Malerei: Angelika Wende
Wir hängen wir an einem Menschen, den wir lieben, der uns aber nicht die gleichen Gefühle entgegenbringt. Er behält uns vielleicht in seinem Leben, weil er gerade nichts Besseres findet oder noch nichts Besseres gefunden hat, weil er nicht alleine sein will oder weil die Beziehung mit uns ihm einen Benefit verschafft.
Und wir spüren es. Wir merken es daran, dass dieser Mensch immer vage bleibt, dass er sich nicht commited, dass er, wenn wir gemeinsame Pläne ansprechen, nicht darauf eingeht, dass er keine Vision mit uns teilt und nicht in die gleiche Richtung blickt.
Wir merken es daran, dass er unberechenbar und unzuverlässig ist, keine Absprachen einhält und immer wieder Ausreden erfindet, warum das so ist. Wir merken es daran, dass er sich uns nicht wirklich zuwendet, sondern immer sich selbst in den Mittelpunkt stellt und wir mit unseren Bedürfnissen und Wünschen nach Zuneigung und Bindung auf der Strecke bleiben. Wir erkennen es daran, dass er sich zurückzieht, wenn wir ihm zu viel werden oder wir uns nicht so verhalten, wie er es von uns erwartet, uns dann eine Zeitlang ignoriert oder sich nach einem Streit nicht meldet. Wir merken es daran, dass wir unsicher sind, uns nicht wirklich angenommen und geborgen fühlen und unser Bauch permanent das Signal sendet: Vertrau ihm nicht. Wir merken es daran, dass allein er über Nähe und Distanz entscheidet, seine Entscheidungen trifft, ohne uns einzubeziehen, und sein Ding durchzieht.
Wir spüren im Lebenshaus dieses Menschen haben wir nur eine kleine Abstellkammer. Für uns gibt es nur diesen kleinen Raum, dessen Tür sich nach seinem Belieben öffnet und wieder schließt. Ein Lost Place in dem wir da ziemlich verlassen hocken und warten.
Wenn wir einen solchen Menschen lieben, sind wir verlassen und zwar von diesem Menschen. Er hat uns längst verlassen noch bevor wir bereit und fähig sind ihn zu verlassen, weil wir ihn ja lieben. Aber genau das müssen wir tun für unser Seelenheil, ihn verlassen.
Und wir schaffen es nicht.
Wir spüren längst diese innere Einsamkeit, die uns einkesselt und uns von Tag zu Tag trauriger, mürber und müder macht und wir bleiben, weil wir uns vor der Einsamkeit fürchten, die unser Verlassen dann bedeutet. Dabei fürchten wir uns vor etwas, was längst da ist: Wir sind zu zweit einsam und das ist die schlimmste Form der Einsamkeit.
In dieser Einsamkeit leben wir von Brosamen und einen vergeblichen Hoffnung, die uns langsam ausblutet. Wir leben mit einem giftigen Cocktail negativer Gefühle, der uns jeden Tag neuen Schmerz zufügt. Wir trinken ihn wieder und wieder bis uns schlecht wird und wir uns nur noch schlecht fühlen. Und wir können nicht aufhören zu trinken, obwohl wir genau wissen, das Zeug ist verdammt ungesund.
Wir schaffen es nicht diese Verbindung zu durchtrennen, die längst keine mehr ist, sondern in Wahrheit nur unsere Bindung an einen Wunsch der sich niemals erfüllen wird, weil er sich bis heute nicht erfüllt hat. Das Band, das einmal gab ist längst gerissen, aber wir halten es an unserem Ende fest, während der andere es längst zu Boden hat fallen lassen. Wir halten diesen armseligen Fetzen in der Hand und trauen uns nicht ihn loszulassen. "Lieber den Fetzen festhalten als eine leere Hand", sagt die Verlustangst.
Ein trauriges Bild.
Ein Bild, das Mitgefühl braucht für uns selbst und dann den Mut und die Kraft unsere Hand zu öffnen, den armseligen Fetzen loszulassen und ihn dahin flattern zu lassen.
Und dann?
Dann stehen wir da mit leeren Händen. Und wieder ist da Schmerz.
Aber es ist ein anderer Schmerz. Dieser Schmerz vergeht zu seiner Zeit. Der Schmerz in unserer Abstellkammer, hört erst mal nicht auf. Er kann noch sehr lange dauern.
Er hört erst dann auf, wenn der andere entscheidet, dass er endgültig genug von uns hat. Wollen wir darauf warten?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen