Die anderen interessieren mich nicht mehr. Nur in Fällen, wo sie mich interessieren müssen, auf der Arbeit zum Beispiel und wo ich keine andere Wahl habe. Sie interessieren mich nicht, seit ich herausgefunden habe, dass sie sich nur für sich selbst interessieren, vielleicht noch für ihre Kinder. Für ihren Partner interessieren sie sich auch nicht wirklich. Wenn ich zufällig mit einem anderen ins Gespräch komme, was ich vermeide, wo ich kann, fällt mir auf, dass er oder sie immer „Ich“ sagen. Wirklich jeden Satz beginnen die mit ich. Sie sagen ich und meinen irgendwen. Die meisten wissen nämlich nicht, wer sie sind. Das wird ziemlich schnell klar, wen ich den oder die frage, wer er oder sie ist. Ich frage nicht, was machen sie, ich frage, wer sind sie? Das ist ein Unterschied.
Erst sind sie still. Dann kann man dabei zusehen wie sie plötzlich anfangen nachzudenken. Kommt aber in den meisten Fällen nichts dabei raus. Dabei ist Nachdenken eigentlich nicht schwer. Sie haben bloß keine Übung im Nachdenken. Die Meisten jedenfalls. Die denken zwar den ganzen Tag an etwas, die Dinge die zu tun sind, wann der Chef endlich aufhört zu meckern, wann endlich Feierabend ist, an die nächste Steuererklärung, dass der verdammte Rücken weh tut, was es zum Abendessen gibt, was in der Glotze kommt, wann der nächste Urlaub ansteht, wann hoffentlich bald Wochenende ist, mit wem sie mal wieder ein Bier trinken gehen könnten. Männer denken alle paar Minuten an Sex, Frauen an die nächste Diät, die sie dann doch nicht machen, oder an den Traummann, der doch nicht kommt. An so was denken die.
Zwischen an etwas denken und nachdenken ist ein Unterschied. Er ist essentiell, signifikant, entscheidend. Trennt sozusagen, die Denker von den Nichtdenkern. Ich gebe zu, an etwas denken ist weniger anstrengend. Sobald man nämlich anfängt nachzudenken kommen Dinge ans Licht, an die man vorher niemals gedacht hat. Da gibt’s echt Überraschungen und manchmal sind die auch unangenehm. Das kann so weit gehen, dass man plötzlich anfängt darüber nachzudenken, wer man ist, was man will und was man nicht will, oder nicht mehr will, oder wozu man überhaupt da ist. Wie gesagt, dass kann ziemlich schnell, ziemlich unangenehm werden. Weil der Mensch das Unangenehme gern vermeidet, lässt er das mit dem Nachdenken und überlässt es anderen. An was denken - ja, nachdenken, eher nein.
Sie glauben mir nicht? Dann denken sie einfach nicht weiter drüber nach und hören jetzt auf zu lesen. Sie denken, ich könnte nicht ganz falsch liegen? Schön, dann machen sie doch mal den Test. Fragen Sie jemanden, den sie kennen, wer er ist. Aussagekräftige Antworten schicken sie mir bitte per Email zu. Es interessiert mich nämlich, wenn einer nachdenkt und noch mehr interessiert mich, wenn er eine Antwort auf die Frage hat: „Wer bist Du?“
Ich kenne eine Handvoll andere, die zumindest mal drüber nachgedacht haben und einige von ihnen haben eine grobe Vorstellung davon, wer sie sind. Mit denen rede ich ab und zu mal ein Wörtchen, oder auch mehr, wenn ich es nicht mehr aushalte mit dem alleine nachdenken.
Das reicht dann aber auch ziemlich schnell wieder und dann sitze ich allein im Cafe´ oder in in meinem Atelier und denke nach, worüber ich schreiben könnte und schreibe es dann auf, oder ich male Bilder über etwas worüber ich nachgedacht habe. Kommt echt was dabei raus ab und an. Zumindest sehe ich das so. Darüber würde ich dann gern mit jemand anderen reden, was der so denkt über das, worüber ich nachdenke. Dann fange ich an nachzudenken mit wem ich drüber reden könnte. Na ja und dann denke ich, dass da darüber mit Sicherheit keiner nachdenken will. Ich bin zu einfach zu anstrengend für die anderen. Vielleicht sollte ich da mal drüber nachdenken.
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