ich bin traurig. ein freund ist tot. ein facebook freund. ich kannte ihn nicht wirklich. aber, wen kennt man schon wirklich? ich kenne nicht einmal mich selbst wirklich.
wie wirklich ist der andere? der andere, hier in facebook?
wer ist das, hinter den posts, bildern, gedanken, hinter dem ausdruck seines persönlichen wirkens wirklich?
ich weiß es nicht. ich weiß nicht, wer das ist. und mir ist ein bisschen unheimlich zumute.
von meinen freunden auf facebook kenne ich nicht alle im richtigen leben. sehr vielen bin ich niemals begegnet. ich treffe sie in dieser virtuellen welt, die uns vorgaukelt einander nah zu sein, verbunden zu sein. gefühlt verbunden für momente in der zeit, gefühlt verbunden durch worte und bilder, die über die worte hinaus bilder malen, vom anderen, in unseren köpfen und unseren herzen. auch das.
worte verbinden, sie sind in gedanken gepackte botschaften, befindlichkeiten, sie schaffen, wenn sie uns entsprechen, sympathie, berühren uns. seltsam - sympathie für andere, die wir allein über das, was sie uns von sich zeigen, in worten und in bildern in facebook, empfinden und entwicklen.
facebook freundschaften, die uns eine illusion von nähe vermitteln. was für eine nähe ist das? ist das nicht eine konstruktion von nähe, fernab unserer wirklichkeit. wie ver rückt ist das? wie unfassbar ist das.
der freund, der gestorben ist, war einer meiner facebookfreunde. ich habe, über die worte und bilder hinaus, mit ihm gesprochen, viele male am telefon. ich habe seine stimme und den klang dieser stimme und den inhalt seiner worte gehört und über die stimme hinaus gespürt, dass da ein mensch spricht, der das, was er tut ernst nimmt, der an das glaubt was er tut, der eine vision hat, eine mission verfolgt.
johannes ist dieser mensch, den ich freund nannte, ein facebook freund. heute, zwei tage nachdem ich von seinem tod erfahren habe, bin ich immer noch erschüttert und traurig, dass johannes nicht mehr da ist und ich kann es nicht fassen, dass er tot ist. sein profil ist da und sein letztes posting. darüber stehen die posts der menschen, die seinen tod betrauern. manche kannten ihn gut, manche nicht. wie viele kannten ihn nicht?
wie traurig das ist. und da ist diese lücke, die johannes hinterlässt, auch in mir.
wie seltsam, wo ich ich ihn doch niemals gesehen habe, wie fassungslos mich das macht, dass dieser mensch so früh gehen musste, den ich nie wirklich erlebt habe.
dieser frühe tod von johannes sagt mir auch - der tod ist allgegenwärtig, jeden tag, in jedem moment. im richtigen leben und in facebook. er ist da wie das leben - allgegenwärtig und wir haben keinen einfluss darauf, wann er uns holt. auch das denke ich in meiner fassungslosigkeit und traurigkeit über den tod von johannes, der leben wollte, der sein leben einem sinn verschrieben hatte - ein sinnvolles leben.
johannes lebt nicht mehr, ein mensch, den ich nicht wirklich kannte. aber es spielt keine rolle ob ich ihn wirklich kannte - ich spüre den verlust und ich wünsche mir, er hätte weiter leben dürfen. ich wünsche mir, er wäre noch da, seine gedanken und bilder und die worte, die ihn mir nah machten in einer virtuellen welt. in einer welt von illusion, die wo beginnt und wo endet?
wir brauchen illusionen und wir brauchen visionen. sie sind balsam für unsere seele in einer welt, in der die wirklichkeit die seele krank macht.
johannes tod ist wirklich. sein tod erinnert mich an meine eigene sterblichkeit und an die der menschen, die ich liebe. ich fühle wie schwer es ist das zu akzeptieren, wo sie doch da ist - jeden moment des lebens.
ich widme diese worte johannes. sie sind mein abschied.
möge sein tod einen sinn haben, wie sein leben.