Samstag, 30. April 2022
Gesunde Grenzen setzen
Freitag, 22. April 2022
Heilung beginnt mit der Akzeptanz deiner eigentlichen Wunde
Mittwoch, 20. April 2022
Aus der Praxis: Wenn der Verstand begreift, begreift das Herz noch lange nicht.
Montag, 18. April 2022
Aus der Praxis: Gula – Die Gier und die Völlerei oder wenn Essen zum Zwang wird
Malerei: Angelika Wende "Gula"
So wie der Acker verdorben wird durch Unkraut, wird der Mensch verdorben durch seine Gier.
Buddha
Wie bringt man sich am Besten um?
Schlaftabletten, sich aufhängen, sich in die Tiefe stürzen?
Oder sich tot fressen oder tot saufen?
Dauert länger, funktioniert aber garantiert. Man muss nur Geduld haben und Leidensfähigkeit. Wobei das Leiden solange der Rausch hergibt was er soll, nämlich gute Gefühle, oder solange das Fressen hergibt, was es soll, nämlich gute Gefühle, auch wenn das, was man tut in Wahrheit ungut ist, nicht als Leiden empfunden wird, sondern als Akt der Befriedigung, welche gierig immer wieder hergestellt werden muss.
Gula, heißt das lateinische Wort für eine der sieben Todsünden, names Gier.
Gier ist Maßlosigkeit, das rechte Maß nicht kennen oder es kennen und nichts dagegen setzen können. Ein üppiges Leben führen im Genuß über die Maßen.
Wer das Maß verloren hat, hat die rechte Weise verloren mit dem Maß umzugehen.
Er wird nicht satt. Er betreibt Völlerei.
Völlerei bedeutet, sich den Bauch vollzustopfen. Völlerei wird auch bezeichnet als Esssucht, Fresssucht, Gefräßigkeit. Essen wird zum Zwang, zur Sucht, wird zum Fressen, ist nicht mehr zu stoppen.
Der Hunger nach dem was der Gierige begehrt, ist grenzenlos, ist eine unmäßige Begierde, die unstillbar ist und immer mehr braucht. Immer größere Portionen, immer größer der Appetit, immer unkontrollierter wird das Verschlingen, ohne überhaupt noch wahrzunehmen wann das Gefühl von Sättigung eintritt. Kein Genuss mehr. Es geht um mehr, immer mehr davon, sei es Nahrung oder Alkohol.
Bei der Gier geht nicht in erster Linie um Menge und Häufigkeit des Essens und
Trinkens, auch nicht um das, was gegessen und getrunken wird - es geht allein darum wie man sich dem hingibt und ob das Materielle alles bestimmt,
wodurch es zur Sucht wird.
Völlerei gilt nicht mehr als Todsünde, aber sie kann tödlich enden.
Das Wissen, dass es gesundheitsschädlich ist, auf Dauer mehr Energie in Form von Nahrung zu sich zu nehmen, als der Körper braucht und verarbeiten kann, wird verdrängt. Und das obwohl der Körper immer mehr an ungesundem Fett zulegt, der Blutdruck steigt, die Diabetes im schlimmsten Falle zur Hypertonie, zu Sehverlust und anderen schweren körperlichen Erkrankungen führt. Bei der kleinsten Anstrengung rinnt der Schweiß, das Herz muss pumpen, das Atmen fällt schwer.
Karzinome Erkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall sind vorprogrammiert. In diesem Wissen lebt der Gierige Tag für Tag, verdrängt es und frönt weiter seinem Überfluss. Die Ratgeber, die Hilfestellung geben, wie der Griff zum Alkohol und das Essen von zu Fettem und Ungesundem unterlassen werden kann, füllen die Regale der Buchhandlungen. Sie werden gekauft und gelesen. Es stellt sich kurz ein schlechtes Gewissen ein, die Angst kriecht nach oben, wird aber nicht als Signal wahrgenommen, sondern wieder betäubt mit noch mehr Essen und/oder noch mehr Alkohol.
Das warme satte Gefühl, das die Gier unmittelbar und kurzfristig nach sich zieht, deckt scheinbar Grundbedürfnisse.
