Mittwoch, 6. Februar 2019

Starke Menschen

Kein Lotus ohne Schlamm

Was ist ein starker Mensch? Was macht mentale Stärke aus und was macht uns stark?

Mentale Stärke ist ein nicht ganz einfach zu definierbares psychologisches Konzept. Ein starker Mensch wird in der Psychologie als „resistente Persönlichkeit“ bezeichnet.  
Das Konzept entstand in den 80igern in der Sozialpsychologie. Bei einer resistenten Persönlichkeit spielt es keine Rolle ob dieser Mensch introvertiert oder extrovertiert ist, was sie ausmacht ist die  mentale Widerstandsfähigkeit, sprich die  Fähigkeit, trotz aller Widrigkeiten, trotz Scheitern und Schicksalsschlägen aufzustehen und weiter zu machen. Auch Selbstvertrauen, emotionale Intelligenz, Mut, Belastbarkeit, Selbstdisziplin und Zähigkeit werden starken Menschen zugeschrieben. Bewusstheit, Kreativität, Neugier, Engagement, Achtsamkeit, eine klare Wahrnehmungsfähigkeit, Willenskraft, Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit machen starke Persönlichkeiten aus. Dazu gehört auch die Fähigkeit mit Emotionen und Situationen angemessen umzugehen.

Starke Persönlichkeiten sind flexibel.  Sie besitzen ein hohes Maß an Akzeptanz gegenüber den Unwägbarkeiten des Lebens. Sie haben die Bereitschaft und die Gabe Widrigkeiten, Scheitern und Verlusterfahrungen in persönliches Wachstum zu wandeln. Wenn diese Menschen vor einem Problem stehen, sagen sie nicht: Ich bin Opfer der Umstände, die Anderen sind schuld, das Leben ist ungerecht. Sie sagen sich: Ich habe die Wahl wie ich mit dem was ist, umgehen will. Sie suchen nach Möglichkeiten und Lösungen. Sie handeln nach dem Motto: Gibt dir das Leben Zitronen, mach Limonade draus. 

“Erinnert euch immer daran, dass die Hindernisse auf eurem Weg keine Hindernisse sind. Sie sind der Weg.” Diese Worte schrieb, kurz vor ihrem frühen Tod, Jane Catherine Lotter in ihrer selbstgeschriebenen Grabrede. Die amerikanische Schriftstellerin starb mit 47 Jahren.
Ein starker Mensch lebt nach dem Gelassenheits-Mantra. Er ändert das, worauf er Einfluss hat, er akzeptiert was er nicht kontrollieren kann und vor allem, er kann zwischen beidem unterscheiden.

Starke Menschen wissen: Wichtig ist, mit dem umzugehen, was gerade ist. Das bedeutet sie hängen nicht in der Vergangenheit fest, sie beklagen oder glorifizieren sie nicht. Sie nehmen sie als das, was sie ist: ein Teil ihrer Biografie. Das bedeutet nicht, dass diese Menschen Ungutes und Schmerzhaftes nach dem Motto: „Vorbei und vergessen“ wegwischen. Die Vergangenheit wird aber nicht zur Erklärung oder Rechtfertigung für alles benutzt was schief läuft. 

Starke Menschen investieren ihre Energie nicht in Dinge, die sie nicht mehr ändern können, sondern bewusst in das Hier und Jetzt. Mental starke Menschen sind bereit die Verantwortung für sich selbst, ihr Denken, Fühlen und ihr Handeln zu übernehmen. Sie sind selbstreflektiert und scheuen sich nicht Fehler zuzugeben. Sie wissen: Aus Fehlern lernt man. Fehler sind nichts Ungutes, wenn wir sie korrigieren, soweit es uns möglich ist. Ein mental starker Mensch ist lernfähig. Er macht dieselben Fehler nicht wieder.

Starke Persönlichkeiten haben die Bereitschaft Widrigkeiten und emotionale Schmerzen auszuhalten, sie zu akzeptieren und zu überwinden. Sie flüchten sich nicht in Kompensationen, Süchte oder andere Abwehrmechanismen. Sie schauen hin, auch wenn es weh tut. Starke Menschen lieben geistige Klarheit, daher sind sie auch für Süchte nicht anfällig. Sie sind sich bewusst, dass es Attraktiveres gibt als sich mit sinnlosen Dingen zu beschäftigen oder sich das Hirn zuzudröhnen um einer kurzfristigen Triebbefriedigung zu folgen. Das hat nichts mit Askese zu tun oder mit Verzicht, Abstinenz von Alkohol und Drogen ist die Bedingung für die Fähigkeit das Leben überhaupt zu spüren und ihm nachgehen zu können. Abstinenz von jeglichem selbstzerstörerischen Verhalten schafft den Raum sich zu entfalten und sein Leben zu gestalten. Süchte hingegen halten mit ihrer zerstörerischen Macht davon ab. Jede Art Sucht führt letztlich dazu, dass das Leben stagniert und sich am Ende alles auflöst, was Leben ausmacht. Die Einsicht, dass ein lebenswertes Leben mit der Sucht nicht realisierbar ist, ist nichts Neues, aber mental starke Menschen haben dies verinnerlicht und leben danach. 

