Donnerstag, 9. Juni 2022

Aus der Praxis: Ausweg aus der Angst


 
                                                             Foto: A.Wende
 
 
„Angst haben“ ist ein Urinstinkt des Menschen. Zum Problem wird das biologisch angelegte Furchterleben aber wenn es ausartet und zu übertriebenen und krankhaften Ängsten führt.
Ganz gleich ob unsere Angst sich auf materielle oder existentielle Dinge bezieht, alle Ängste entstehen auf der emotionalen Ebene und sie entsprechen nicht notwendig der materiellen Wirklichkeit. Unsere Ängste sind meist alt. Alte Angst wandelt das Jetzt, in etwas, was es nicht ist. Angst wirkt von innen nach außen und kreiert ein Außen, das uns mehr Angst macht, als es uns machen müsste. 
 
Übertriebene oder krankhafte Angst beginnt im Kopf. Sie folgt aus Bewertungen von Objekten oder Situationen, die für sich allein zunächst nicht Angst auslösend sind. 
Was eigentlich ungefährlich und nicht bedrohlich ist, wird als gefährlich und bedrohlich eingestuft. Die Angst läuft aus dem Ruder, so dass sie statt Schutzmechanismus zu sein, zur Qual wird. Am mächtigsten ist die Angst die unseren Unbewussten entspringt, für die wir keinen Namen haben, der wir kein Gesicht geben können. Aber genau das ist es, was wir dann tun dürfen. Wir dürfen diese Angst erforschen, ihr ein Gesicht geben, sie benennen, sie fühlen und aushalten bis sie kleiner wird. Und das wird sie. 
 
Es gibt nur eine wirksame Strategie für den Ausweg aus der Angst: Wir müssen uns der Angst aussetzen, sie ertragen und nicht davonlaufen. Je früher dies erfolgt desto besser, denn mit der Zeit dehnt sich die Angst aus, sie greift auf weitere Situationen und Objekte über. Wie vermeiden immer mehr.
Die Angst erforschen, das ist die Vorrausetzung um sie in ihrem tiefsten Wesen zu erkennen und um ihre übergroße Macht zu bezwingen. Wir erforschen ihre Quelle damit wir wissen, womit wir es wirklich zu tun haben, damit wir wissen, was der Urgrund unserer Angst ist.
Und dann hören wie die Stimme, die uns einredet, dass wir uns schämen sollen oder schuldig sind, die uns sagt, wie klein wir sind, wie unfähig, wie feige und hilflos, wie wertlos und nicht liebenswert. Diese Stimme ist alt. Sie ist nicht die unsere, wir haben sie verinnerlicht. Sie hat in uns hineingeredet, von Kindesbeinen an, sie hat uns eingeredet, was oder wer wir sind, wer wir nicht sind und wer wir zu sein haben. Und wir haben ihr Glauben geschenkt. Wir haben uns mit ihr identifiziert, aber wir haben sie nicht identifziert.
Das tun wir jetzt.
Und dann nehmen wir Abstand von dieser Stimme, wir disidentifizieren uns, wir beobachten sie. Wir hinterfragen alles, was sie an unheilsamen, angstmachenden und bedrohlichem ausspuckt und dann sie fragen wir sie: Woher willst du das wissen?
Diese Frage ändert viel.

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