Dienstag, 4. April 2017

Möglichkeiten





Gestern sagte ein älterer Klient zu mir: "Ich hatte ein erbärmliches Leben." Ich fragte ihn, was ist für Sie ein erbärmliches Leben? Er dachte lange nach... Ich habe meine Möglichkeiten und meine Gaben nicht genutzt. Es ist traurig, wenn ein Mensch das in einem Alter sagt, wo das Meiste gelebt ist. Es hat mich sehr berührt, dass mein Klient so empfindet. Ich weiß, dass er nicht der Einzige ist der so denkt und fühlt und darum schreibe ich das heute früh, für alle von Euch, die dieses Gefühl kennen.

Es ist traurig, wenn wir ein Leben lang, das was uns an Anlagen, Gaben und Möglichkeiten gegeben ist nicht nutzen, weil wir es nie gelernt haben, weil es uns keiner vermittelt hat oder unsere Erziehung so war, dass es uns nicht erlaubt wurde. Es ist nicht leicht sich selbst zu verwirklichen, wenn es uns keiner vorgelebt hat und uns keiner dazu ermutigt hat. Es ist sogar sehr schwer.
Andererseits ist es auch schwer seinen eigenen Weg zu gehen, seine Gaben zu nutzen, sie in die Welt zu geben, sie zum eigenen Wohl und zum Wohl anderer einzusetzen. Es erfordert Mut, den Glauben an sich selbst, Disziplin und auch Verzicht. Aber wer das vermag hat ein erfülltes Leben. Er wird am Ende sagen können: Ich habe mich verwirklicht, mein Leben hatte Sinn und zwar den, den ich ihm gegeben habe. Er wird zufrieden und dankbar auf die gelebten Jahre zurückblicken und jeden neuen Tag Leben mit Freude begrüßen.

Mein Klient hat noch Zeit, er hat Zeit sein erbärmliches Leben zu ändern. Er hat beschlossen in seinem höheren Alter noch einmal zu studieren, und zwar das, was ihn schon immer interessiert hat. Das ist schön. Es ist nie zu spät aus einem "erbärmlichen Leben" auszusteigen. Wir müssen nicht erst alt oder vielleicht sogar krank werden um zu begreifen, dass wir das Recht haben und Niemandes Erlaubnis brauchen, zu leben, was ihn uns angelegt ist und unsere Gaben zu nutzen. Wir können es uns selbst erlauben. Wir können es tun, jeden einzelnen Tag, können wir das tun. Wir können ändern, was uns nicht gefällt. Es muss nicht die große Wende sein, es muss nicht bedeuten, dass wir radikal etwas verändern. Es genügt mit kleinen Dingen anzufangen, kleine Dinge zu verändern.
Jeden Tag können wir etwas tun, was unseren Gaben entspricht und was uns Freude macht. Freude schafft Sinn. Wenn wir glauben, dass unser Tun keinen Sinn hat, beschneiden wir uns selbst. Wir machen uns unglücklich.

Es ist wichtig, dass wir unsere Fähigkeiten anerkennen, denn damit erkennen wir uns selbst an. Das Entfalten unserer Potentiale, das Verfolgen unserer Interessen, unserer Visionen und Ideale, das Ausleben unserer Kreativität, bedeutet, uns selbst gegenüber gerecht zu werden.
Freude am Tun schenkt Kraft und je mehr wir von dem tun, was uns Freude macht, desto stärker und zufriedener fühlen wir uns.
Jeder Tag schenkt uns die Möglichkeit, das zu tun.
Gottes Geschenk an uns sind Möglichkeiten.

1 Kommentar:

  1. "Ich habe meine Möglichkeiten und meine Gaben nicht genutzt."
    Zunächst mal kennen das viele. Fast jeder.

    Aber was Du sagst und was auch für mich gilt: Es ist nie zu spät, nochmal durchzustarten. Alles andere wäre dann Ausrede.
    Gerhard

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