Lao Tse hat einmal gesagt: “Geliebt zu werden macht uns stark. Zu lieben macht uns mutig.”
Die Bedeutung, die wir der Liebe geben, wie wir Liebe und Geliebtsein empfinden, entsteht durch unsere frühen Bindungserfahrungen. Jeder von uns hat seine eigene Wahrheit über die Liebe. Jeder von uns liebt auf seine Weise. Jeder Mensch liebt so wie ihm Liebe oder was er dafür hält, in den ersten Jahren seines Erdenlebens gezeigt wurde. Manche lieben es zu lieben und andere lieben es geliebt zu werden. Und manche Herzen lieben einfach – sich selbst, ihren Nächsten, das Leben. Manche Menschen behaupten, sie wissen nicht, was Liebe ist, weil sie Liebe nie erfahren haben.
Viele kluge Menschen haben über die Liebe philosophiert. Unter anderem Erich Fromm in seinem Werk „ Die Kunst des Liebens“. Fromm hat sich tiefe Gedanken über die Liebe, ihre Erscheinungsformen gemacht. Er spricht von Nächstenliebe, von mütterlicher Liebe, von der erotischen Liebe, der Selbstliebe und der Liebe zu Gott. Auch die griechischen Philosophen sprechen nicht von DER Liebe schlechthin, auch hier ist Liebe nichts, was so und so ist und Punkt, sondern auch sie widmen sich ihren Erscheinungsformen und bilden die Dreiheit: Eros Agape, Philia.
Eros, die erotische Liebe, die uns den meisten Kummer machen kann, wie das Leben vieler von uns zeigt. Ist doch ihr Hauptmerkmal das Begehren, das Gegenseitige wohlgemerkt, denn wenn nur einer den anderen begehrt, läuft Eros ins Leere. Agape, die allumfassende Liebe und Philia, die geistige Liebe. Das ist die Liebe zwischen Menschen, die Interessen und Lebensvorstellungen haben, die in Resonanz gehen. Wenn dieses Dreigestirn in der Verbindung von zwei Menschen zusammenkommt, dann ist es wie ein kleines Wunder.
Die Liebe zwischen zwei Menschen kann vergehen, auch wenn wir sie einmal stark gefühlt haben in einem Moment in der Zeit oder über lange Zeit. Sie kann zerbrechen, sich auflösen und uns verlassen, sie kann der Vergänglichkeit anheimfallen, aber das heißt nicht, dass es dann keine Liebe war und es heißt auch nicht, dass wir nicht wahrhaft geliebt haben, sowie wie wir lieben können. Selbst wenn sich der Schatten der missglückten Liebesbeziehungen, die wir bereits erfahren haben, auf das blendende Licht der Verliebtheit legt, hoffen wir weiter, dass uns die Liebe wieder begegnen möge. Sie bleibt: Die Sehnsucht nach Liebe.
Das Kind in uns hofft ein Leben lang alles Wohlgefühl, alles Glück, alle Aufmerksamkeit, alle Liebe von diesem einen Menschen zu bekommen, der seine Augen liebend auf es legt und sie ausspricht, die magischen drei Worte: „Ich liebe dich“.
Wir tun vieles um geliebt zu werden. Wir sind so beseelt vom Gefühl geliebt zu werden, dass wir nicht merken, wie wir in Trance nach hinten gehen, zurück in die Zeit als wir uns nach bedingungsloser Liebe gesehnt haben. Manche von uns wollen diese eine Liebe, die wir schmerzlich vermisst haben, sogar um den Preis der Selbstverleugnung. Dieses sehnsüchtige Kind in uns ist süchtig danach endlich anzukommen, bei dem was es nie bekommen hat: bedingungslose Liebe. Solange wir diese nicht bekommen fühlen wir uns halb, und wir alle wollen ganz sein. Diese Ganzheit ist letztlich das Ziel unserer Existenz.
Aber Ganzheit finden wir nicht im anderen. Warum sollte das gelingen, wo es schon damals nicht gelungen ist? Im Grunde suchen wir Etwas im Jetzt, das es damals schon nicht gab.
Warum kann das Finden so nicht gelingen?
Weil es das, so wie wir es uns wünschen, nicht gibt, ist die ernüchternde Antwort. Es ist eine Illusion, die wir uns machen. Eine Illusion, durch die wir uns wieder und wieder selbst verletzen. Eine Illusion, die auf einer unerfüllbaren Sehnsucht basiert. Wahr ist: Keiner kann uns ganz machen, das ist unser Job. Wir wissen es und suchen weiter nach einer Lösung im Außen für unser Bedürfnis nach Nähe, Geborgenheit und Liebe. Jedes Liebesaus zerstört die Hoffnung, dass es gelingen kann.
