Sie rufen täglich an, weinen sich ständig aus, jammern und klagen über ihre Probleme, ihre Gesundheit, ihre Krankheiten, ihre Beziehung, ihren Job und spammen einen mehrmals täglich mit What´s App Nachrichten zu. Redet man mit ihnen, geht es nur um sie. Man kommt selbst kaum zu Wort und wenn man zu Wort kommt, wird das letzte Wort dazu benutzt wieder von sich selbst zu erzählen.
Wer es kennt, weiß wie belastend und energieraubend Beziehungen mit Menschen sind, die sich so verhalten.
Zu den eigenen Problemen, die jeder von uns zur Genüge hat, legt sich eine Last, die einen seelisch ziemlich beschweren und runterziehen kann. Man hört immer wieder geduldig zu, will helfen, macht Vorschläge zur Problemlösung und nichts ändert sich. Immer wieder wird eine Schallplatte mit dem gleichen Klagelied abgespielt. Wie es einem selbst geht wird nicht gefragt und wenn, dann wird nicht darauf eingegangen. Zack … und zurück geht’s zum eigenen Ich.
Ich, Ich, am AllerIchsten, allein darum geht es.
Man hat mehrmals versucht sich abzugrenzen, erfolglos.
Die Grenze wird immer wieder missachtet und überschritten. Man kommt sich langsam vor wie ein seelischer Mülleimer und ist nach solchen Gesprächen und Begegnungen im wahrsten Sinne des Wortes völlig im Eimer. Was sind das für Menschen, die derart auf sich selbst bezogen sind und nicht merken wie sehr sie um sich selbst kreisen und den anderen gnadenlos in ihr Gefühlskarussell hineinziehen?, fragt man sich. Und irgendwann fragt man sich: Will ich das überhaupt noch mitmachen? Man geht öfter nicht ans Telefon, liest die What´s App nur noch zeitversetzt und antwortet halbherzig im Gefühl: Es reicht langsam!
Solche Beziehungen sind nicht nur emotional erschöpfend, sie sind belastend und verursachen Stress. Gefühle wie Wut, Groll und Traurigkeit kommen auf. Man selbst wird nicht gesehen und nicht gehört und dient einzig als stummer Spiegel für das Ich des anderen. Man will das nicht mehr sein und traut sich nicht sich zu distanzieren, weil – so viele FreundInnen hat man ja nicht. Man ist im Konflikt mit sich selbst, eigentlich aber ist man im Konflikt mit dem anderen, spricht es aber nicht aus.
Man will den anderen nicht verletzen und nicht zurückweisen, weil man weiß wie schmerzhaft das sein kann und verletzt sich selbst, indem man immer wieder in einem Gefühlscocktail aus fremdem Elend und den eigenen belastenden Gefühlen schwimmt.
Es ist vollkommen okay sein Herz zu öffnen und sich bei FreundInnen auch mal auszuheulen, seine Probleme mitzuteilen und sich emotional zu entlasten. Freundschaft und Beziehung bedeutet: füreinander da zu sein. Aber eben für einander.
Und nicht der eine für den ewigen Negativismus des anderen.
Es ist nicht okay den anderen ständig mit seinen Problemen zu überladen, ohne zu fragen, ob er überhaupt gerade ein Ohr, Kraft und Zeit hat sich damit zu befassen. Es ist nicht okay, nur von sich selbst zu reden und dem anderen keine Aufmerksamkeit und kein Interesse zu schenken, wenn man den anderen seinen Freund oder seine Freundin nennt.
Eine gesunde Beziehung besteht aus gegenseitigem Interesse, Zuneigung, Achtung, Respekt, Vertrauen und einem ausgeglichenen Geben und Nehmen. Es geht darum das Beste füreinander zu wollen und um eine gesunde Balance. Beziehung besteht aus einem Ich und einem Du und nicht aus einem Ich, welches monologisiert das Du als Klagemauer oder als Ersatztherapeut benutzt.
Hier fehlen Empathie und Rücksichtnahme auf das Gegenüber. Wenn es immer nur um das eigene Ich geht, ohne darüber auch nur im Ansatz nachzudenken, ob der andere überhaupt die Bereitschaft und die Energie hat zuzuhören und da zu sein, kippt das Gleichgewicht in der Beziehung ins Unheilsame. Man fühlt sich einfach nicht mehr wohl mit einem Gegenüber, das nur auf die eigenen Bedürfnisse fokussiert ist.
Das sollte man, um des eigenen Seelenheils willen, klar und deutlich äußern.
Heißt: Eine klare Grenze setzen und dem anderen mitteilen wie man sich fühlt – nämlich schlecht und emotional überfordert. Wer ganz mutig ist, könnte den anderen bitten, einmal in die Stille zu gehen und sein eigenes Verhalten zu reflektieren. Tut er oder sie das nicht, ist es an der Zeit sich zu fragen, ob man eine derart dysfunktionale Beziehung wirklich weiterführen will, wozu es gut ist sich als emotionalen Mülleiner zur Verfügung zu stellen und warum man das überhaupt zulässt.
"Nur Menschen, die fähig sind, einander wahrhaft du zu sagen, können miteinander wahrhaft wir sagen."
Martin Buber
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