Dienstag, 18. September 2018

Ich brauche dich, weil ich mir nicht genüge ...

Malerei: A. Wende

„Ich darf nicht Quelle meines eigenen Glücks sein. Ich genüge mir nicht. Ich kann das nicht, ich weiß gar nicht wie das geht, weil ich es nicht kenne. Also musst du dafür sorgen, dass es mir gut geht. Du musst mich lieben. Ich tue alles um von dir geliebt zu werden, auch wenn ich mich selbst und meine Bedürfnisse aufgeben muss. Ich brauche dich. Wenn du mich verlässt, gehe ich zugrunde.“

Diese unbewusste kindliche Überzeugung ist der Grund dafür, dass Menschen in destruktiven Beziehungen verharren. Sie kleben wie zäher Leim an einem Partner, der sie lieblos behandelt, kaum eines ihrer Bedürfnisse erfüllt, sie immer wieder zurückweist, sich nicht verbindlich zeigt, sie benutzt und emotional ausbeutet, nur sein Ding macht und ihnen keine Liebe, keine tiefe Zuneigung und keine Wertschätzung entgegenbringt. 

Das Gefühl das ihnen in dieser Beziehung gegeben wird ist das Gefühl, das sie als Kind hatten. Dieses Gefühl des Mangels gibt ihnen das Gefühl zu Hause angekommen zu sein. In einer Art Wiederholungszwang wollen sie das Heimatgefühl im Jetzt wieder herstellen, in der unbewussten Hoffnung, dass es dieses Mal anders wird, dass ihr Betteln nach Zuneigung, ihre Bereitschaft alles zu tun, um dem anderen zu gefallen, endlich zum Ziel führt: Angenommen und geliebt zu werden. Und dann warten sie. Sie verbiegen sich bis zur Selbstaufgabe und warten auf ein Wunder, das nie geschieht. Diese Menschen arbeiten sich an einer stählernen Wand ab. Sie tun das, weil sie nichts anderes gelernt haben, sie tun es, weil sie das Wenige an Aufmerksamkeit, das ihnen als Kind zuteil wurde, nur auf diese Weise bekommen haben.

Auch wenn sie merken, dass ihnen die Beziehung nicht gut tut, sind sie oft nicht fähig sie zu verlassen. Sie können nicht loszulassen, weil sie emotional so viel investiert haben und auch wenn sie am Ende ihrer Kraft sind und es der Verstand längst weiß, dass alles es vergeblich ist, noch immer auf der unbewussten Ebene glauben, dass doch irgendwann etwas zurückkommen muss. Das ist ein fataler Irrtum - es kommt nichts zurück, es gibt keine Liebe an einem Ort wo keine Liebe ist.
Das muss verstanden und verinnerlicht werden, wenn Menschen den Absprung aus emotionaler Abhängigkeit schaffen wollen.

1 Kommentar:

  1. Vielen Dank für diesen Beitrag. Es war mir eine Freude diesen Beitrag zu lesen, denn ich war mitten drin und habe den Weg heraus geschafft. Es war mühevoll, aber das Gefühl nun eine freie, unabhängige und erwachsene Frau zu sein ist durch nichts zu toppen. Es ist knapp zwei Jahre her, dass ich den Weg heraus gefunden habe, die Regenerationsphase mag lange erscheinen, aber ist nichts im Vergleich zu der Dauer die ich in dieser Abhängigkeit verbracht habe. Ich achte gut auf mich, weil ich mich liebe :-).

    Danke für Ihre Beiträge. Ich liebe Ihren Blog.

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