wechselwirkung zwischen Ich und Selbst, ist die Dynamik dieser Achse
wirksam, dann verleiht sie dem Menschen innere Sicherheit und das Gefühl
von Geborgenheit, die den Anderen nicht mehr "braucht". Doch
dummerweise ist es immer das Ich, das sich bespiegelt um sich selbst zu
finden. By the way, die meisten Menschen sehen nur in einen einzigen Spiegel –
in den eigenen verklärten, der sie dann mit
Blindheit schlägt für das, was sie auch sind. Sie bleiben im Ego
stecken.
Ein
wesentlicher Bestandteil im Prozess der Selbstfindung aber ist der
Spiegel. Große Maler wie Dürer und Rembrandt und Max Beckmann
verwendeten den Spiegel um mit der Fixierung des eigenen Abbilds auf der
Leinwand Zustandsbeschreibungen und Lebensprotokolle anzufertigen. Die
Leinwand als Instrument der Identitätssuche, mit dem Ziel, das Ich als
ein Selbst erfahrbar zu machen. Sie fühlten, wussten, dass wir alles
, jedes Ding, jede Befindlichkeit, jedes Gefühl immer in der Spiegelung
haben, dass alles Wahrgenommene durch den Filter und im Abgleich mit der
inneren eigenen Wahrheit, ob gefühlt oder gedacht, empfunden wird.
Kompliziert.
Ich weiß wieder einmal, dass ich nichts weiß. Na ja, sagen wir nicht viel.
Ich
weiß aber, dass das Selbst eine Paradoxie ist, das These und Antithese
und zugleich Synthese darstellt. Und ich weiß, dass, wenn überhaupt, nur das Paradoxe es
vermag die unendliche Fülle des eigen in-der-Welt -seins annähernd zu fassen. Und
ich weiß, dass die Eindeutigkeit und das Widerspruchslose einseitig
sind und daher niemals geeignet, das Unerfassbare zu fühlen oder gar auszudrücken. Und
ich weiß, dass, wenn mir jemand erzählt, er habe sich selbst gefunden
und sein Ego sterben lassen, nichts anderes zu mir spricht als ein
ziemlich fettes Ego, das über den Selbstbetrug noch nicht
hinausgefunden hat.
Tja,
Aldinger
ein informativer Artikel und dazu auch noch gut geschrieben.
AntwortenLöschendanke
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