Im Kern wurzelt die Völlerei , wie jede Sucht oder Obsession im Verlust der gesunden Mitte und in einem Mangel der spirituellen Dimenson im Leben. Hinter jeder Art von Gier steht das Bedürfnis nach Lebendigkeit, nach Fülle, nach Haben. Viel Haben macht in unserer Gesellschaft attraktiv und es stärkt das (nicht vorhandene ) Selbstwertgefühl. Haben suggeriert: Reichtum, Wohlstand, Überfluss, in Saus und Braus leben, Überangebot, Übermaß, Fülle. All das suggeriert: Ich bin wertvoll, wenn ich Dinge im Übermaß anhäufe oder im Falle der Völlerei - in mich hineinschlinge.
Psychologisch gesehen ist die Gier der Versuch nach Betäubung eines schmerzhaften Unbefriedigtseins.
Seine Gier zu befriedigen ist ein momentaner Genuss, der ablenkt von der großen inneren Leere. Weil diese Leere nicht zu stopfen ist, wird weiter in sich hineingestopft. Wenn es sonst nicht viel gibt, was ein Leben ausfüllt, wird die Völlerei zur Hauptsache gemacht.
Was ist hilfreich?
Zuallererst: Sich bewusst machen, wonach man wirklich giert, was man wirklich haben will. Welche Bedürfnisse unerfüllt sind oder welche inneren Themen man nicht zu lösen bereit ist. Die Aufgabe des Gierigen ist: Seinen Blick auf die wahren Bedürfnisse und Werte zu legen und diese sind immateriell. Ist das bewusst geworden, rutscht das Habenwollen an den richtigen Platz: nämlich hin zum Sein.
Völlerei ist therapierbar. In der Verhaltenstherapie z.B. wird erlernt, achtsamer und weniger zu essen und vor allem auf die Sättigungssignale zu achten.
In jedem Falle aber ist die Herausforderung für den Gierigen, zu erforschen, was die Ursachen seiner Völlerei sind und sich damit auseinanderzusetzen. Denn, ein Mensch, der von der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung abhängig ist, verliert nicht nur die Kontrolle über seinen Verlangen, er vernachlässigt auch seine Seele, seinen Körper und seine Gesundheit.
Wenn Du Unterstützung möchtest, bin ich für Dich da.
Kontakt: aw@wende-praxis.de
Samstag, 16. April 2022
Was ist gut für mich?
Wenn ich mich ernst nehme, dann frage ich mich:
Ist das gut für mich? Will ich das wirklich? Ist es das, was ich brauche, was mich nährt und zufrieden macht? Ist der Weg, den ich gehe, der Platz an dem ich bin, noch der Richtige?
Sind die Menschen mit denen ich
mich umgebe, die, die mir gut tun? Oder mache ich Dinge, lebe ich so wie ich
lebe, weil ich das schon immer so mache? Oder weil ich nicht weiß, was und wie
ich es anders machen könnte. Oder weil ich anderen mehr glaube als mir selbst,
weil ich mich unter ihrem Einfluss befinde, weil ich es ihnen recht machen
will, weil ich dazu gehören will zu, weil ich Angst habe nicht mehr dazu zu
gehören und allein da zu stehen. Oder weil ich nicht weiß, was und wie ich es
anders machen könnte.
Diese Fragen sind nicht egoistisch, sie sind ein Verweis
auf ein gesundes Verhalten. Sie sind der Verweis darauf, dass ich bereit bin gut zu mir
selbst zu sein, dass ich es, so wie es ist, nicht mehr gut
finde und etwas geändert werden muss.
Ich muss nicht gleich wissen wie. Es genügt zunächst zu
wissen, so wie es ist, ist es nicht mehr gut für mich. Es genügt zu wissen: Ich
weiche mir nicht mehr selbst aus.
Das ändert schon vieles.
Mittwoch, 13. April 2022
Beziehungen
Malerei: Angelika Wende
Sonntag, 10. April 2022
Corona-Lockerungen: Warum manche Menschen damit Probleme haben
Das Blatt hat sich gewendet. Nach über zwei Jahren Ausnahmezustand ist das „normale" Leben wieder möglich. Fast alle Maßnahmen sind aufgehoben und die Welt da draußen steht allen Menschen wieder offen, unabhängig vom Impfstatus.
