Donnerstag, 20. November 2025

Aus der Praxis: Kognitive Verzerrungen

 



Eingefahrene Denkmuster und innere Überzeugungen über uns selbst, andere und das Leben, bilden sich in der Kindheit. Diese Denkmuster und Überzeugungen führen zu Gefühlen, die wir verinnerlichen und abspeichern. Sie werden zu Automatismen, die wir nicht mehr bewusst wahrnehmen. Unsere Wahrnehmung passt sich damit unbewusst den eigenen inneren Überzeugungen an. Diese werden zu einem Teil unserer Identität.
Wenn diese Denkmuster und Überzeugungen zu selbstschädigenden belastenden Gedanken und Gefühlen führen, nennt man das Kognitive Verzerrungen.
Kognitive Verzerrungen sind systematische Denk- und Wahrnehmungsfehler und verzerrte, fehlerhafte Annahmen, die zu irrationalen oder falschen Urteilen und Entscheidungen führen können. Sie beeinflussen, wie wir die Dinge erinnern, bewerten, verarbeiten und auf sie reagieren. Sie führen zudem dazu, dass wir unbewusst nach allem suchen, alles so wahrnehmen und alles so interpretieren, dass unsere inneren Überzeugungen bestätigt werden. Wir sehen und selbst und die Welt quasi durch einen Filter.
In der Psychologie nennt man das Confirmation Bias, zu deutsch: Bestätigungsfehler, eine selektive Aufmerksamkeit, ein Trugschluss, der dazu führt, dass wir das, was wir ohnehin schon glauben und annehmen, bekräftigt wissen wollen, damit es in unser Selbst- und Weltbild passt.
Kurz: Es geschieht nach unserem Glauben.
 
Kognitive Verzerrungen schaden uns besonders dann, wenn wir eine verzerrte Wahrnehmung unserer selbst haben. Sie verzerren unser Selbstbild und sie verzerren die Realität.
Um uns unsere kognitiven Verzerrungen bewusst zu machen, ist es hilfreich sie zu identifizieren. Und dann zu überprüfen, ob unsere Bewertungen und Überzeugungen heute noch zu uns und unserem Leben passen oder ob sie der Vergangenheit angehören. Das finden wir heraus, wenn wir uns selbst hinterfragen und überprüfen was wirklich ist – also indem wir uns unser Leben genau anschauen und es neu bewerten.
Ein kurzes Beispiel:
Eine Klientin denkt, ich bin alleine nicht lebensfähig. Sie sucht verzweifelt einen Partner und leidet jeden Tag, weil sie keinen findet. Ihr Leben erscheint ihr ohne eine Beziehung misslungen und sinnlos.
Ich frage sie: Stimmt diese Bewertung?
Wenn sie ohne diese Verzerrung auf ihr Leben blickt und die Realität überprüft, stellt sie fest, sie wie gut sie es meistert. Sie hat einen guten Job, Freunde und ein erfüllendes Hobby.
Wahr ist: Sie ist alleine durchaus lebensfähig.
Jetzt kann sie eine neue Bewertung abgeben.
Das zu verinnerlichen wird dauern, aber es ist der Anfang, um sie aus der kognitiven Verzerrung zu befreien.
 
Es macht Sinn uns aktiv damit zu beschäftigen, ob nicht genau das Gegenteil von dem, was wir glauben, wahr sein könnte. 
 
Angelika Wende
Kontakt: aw@wende-praxis.de

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