Mittwoch, 9. November 2011

vernissage

vernissage, die galerie ist voll. das ist ungewöhnlich. ich wundere mich. ich sage das der kleinen rothaarigen galeristin. das liegt dran, dass es nach der einführungsrede ein buffet gibt, sagt sie.

ich warte, habe meinen block in der hand und den stift. ich bin hier um die rezension über die ausstellung zu schreiben. ich liebe meine arbeit, weil ich die kunst liebe. sie hat mir das leben gerettet, immer wieder, in zeiten wo ich nicht wusste, woran ich mich halten sollte.

es ist laut im raum, der jetzt so voll ist, dass ich die bilder kaum sehen kann vor lauter menschen, die sich die bilder nicht anschauen. sie reden. über die bilder reden sie nicht, wie auch, wenn sie sie nicht beachten? ich kenne das schon, es sind nicht die bilder, weshalb sie auf vernissagen gehen. bei den meisten sind es nicht die bilder. das tut mir leid für die bilder und den, der sie gemacht hat. auch darum liebe ich meine arbeit, weil ich den bildern und dem, der sie gemacht hat, achtung schenken kann und aufmerksamkeit, im nachhinein, wenn das, was ich geschrieben habe gelesen wird, auch wenn ich weiß, dass es nicht viele lesen.

die kleine rothaarige galeristin bittet um ruhe. sie will ihre einführungsrede halten. es wird nicht ruhig. die leute reden weiter, beachten die galeristin nicht. sie bittet ein zweites mal um ruhe, lauter jetzt. ihre stimme rutscht am lauten gerede ab. ich denke, sie braucht ein mikrophon, damit sie sich gehör verschaffen kann.

die galeristin bittet ein drittes mal um ruhe. ein weiterer untauglicher versuch. dann beginnt sie zu reden, über das laute hinweg. ihre worte verlieren sich im wortsalat der leute. ich will sie verstehen. ich bitte den mann vor mir, der mit einem anderen mann laut redet, etwas leiser zu sein. für einen moment ist er still, dann baut er sich vor mir auf, seine hand formt eine drohgebärde. er sagt: ich zeig dir gleich mal was leise ist, ich hau dir auf maul, dann is leise.

ich versuche runterzuschlucken was laut aus mir raus will. was aus mir raus will verknotet sich in meiner kehle. ich schlucke es runter, atme die stille der bilder im raum und weiß wieder warum mir die kunst das leben rettet.