Samstag, 21. Januar 2017

Zurückweisung weist uns auf uns selbst zurück

 
 
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Die meisten Menschen können mit Zurückweisung nicht gut umgehen. Manche haben sogar Angst davor zurückgewiesen zu werden.
Warum ist das so?
Zurückweisung ist eine Form der Ablehnung. Und Ablehnung hat immer auch mit Selbstablehnung zu tun. Je mehr wir uns selbst ablehnen, desto weniger liebenswert und wertvoll fühlen wir uns. Je wertloser wir uns fühlen, desto schmerzhafter ist die Verletzung der Zurückweisung. Ein Mensch der kein Selbstwertgefühl hat ist umso abhängiger von der Wertschätzung anderer. Wird er nicht wertgeschätzt, bricht sein fragiles Selbstwertgefühl zusammen wie ein Kartenhaus. 

Fast immer entsteht die Angst vor Zurückweisung und Ablehnung in der Kindheit. 
Wir lernen, ich bin nur ok, wenn ich lieb bin. Ich bin nur liebenswert, wenn ich brav und folgsam bin. Ich bin nur wertvoll, wenn ich Leistung bringe und die Erwartungen der Eltern erfülle. Ich bin nur liebenswert, wenn ich meinen Eltern keine Sorgen mache. Das alles sind Erfahrungen die uns prägen, die unser inneres Bild von dem was wertvoll ist, formen. Dieser Wertekatalog prägt sich in unser Gehirn ein. Die destruktivste Erfahrung von Wertlosigkeit ist, wenn Eltern das Kind ablehnen, es wiederholt demütigen oder wenn ein Kind missbraucht und misshandelt wird. Jede dieser Erfahrungen wird vom Kind als Vernichtung empfunden. Sie bewirkt das Gefühl: Ich habe es nicht verdient zu leben. Missbrauchserfahrungen bewirken das Gefühl schmutzig, schuldig und schlecht zu sein.  Ausgestattet mit derart traumatischen Erfahrungen ertragen wir als Erwachsene das Gefühl der Zurückweisung nur schwer oder gar nicht. Es erschüttert den fragilen Boden auf dem wir uns bewegen. Sicher als Erwachsener hängt unser Leben nicht mehr vom Urteil anderer ab, aber die Ablehnung aus der Kindheit empfinden wir reflexartig sobald uns eine Zurückweisung zuteil wird. Wir gehen wie in Trance in sekundenschnelle den Weg nach hinten in die Kindheit, wo wir den Erwachsen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren. 

Jede Zurückweisung ist gefühlt eine Erschütterung unserer inneren und äußeren Welt. Gefangen in dieser Trance sind wir genauso alt wie damals als wir die verletzenden Erfahrungen machen mussten. Wir empfinden die Zurückweisung im Jetzt wieder als existentielle Bedrohung.

Es ist leicht gesagt – nimm dir das nicht zu Herzen, heute bist du groß, du kannst ohne die Anerkennung anderer leben. Du bist wertvoll. Solche Sätze nützen gar nichts, wenn wir das nicht fühlen können, denn das Gefühlte von Damals ist in jeder Zelle gespeichert und wirkt nachhaltig bis ins Jetzt.
Um mit Zurückweisung angemessen umgehen zu lernen ist es wichtig unser Selbstwertgefühl genau zu betrachten. Uns zu fragen, worauf es denn in Wahrheit basiert. Kommt es von Innen oder ist es abhängig vom Außen – also von dem was wir haben, was wir machen, was wir verdienen und besitzen oder von dem wer wir sind, wenn all das wegfällt? Haben wir dann noch das Gefühl wertvoll zu sein, wenn wir Menschen, Dinge und Besitztümer verlieren oder sind das die Säulen auf denen wir unser Selbstwertgefühl errichtet haben? Und stürzen diese ein, was ist dann noch übrig von uns selbst. Welchen Wert messen wir uns bei, wenn wir quasi nackt vor uns selbst stehen?
Bei vielen Menschen wird da nicht mehr viel bleiben. Und je weniger da ist, desto schmerzhafter ist jede Zurückweisung.

Zurückweisung weist uns auf uns selbst zurück.
Und zwar auf unsere Eigenwahrnehmung. Ein guter Ausgangspunkt um diese zu erkennen und etwas zu verändern, wenn sie voller Defizite, Minderwertigkeitsgefühle und Selbstzweifel ist.
Selbstwert kann man erarbeiten und zwar indem man sein Selbstwertgefühl stärkt. Wie das geht? Indem wir dem verletzen zurückgewiesenen Kind in uns Aufmerksamkeit schenken, indem wir uns selbst einmal anders sehen lernen, nämlich nicht als Opfer der Vergangenheit, sondern als das starke kleine Kerlchen, das trotzdem überlebt hat. Dieses starke Kerlchen hat all unsere Achtung verdient und es hat unsere Liebe verdient. Wenn wir das fühlen können, ich sage fühlen – es denken hilft nichts – dann fühlen wir vielleicht zum ersten Mal den wertvollen Schatz der wir sind. Und ja, das ist ein Prozess und er dauert. Was wir dazu tun können um ihn zu beschleunigen ist aus dem Fühlen ins Handeln zu kommen. Dinge zu tun anstatt sie zu denken, auch wenn wir zunächst glauben wir können es nicht. Jedes Tun in Richtung sich selbst wertschätzen überschreibt nach und nach die alten Erfahrungen. Veränderung beginnt zwar im Kopf aber um zu wirken und um nachhaltig etwas zu verändern braucht es Handlungen – es braucht das gefühlte Erleben neuer Erfahrungen. 
Wenn wir das nächste Mal zurückgewiesen werden könnten wir das starke kleine Kerlchen in uns anlächeln und zu ihm sagen: Es kann dich nicht jeder gern haben, aber ich liebe dich.


2 Kommentare:

  1. "Jedes Tun in Richtung sich selbst wertschätzen überschreibt nach und nach die alten Erfahrungen."
    Es ist gut, das zu beherzigen und an die wenn auch manchmal langfristige Wirkung zu glauben.

    Gerhard

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