Samstag, 25. Januar 2025

Aus der Praxis: Sich sorgen

 

                                                               Malerei: A.Wende

 
"Ständig kreist das Gedankenkarussell. Ein nagendes Gefühl breitet sich im Körper aus. Über allem liegt ein Schatten, der selbst in den hellsten Momenten nicht weicht. Immer sind da die Sorgen, die ohne Unterlass in den Gedanken herumgeistern, die leise flüstern, was alles schiefgehen könnte. Immerzu frage ich mich, ob ich den Erwartungen gerecht werde, die an mich gestellt werden. Jeder kleine Fehler, jede verpasste Gelegenheit, jede größere Herausforderung wird zu einem schweren Stein, der auf meine Seele drückt. Da ist die Angst, nicht gut genug zu sein, es nicht gut genug zu machen. Und immer ist da die Angst vor der ungewissen Zukunft. Tagsüber versuche ich, die Fassade aufrechtzuerhalten, während die innere Unruhe mich zerfrisst. Ich sehe die anderen, die scheinbar mühelos durchs Leben gehen und frage mich, warum ich nicht einfach loslassen kann, warum es mir so schwerfällt, selbst die kleinen Freuden des Lebens zu genießen. Die Nächte sind am schlimmsten. In der Dunkelheit überfällt mich dieses erdrückende Gefühl der Hilflosigkeit. Ich kann nicht einschlafen, zähle die Stunden und wünsche mir, dass die Sorgen einfach verschwinden. Aber sie verschwinden nicht, sie sie sind hartnäckig, sie flüstern mir zu, dass ich auf der Hut sein muss, dass die Welt ein gefährlicher Ort ist, voller Unsicherheiten und Unvorhersehbarkeiten. Ich sehne mich so sehr nach Frieden, nach einem Moment der Ruhe, in dem ich einfach sein kann, ohne von den ständigen Sorgen und Ängsten zerfressen zu werden. Hört das denn nie auf?"
So schildert meine Klientin ihre seelische Verfassung. 
 
Sorgen und Befürchtungen können tiefgreifende Auswirkungen auf einen Menschen haben, sowohl psychisch als auch physisch.  
Anhaltende Sorgen können zu chronischem Stress, Angstzuständen und Depressionen führen. Sie können das allgemeine Wohlbefinden beeinträchtigen und das Leben als überwältigend erscheinen lassen. Sorgen können die Konzentration und die Entscheidungsfindung beeinträchtigen. Menschen, die ständig besorgt sind, haben oft Schwierigkeiten, sich auf Aufgaben zu konzentrieren oder klare Entscheidungen zu treffen. Menschen, die unter starken Sorgen leiden, neigen dazu, sich von sozialen Interaktionen zurückzuziehen. Dies kann zu Einsamkeit und einem Gefühl der Isolation führen. Sorgen können körperliche Symptome hervorrufen wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Magenprobleme oder andere stressbedingte Erkrankungen. Langfristig kann chronischer Stress das Immunsystem schwächen und zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Sorgen können zu Verhaltensänderungen führen, wie z.B. zu erhöhtem Konsum von Alkohol oder Drogen, ungesunden Essgewohnheiten oder einer Abnahme der körperlichen Aktivität. Anhaltende Sorgen können dazu führen, dass ein Mensch in einem negativen Denkmuster gefangen sind, was die Perspektive auf das Leben und die Fähigkeit, positive Erfahrungen zu machen, massiv beeinträchtigen kann. Sorgen beeinflussen die Lebensqualität erheblich und machen auf Dauer krank.
 
Es gibt viele Tipps um sich das Sorgenmachen abzugewöhnen.
Zum Beispiel:
Indem man für Ablenkung sorgt, indem man Stoppsignale nutzt (laut „stopp“ sagen), indem man seine Gedanken aufschreibt um Abstand zu gewinnen, indem man Gespräche mit vertrauten Menschen führt und seine Sorgen ausspricht, indem man einen fixen Termin für das Sorgen festlegt und indem man Entspannungstechniken oder anderen Strategien zur Stressbewältigung nutzt um das Nervensystem zu beruhigen. 
 
All das ist hilfreich. Entscheidend aber ist, dem Sorgenmachen auf den Grund zu gehen.
Sich ständig sorgen ist eine Gewohnheit. Ein Mensch der sich ständig sorgt, muss daher lernen sich diese Gewohnheit abzugewöhnen, das bedeutet: Er muss lernen den Sorgen-Modus, der sich im Gehirn als Automatismus verankert hat, einzustellen. Er muss erkennen, dass er seinem Gehirn nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern dazu fähig ist, diesen Automatismus zu regulieren und zu steuern. Um das zu erreichen ist es auch wichtig das eigene Selbstwertgefühl und das Gefühl von Selbstwirksamkeit zu hinterfragen und gegebenenfalls zu stärken. Um das Sorgenmachen nachhaltig loszulassen, ist es wichtig an die Wurzel des Problems gehen und nicht nur an den Symptomen herumdoktern. Es gilt zu erforschen, welche tieferen Auslöser es für die ständigen Befürchtungen gibt. Ständiges Sorgen hat immer einen Grund, den gilt es herauszufinden, damit eine tiefgreifende Veränderung gelingen kann. 
 
 
Angelika Wende
Kontakt: aw@wende-praxis.de

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