Montag, 17. April 2023

Aus der Praxis: Was hindert uns daran für uns selbst so fürsorgend und hilfreich zu sein wie für andere?

 


Was hindert uns daran für uns selbst so fürsorgend und hilfreich zu sein wie für andere?

Es ist die Ablehnung uns selbst gegenüber. Der Widerwille gegen regressive Zustände, der Widerwille gegen unsere verletzten inneren Kinder. Wenn wir immer wieder von den Verletzungen unseres inneren Kindes dazu verleitet werden wie dieses Kind zu fühlen handeln, wenn wir uns weiter ohnmächtig, bedürftig und hilflos fühlen, dann hassen wir das. Das wollen wir nicht fühlen – daraus entsteht Ablehnung uns selbst gegenüber. Je öfter wir diese Ablehnung spüren und zulassen, ohne bewusst dagegen zu regulieren, desto mehr manifestiert sie sich. Wir werden zu dieser Ablehnung.

Darum ist es wichtig uns dessen erst einmal bewusst zu sein und es zu akzeptieren, um es verändern zu können. Um den ablehnenden Umgang mit uns selbst zu verändern bedarf es der Übernahme von Eigenverantwortung. Damit sind viele Menschen überfordert, besonders dann, wenn sie in einer Krise stecken. Wir wollen gerettet, gehalten, versorgt, ja sogar geheilt werden von anderen. Damit geben wir unsere Eigenverantwortung ab und die Ablehnung wird bleiben. Wieder stecken wir in der Regression fest.

 

Natürlich kann jeder von uns in eine Lage kommen, in der er sich selbst nicht mehr helfen kann und auf Hilfe angewiesen ist. Das kenne auch ich. Dann ist es sinnvoll sich Unterstützung zu suchen.

Aber in weniger krisenhaften Zeiten können wir kontinuierlich an uns arbeiten. Wir können daran arbeiten unsere Eigenverantwortung und unsere Selbstfürsorge bewusst auszuweiten. Mit dem Ziel immer seltener in emotionale Krisen zu geraten. Mit dem Ziel und all unsere Gefühle und inneren Zustände anzunehmen und angemessen damit umzugehen. Mit dem Ziel einen erwachsenen und mitfühlenden Umgang mit unserem verletzten Inneren Kind zu pflegen und es nicht als Boykotteur abzulehnen, der uns das Leben erschwert. Mit dem Ziel diesem Kind in uns eine hinreichend gute Mutter und ein hinreichend guter Vater zu sein. Dazu ist die Vorrausetzung, dass wir zu diesem Inneren Kind einen personalen Bezug bekommen wie zu einem realen Kind. 

 

Wir können die Geschichte unserer Kindheit nicht ändern.

Gut, wenn wir das akzeptieren können, aber wir können unser Jetzt ändern, im Jetzt. Wir haben Einfluss darauf wie wir mit unserer Geschichte umgehen ohne sie ewig als Erklärung oder Entschuldigung dazu zu verwenden, warum es uns jetzt nicht gut geht oder warum wir das, was wir uns wünschen nicht können. Wir können uns ein Leben lang sagen: Ich kann nicht anders, weil ich als Kind so schlechte Erfahrungen machen musste – wir können uns auch sagen: Weil ich diese Erfahrungen machen musste, will ich neue positivere, heilsamere Erfahrungen machen. Ich bin dazu bereit und ich werde das Notwendige dafür tun. 

 

Wir können lernen HerrIn im eigenen Haus zu werden indem wir, nachdem wir begriffen haben, was in uns verletzt ist, dafür sorgen, dass wir uns nicht weiter selbst antun, was man uns als Kind angetan hat. 

Das ist das Ende der Selbstablehnung und der Beginn der Selbstakzeptanz.

Warum ist das so schwer, warum dauert das so lang?, fragen mich KlientInnen oft.

Ich antworte dann: Wie lange glauben Sie, dass es dauert zu verändern, was sie über Jahrzehnte so getan haben wie sie es tun und ihnen in Fleisch und Blut übergegangen ist?

Wie lange denken Sie, braucht ein Trauma um davon zu genesen?

Wie lange denken Sie brauchen tief sitzende innere Überzeugungen um sich zu wandeln?

Es dauert so lang wie es dauert.

Es dauert weniger lang, wenn wir weniger denken und mehr in Handlung umsetzen, was wir bereits wissen und gelernt haben und nicht mehr dem alten Narrativ zu folgen, sondern unsere Geschichte ab jetzt neu zu schreiben. Das bedeutet: Kontinuierliche Arbeit mit uns selbst mit all den Werkzeugen, die wir an der Hand haben – und sie zu mögen, anstatt davon genervt zu sein, denn dann rutschen wir nur wieder in der Selbstablehnung. Es bedeutet Eigenverantwortung!

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

 

 

 

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