Wenn jemand geistige Stärke besitzt hat er ein WOZU. 
Er weiß um die Sinnhaftigkeit seines Daseins und gestaltet sich seinen persönlichen Sinn. Er ist sich der Bodenlosigkeit der menschlichen Existenz bewusst und dennoch kann er sich selbst halten und nur deshalb kann er auch die halten, die ihm anvertraut sind. 

Wer stark ist kann loslassen, wenn er erkennt, dass er alles getan hat, was er tun konnte. 
Wenn wir diese Tatsache akzeptieren, können wir besser mit Dingen klarkommen, die nicht in unserem Einflussbereich liegen.
Stärke bedeutet auch die eigenen Grenzen zu erkennen und sie zu respektieren und sich nicht für etwas oder jemanden aufzuopfern oder aufzugeben, wenn es vergeblich ist. 

Starke Persönlichkeiten haben Werte, nach denen sie ihr Leben ausrichten und wo diese Werte keine Resonanz finden, ziehen sie sich irgendwann zurück.  Sie verschwenden keine kostbare Lebenszeit mit Menschen, die ihre Werte nicht teilen, die unaufrichtig oder berechnend sind. Sie ziehen es vor allein zu sein, anstatt schlecht begleitet. Und sie können gut allein sein.

Mental starke Menschen haben etwas, das sie von Innen hält, auch wenn alles andere wegfällt. Dazu gehören Werte, Ideale, Visionen, haltgebende Gewohnheiten und Rituale. Es gibt Dinge die sie tun und Dinge die sie nicht tun und dabei sind sie konsequent und diszipliniert. Das hat nichts mit Sturheit zu tun. Mental starke Menschen mögen weder Sturheit noch Starre. Auch wenn sie an Ihren Werten und inneren Wahrheiten festhalten, haben sie den Mut Risiken einzugehen, wenn sie an etwas glauben oder ein Ziel verfolgen, das ihnen am Herzen liegt. Sie wissen was sie wollen und wen sie wollen.
 
Mental starke Menschen haben Ausdauer. Sie sind Langstreckenläufer. „Ich bin eine einsame Läuferin. Aber eine Langstreckenläuferin“, sagte die Bildhauerin Louise Bourgeois, anlässlich ihrer Ausstellung 2005 in der Kunsthalle Wien nach Jahren des Kunstmachens in denen sie endlich Anerkennung fand.
Weit davon entfernt, sich etwas einzubilden wissen starke Persönlichkeiten genauso um ihre Stärken wie um ihre Schwächen und Schatten. Sie gestehen sie sich selbst und anderen zu, solange diese nicht als Entschuldigungen für Verantwortungslosigkeit oder unmoralissches Handeln herhalten müssen. Ein starker Mensch hat ein offenes Herz für andere, er ist empathisch, aber er ist fähig einen psychologischen Filter anzuwenden. 

Ein Mensch mit einer starken Persönlichkeit hat seine Schwierigkeiten mit Menschen, die andere respektlos behandeln und keine Wertschätzung gegenüber Menschen und Dingen besitzen. Er hasst Lügen, Betrug und Verrat. Er wird andere nicht bewusst verletzen und nie einen anderen zu seinem eigenen Vorteil ausnutzen oder benutzen. Ein starker Mensch ist unabhängig von dem, was andere über ihn denken. Er ist wahrhaftig, auch wenn er damit anderen missfallen mag. 

Starke Menschen sind keine großen Helden, nicht mehr und nicht weniger als wir alle Helden unseres Lebens sind. Im Gegenteil, stark werden Menschen, die viel erlebt und gelitten haben und dennoch nicht bitter geworden sind. Sie lieben das Leben und wissen um seine Kostbarkeit. Sie haben sensible Herzen und liebevolle Seelen, die die Zeit geprüft hat und sie sagen trotzdem ja zum Leben. Viele von ihnen sind still. Sie müssen sich nicht laut gebärden um wahrgenommen zu werden, man spürt sie, wenn man in ihrer Nähe ist. 

Namaste



 

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