Das erlebt aber nicht jeder so.
Die Corona-Pandemie hat bei manchen
Menschen das Sozialverhalten nachhaltig verändert. Das betrifft jene
unter uns, die alle Kontakte heruntergefahren oder vermieden haben. Das
führt zu einem Gewöhnungsprozess, der nicht so schnell umkehrbar ist.
Vielleicht ist auch bei manchen von uns das Bedürfnis nicht mehr da, wieder so zu leben wie vorher, aber ohne zu wissen, wie ein anderes Leben aussehen kann.
Manche Menschen haben sich in all der Zeit an den Zustand der Isolierung und daran niemanden real zu sehen gewöhnt. Die Reize wurden heruntergefahren. Wenn sie wieder ins Leben hinausgehen, kann das zu einer Reizüberflutung und in der Folge zu Anpassungsschwierigkeiten führen.
Reizüberflutung ist etwas, das hochsensible Menschen gut kennen und sich davor zu schützen wissen, indem sie sich immer wieder ins Eigene zurückziehen um zur Ruhe zu finden. Was für Hochsensible normal ist, ist es für andere jedoch nicht. Für manche Menschen aber war dieser Rückzug neu und ungewohnt. Mit der Zeit aber haben sie sich o daran gewöhnt, dass das Rausgehen zu einer emotionalen Belastungsprobe wird.
Auch wenn die Omikronvariante des Virus wesentlich ansteckender ist, aber weniger schwer krank machen soll, und zudem die Masken fallen und alle Maßnahmen aufgehoben wurden, haben einige Menschen Angst, sich zu infizieren. So wählen sie weiter den schützenden Rückzug und schotten sich gegenüber realen Kontakten ab.
Sie können nicht mehr umschalten. So gaben in einer Studie der American Psychological Association gaben 48% der Befragten an, sie hätten trotz Impfung Angst vor sozialen Kontakten. Bei 46% löste der Gedanke, wieder einen Lebensstil wie davor zu führen , ein "unbehagliches Gefühl" aus.
Andere fühlen sich nach Monaten der Ausgrenzung als Ungeimpfte in der Welt seltsam fremd und nicht mehr dazugehörig. Ihr Menschenbild hat sich aufgrund dieser Erfahrung verändert.
Sie mussten erleben wie sie diskriminiert, diffamiert, ausgegrenzt und zum Sündenbock gemacht wurden. Man hat ihnen Grundrechte entzogen, sie in Politik und Medien mit spalterischer Rethorik als asoziale Subjekte beschimpft, ihnen sogar den Erstickungstod gewünscht. Freunde, Familie und Bekannte haben sich von ihnen abgewandt und manche haben ihre Arbeit verloren.
Das macht etwas mit der Psyche. Das bedeutet Zurückweisung und Stigmatisierung, das bedeutet Abwertung und Kränkung. Das weckt Gefühle von Ohnmacht, Wut, Trauer und Schmerz. Emotional kann sich wiederholte Demütigung in Depressionen, Angststörungen oder sozialer Phobie niederschlagen.
Bei einigen der Betroffenen wurden alte Traumata getriggert.
„Du bist nicht okay, du bist ein Fehler, du bist nicht gut genug, krank, sozial inkompatibel, nicht liebenswert, wertlos, an allem schuld “ ... etc.
Wer unter solchen destruktiven inneren Überzeugungen aus der Kindheit leidet, bei dem wurden alte Wunden aufgerissen und eine Menge Salz hineingestreut.
Die Folge: Das von jeher fragile Vertrauen in die Mitmenschen und die soziale Gruppe ist massiv erschüttert. Dazu kommt möglicherweise, dass Werte, Ethik-und Moralvorstellungen, Gerechtigkeitssinn und der Glaube an das Gute, Wahre und Schöne in Frage gestellt wurden und nicht mehr tragen. Die Welt ist aus den Fugen geraten, sie hat sich aggressiv und feindlich gezeigt.
Wie so wieder Vertrauen fassen und in wen, vor allem dann, wenn vormals Vertraute zu erbitterten Gegnern wurden?
