Dienstag, 13. November 2012

Sicherheit





ich bin müde, sage ich zu ihm, müde von der anstrengung. ich hab es satt, wofür soll ich mich anstrengen? sie strengt mich an, die anstrengung. und weiß du, was die die größte anstrengung ist? sich der zukunft entgegen zu denken. wir planen und organisieren die zukunft, im glauben sie dadurch berechenbar zu machen. das ist anstrengend.

er klappt den laptop zu, sieht mich an, ich muss planen, das geht nicht anders. ich muss für meine zukunft sorgen, wir alle müssen das.

wenn ich an die zukunft denke, schiebt mich das von mir weg. das zukunftsdenken ist ungesund. es ist ungesund den tag in aufeinander folgende sequenzen einzuteilen, die sich mit zukünftigem beschäftigen. du hast einen termin und während du ihn hast, denkst du schon daran was er dir bringt und du denkst an den nächsten und was der dir bringt. ist das nicht anstrengend? du hast einen job zu machen und während du ihn machst, kümmerst du dich schon um den nächsten.

ja, aber wir funktionieren so, die wirtschaft, das ganze system funktioniert so.

ja, deine welt, die glaubt so zu funktionieren. und, wie geht dir damit?

er schüttelt den kopf, darüber denke ich nicht nach, ich muss funktionieren. wir alle müssen das.

und wir geht es allen damit?

keine ahnung, das interessiert mich auch nicht.

sie spüren sich nicht mehr. sich spüren sich selbst nicht und sie spüren die zeit nicht. wie wollen sie auch zeit spüren, die noch gar nicht stattgefunden hat? wer immer im zukünftigen denkt, dem geht das gefühl verloren für das, was jetzt ist, für das, was jetzt zu spüren ist, für das, was jetzt, in diesem moment ist und möglich ist. wer sich selbst nicht spürt ist unsicher.

es gibt keine sicherheit, meinst du, das weiß ich nicht. aber ich kann zumindest vorsorgen.

macht dich das sicherer, hast du das gefühl so sicherer zu sein?

nein, wenn ich ehrlich bin, nein.

da draußen herrscht eine große unsicherheit. und sie können deshalb keine sicherheit spüren, weil sie gedanklich in der zukunft hängen, ohne netz und doppelten boden. pläne sind kein netz, pläne sind möglichkeiten mit einem unbestimmten ausgang.

hör auf so zu reden, das macht mir angst.

ich weiß. wer sich immerzu in die zukunft denkt, wer sie planen will, wer sich absichern will, der hat angst. er hat angst vor dem unvorhersehbaren. wer sich an den moment hält, hat zumindest für diesen moment boden unter den füßen, und das lässt ihn einen kurzen augenblick erleben, dass es eine sicherheit gibt.




4 Kommentare:

  1. Das hast du wieder ganz wundervoll geschrieben Angelika!

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  2. Du hast recht, es stimmt, ich kenne das nur zu gut: mit der Aufmerksamkeit immer im Vergangenen oder in der Zukunft sein, dem was war nachtrauern oder Pläne und Sorgen in ein ungewisses Irgendwann projizieren - und mich selber, meinen Körper nicht wirklich spüren können. Ich habe das erst sehr spät gemerkt, ich kannte es ja nicht anders. Wenn was weh tut, merkt man's gleich, aber Nichtspürenkönnen spürt man eben nicht. Eine der schwersten Übungen: zu lernen, es bei sich selber im Hier und Jetzt auszuhalten.
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Das Leben ist immer: jetzt.

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