Das Urbedürfnis geliebt und gehalten zu werden bleibt.
„The reason why so many relationships fail is because broken people are still trying to date.
Healing requires isolation and most people unfortunately haven't conquered the battle of being alone.“
~ Cody Bret
Wenn es uns aber nun gelingen würde, mit uns selbst gut zu sein, wenn es gelingen würde, mit uns selbst in liebevollem Kontakt zu sein, wenn es gelingen würde, in Freundschaft mit uns selbst zu leben, wenn es gelingen würde, uns selbst die Liebe zu geben, die wir im anderen suchen, dann könnten lieben was da ist - den Menschen, der immer da sein wird, bis zum Ende unseres Lebens – uns selbst.
Jesus sagt: „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“.
Demnach hängt die Qualität unserer Verbindung zu anderen maßgeblich von der Hingabe an unsere Selbstliebe ab. Selbstliebe beginnt, wie gesagt, damit unser eigener bester Freund zu sein. Wir können es lernen, indem wir eine nährende Verbundenheit zu uns selbst aufbauen, indem wir achtsam, rücksichtsvoll und fürsorglich mit uns selbst umgehen.
Menschen, denen das gelingt, denen ein liebevolles Mit-sich-selbst-sein gelingt, finden das, was wir letztlich alle suchen - innere Ruhe, inneren Frieden, Zufriedenheit, Klarheit und eine Liebe, die nicht bedürftig ist. Sicher es ist menschlich bedürftig zu sein, aber wie viele Menschen geben sich selbst oder einen wesentlichen Teil ihrer selbst auf um vom anderen zu bekommen, was sie in sich selbst partout nicht finden? Und wieder und wieder dreht sich das Karussell der Erwartungen, der Sehnsüchte und der Enttäuschungen.
Wie wollen wir Etwas von einem anderen bekommen, wenn wir es uns selbst nicht geben können? Wie wollen wir einem anderen geben, was wir uns selbst nicht geben können?
Fangen wir bei uns selbst an!
Indem wir uns bemühen, es uns selbst zu geben und es nicht immer wieder von einem anderen einzufordern, der das meist auch nicht kann. Das ist Arbeit und das dauert. Das ist tägliche Übung. Das ist eine lebenslange Übung. Das ist nicht auf einmal da, weil wir es brauchen. Das ist genauso wie ein Kind großzuziehen, es liebevoll, achtsam und fürsorglich zu begleiten, es immer wieder zu trösten, wenn es ihm nicht gut geht, jeden Tag für dieses Kind da zu sein, so wie eine hinreichend gute Mutter für ihr Kind da ist.
Echte, tiefe Begegnungen können nur stattfinden, wenn sich Menschen begegnen, die dazu fähig sind sich selbst zu geben, was sie brauchen. Alles andere ist die bedürftige Sehnsucht des ungeliebten Kindes in uns. Und genau diese Sehnsucht führt zu immer wieder neuen Enttäuschungen. Vielleicht brauchen wir diese Enttäuschungen um endlich das zu erledigen, was unsere Aufgabe ist - uns selbst aushalten, wertschätzen und lieben.
„Liebe ist ein Wert, der durch liebende Handlungen verwirklicht wird“, schreibt Stephan R. Covey.
Liebevolles Handeln: Das ist der Weg zur Selbstliebe, das ist auch der Weg um einen anderen zu lieben. Manche Menschen lehnen sich selbst so sehr ab, dass das Wort Selbstliebe sie triggert. Sie haben ein falsches Selbst, das aufgrund ihrer ersten Beziehungserfahrungen nicht liebenswert sein darf, tief verinnerlicht. Sie wehren sich dagegen liebenswert sein zu dürfen. Man hat ihnen früh etwas anderes beigebracht und dem folgen sie bis zum Ende. Das ist traurig.
Dabei ist Selbstliebe nicht mehr und nicht weniger als liebevolles Handeln, erst einmal an und für uns selbst. Wenn uns das gelingt, greift die Liebe über uns selbst hinaus, hin zu einem anderen, der sich auch liebevoll behandelt. Dann ist eine Liebe auf Augenhöhe, frei von kindlichen Erwartungen und kindlichen Sehnsüchten möglich.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen