Donnerstag, 9. April 2020

Gedanken zu Krise

Malerei: Angelika Wende

Langsam kommen die Letzten an den Punkt, an dem klar wird, dass wir niemals eine dauerhafte Stabilität haben und - sie niemals erreichen werden. Denn was in dieser Welt gerade geschieht ist in der Komplexität des Ausmaßes so groß, so bedrohlich, so mächtig, so absurd, wie wir es uns nicht haben vorstellen können. Der Gegner, dem wir den Kampf angesagt haben ist nicht sichtbar, nicht fassbar, in sich selbst unbekannt und daher so gefährlich. Wir kämpfen und haben nicht die entscheidenden Waffen um uns zu schützen. Wir probieren, wir improvisieren, wir suchen und haben noch nicht gefunden, was uns rettet. 

Was gerade geschieht zeigt uns, dass dauerhafte Stabilität in der Natur und im Leben einfach nicht vorgesehen ist, auch nicht für uns, die wir uns nur allzugerne Stabiltät und Dauer zukommen lassen möchten. Es gibt sie nicht. Was es gibt ist Unsicherheit, ist Unberechenbarkeit, ist Kontrollverlust.
Die Vorstellung von Stabiltät ist abgesagt. Das Theater der Illusionen geschlossen. Das Gebäude auf dem wir gebaut haben ist ins Wanken geraten, es ist in vielen Ländern zusammengesackt.
Also geht die Angst um.

Die älteste und mächtigste Form der Angst - die Angst vor dem Unbekannten.
Diese Angst zeigt sich in den unterschiedlichsten Nuancen. Und dennoch liegt all diesen Nuancen eine grundsätzliche Angst zugrunde: Die Angst vor Verlust.

Wir fürchten uns davor zu verlieren was wir haben. Menschen, Besitz, Gesundheit, das Leben im schlimmsten Falle. Wir fürchten uns davor was heute, morgen, übermorgen passieren kann. Wir fürchten uns davor was danach passiert, wenn es vorbei ist, wenn es denn vorbei ist. Wann? Das wissen wir nicht.

Wenn diese Angst kommt, haben wir Angst keine Identität mehr zu haben, uns einfach im Nichts aufzulösen. Wir haben Angst, dass nicht nur Etwas da draußen anders ist, sondern auch wir, denn vieles von dem, was wir uns an Identität aufgebaut haben wird weggerissen - wir blicken in unsere eigene Existenz und sind in unserer Ich- Vorstellungen angegriffen. Wir greifen ins Leere.

Was tun wir also gegen die Angst?
Die meisten tun das, was sie am Besten können - sie weichen aus. Sie weichen aus, indem sie den leeren Raum füllen. Womit?
Mit einer Fülle von alten und neuen Kompensations - und Abwehrmechanismen. Immer bemüht das Alte, das Gewohnte weiter aufrecht zu erhalten um die Ich-Vorstellung nicht zu verlieren, um weiter die Illusion von Stabilität aufrecht zu halten.
Nur - dieses Mal werden wir mit der alten Ich-Vorstellung, individuell und kollektiv, nicht weiterkommen. Wir müssen uns neu erfinden.

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