Alles ungut.
Aber jetzt könnte doch alles wieder gut sein oder es zumindest werden, mag man denken, der Spuk ist erst mal vorbei.
Aber so ist es nicht. Nicht für jeden.
Was ist, ist, dass einige Menschen durch ihre persönlichen Erfahrungen während über zwei Jahren Corona-Krise den Boden unter den Füßen verloren haben. Sie haben das Vertrauen in andere und die Welt, wie sie zuvor wahrgenommen und erlebt wurde, verloren.
Was ihnen als selbstverständlich erschien ist zerstört. Was sozialen Halt
und gefühlt Sicherheit gab, ist zerbröselt. Ihr ganzes System von Denken,
Fühlen und Handeln ist erschüttert oder in sich zusammengefallen wie ein
Kartenhaus. Betroffene fühlen sich auf sich selbst zurückgeworfen und manche von ihnen sind vollkommen auf sich
alleine gestellt, in einer Welt, die kein sicherer Ort ist und in der sie, im
worst case, nicht mehr wissen wo ihr Platz ist. Was Betroffene über Monate
verinnerlich haben ist: Das Außen ist
bedrohlich, und/oder: Ich gehöre nicht mehr dazu.
Manche von uns wollen auch nicht mehr dazugehören.
Aber wo gehören wir denn jetzt hin?
Diese Frage kann zu einem Sinnverlust führen, der schwerwiegende seelische und existentielle Folgen hat, wenn keine Lösung gefunden wird.
Eine dieser Folgen ist soziale Angst, die sich aufgrund der einschneidenden Erfahrungen von Rückzug, Isolation und/oder Ausgrenzung entwickeln kann, besonders dann, wenn eine psychische Disposition vorliegt.
Soziale Angst ähnelt den Auswirkungen der Agoraphobie: der Angst das Haus zu verlassen, Geschäfte zu betreten, in Menschenmengen und auf öffentlichen Plätzen zu sein, oder alleine mit Bahn, Bus oder Flugzeug zu reisen sowie die Furcht vor der Betrachtung durch andere Menschen. All das führt zur Vermeidung der phobischen Situationen. Der Lebensradius wird immer enger. Nur der Rückzug in die eigenen vier Wände fühlt sich noch sicher an.
In den beschriebenen Fällen, die ich in den vergangenen Monaten und Wochen in der Praxis erlebt habe, ist das alte Leben der Betroffenen unwiederbringlich vorbei und ein neues nicht in Sicht oder nicht vorstellbar.
Wie auch soll ein neues Leben Gestalt annehmen in dem Vertrauen, Halt und Orientierung verloren sind und wenn dann noch Angst herrscht?
Kein leichtes Unterfangen, denn eine Realität, die erschüttert wurde, führt immer zu einem Trauerprozess. Dieser hat vier verschiedene Phasen:
- Phase: Schock, Leugnen, Nicht-Wahrhaben-Wollen.
- Phase: Aufbrechende Emotionen.
- Phase: Suchen und Sich-Trennen.
- Phase:
Neuer Selbst- und Weltbezug.
Der Prozess der Verarbeitung eines existentiell bedeutenden Verlustes wird von jedem Menschen anders durchlebt und dauert bei jedem unterschiedlich lang. Am Ende aber führt er in den meisten Fällen, vorausgesetzt, die Trauer wird nicht pathologisch, zur Akzeptanz: Der Mensch kehrt ins Leben zurück und beginnt es neu zu gestalten.
Wo aber Angst und Trauma zu Verlust und Trauer verstärkend hinzukommen, ist es wichtig, die Ängste und traumatischen Erlebnisse zu konkretisieren, sie zu benennen und zu hinterfragen und sich gegebenenfalls professionelle psychologische Hilfe zu suchen, wenn man sie nicht alleine bewältigen kann, was nach meiner Erfahrung selten gelingt. In jedem Falle gilt: Das Alte muss verarbeitet und losgelassen werden, bevor ein neuer Lebensentwurf überhaupt angedacht werden kann.
Wenn Du Unterstützung brauchst, bin ich für Dich da.
Kontakt: aw@wende-praxis.de
Samstag, 9. April 2022
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